Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
war schlicht verliebt in den Kosmos. Und einen Tag nachdem der Administrator bei Vitacon über Nahrungsmittel gesprochen hatte, erschien Orr in einer Diskussionsrunde, die sich mit den Vorbereitungen befasste, welche zum Schutz vor dem Donnerkeil getroffen wurden. Der Moderator fragte ihn, ob die Tatsache, dass die Konföderationsmarine sich nicht an den Rettungsbestrebungen beteilige, nicht einen ernsthaften Rückschlag für die Bemühungen darstelle.
Er sah mir direkt in die Augen. »Die Rettungsbemühungen«, erklärte er, »sind ein ausgemachter Schwindel! Wissen Sie, was wirklich dahintersteckt? Das ist ein Ablenkungsmanöver! Eine Lösung für die Probleme Salud Afars gibt es nämlich nicht. Dieses ganze Getue dient lediglich dazu, uns davon abzuhalten, die Wahrheit zu erkennen! Und diese Wahrheit lautet: Wir werden alle sterben! Rufen Sie doch die Flotte! Rufen Sie von mir aus sechs Flotten! Die werden dann noch ein paar weitere Leute vom Planeten schaffen, aber nicht sehr viele! Was Ihre Regierung Ihnen verschweigt, ist, dass wir in drei Jahren alle tot sein werden! Alle bis auf wenige Ausnahmen. Sie wollen lediglich, dass wir ruhig bleiben und keinen Lärm veranstalten!
Nun, ich bin der Ansicht, es ist unser gutes Recht, ein bisschen Lärm zu machen! Wir wissen seit Jahrhunderten, dass Callistra instabil ist. Und, gut, ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass das Bandahriat irgendetwas tut. Aber die sind inzwischen längst nicht mehr da! Einige von uns haben dafür plädiert, eine Mission zu Callistra zu schicken, Leute hinzuschicken, um herauszufinden, wie es um den Stern steht, ob uns irgendeine Gefahr droht.
Aber das haben die Verantwortlichen nicht gemacht. Keine Lust. Verdammt, ihr könnt euch das Ding doch jede Nacht am Himmel ansehen. Aber warten Sie nur ab: Wenn diese Strahlungsfront näher kommt und die Leute allmählich die Nerven verlieren, werden diejenigen, die uns gesagt haben, wir sollten uns keine Sorgen machen, die Ersten sein, die mit Sack und Pack verschwinden!«
Hätte irgendjemand anderes diese Worte gesagt, es hätte vielleicht nichts ausgemacht. Aber Helmut war bekannt. Er galt als die Stimme der Vernunft.
Die Nachrichten griffen seine Äußerungen auf und verbreiteten sie weiter. Wäre in den Tagen danach irgendetwas anderes passiert, ein Wirtschaftsskandal beispielsweise, oder hätte ein Prominenter eine Dummheit begangen, hätte sich das Scheinwerferlicht vielleicht auf etwas anderes konzentriert und die Geschichte wäre von den Sensoren der Öffentlichkeit nicht länger wahrgenommen worden. Aber die Callistra-Story war das einzige Stadtgespräch. Und so wurde sie wieder und wieder gesendet und trug viel dazu bei, Emotionen innerhalb einer Bevölkerung zu schüren, die zunehmend nervöser wurde.
Ein beliebtes Nachrichtenmagazin brachte die Schlagzeile: TODESURTEIL FÜR DIE GANZE WELT?
Der Donnerkeil – der Begriff war inzwischen Allgemeingut – war überall präsent. Komödianten arbeiteten ihn in ihr Programm ein (»Wenn Sie früh genug bestellen, solange die Nachfrage noch gering genug ist, können Sie zwei Särge zum Preis für einen haben!«). Die Versicherungsbranche meldete einen Geschäftseinbruch auf dem Gebiet neuer Abschlüsse. Die Neuanmeldungen für Colleges, medizinische und juristische Hochschulen lagen unterhalb des Durchschnitts. Tiefsee Inc., ein Unternehmen, das seit einer Generation Unterseeausflüge veranstaltete, hatte eine dreitägige Ende-der-Welt-Spezial-Tauchtour angeboten, die im Handumdrehen ausverkauft war. Zwei Hersteller hochseetüchtiger Boote kündigten an, sie würden modulare Rumpfsysteme auf den Markt bringen, die an Land gebracht und dort so zusammengesetzt werden könnten, dass sie als Strahlenschutzhütte zu benutzen seien.
Die Selbstmordrate schoss nach oben. Es gab Eheschließungen in außergewöhnlich hoher Zahl. Organisationen, die mit Kindern arbeiteten, die Wildnistruppe, Reitsport für Mädchen, Vorwärts und so weiter engagierten Berater, die mit ihren Mündeln sprechen sollten. Die Kirchen meldeten enorm gestiegene Besucherzahlen auf breiter Front.
Erste Meldungen berichteten, dass ältere Menschen besonders unter der Situation litten, da sie fürchteten, auf sie käme in den Nachwirkungen des Donnerkeils eine besonders schwere Zeit zu.
Regierungen überall auf der Welt riefen zur Bildung von Freiwilligengruppen auf, die nach dem Ereignis die Versorgung Bedürftiger organisieren sollten.
Salud Afar rüstete sich. Tag
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