Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
von ihrer Reise zurückgekommen war.«
»Hatten Sie Gelegenheit, mit ihr zu sprechen?«
»Oh, ja.« Jurinsky seufzte. »Ich habe diese Frau geliebt! Ich fragte sie, wie die Reise gewesen sei, und sie sagte, sie sei ganz gut gewesen, nur sei sie froh, wieder zu Hause zu sein. Und ich erinnere mich noch daran, dass ich dachte, Vicki habe gar nicht sonderlich froh ausgesehen, als sie das sagte.«
»Und wie hat sie ausgesehen?«
»Wollen Sie die Wahrheit wissen? Verängstigt! Und älter. Sie ist gealtert, während sie fort war.« Jurinsky unterbrach sich, und ich sah ihr an, dass sie das Geschehen im Geiste noch einmal durchspielte. »Ich habe sie gefragt, ob alles in Ordnung sei, und sie meinte, ja, das sei es. Sie sagte, sie freue sich, mich wiederzusehen. Dann wurden wir unterbrochen, und ich habe sie aus den Augen verloren.«
»Das ist alles?«
»Das ist alles.« Sie presste für einen Moment die Lippen zusammen. »Ich hätte aufmerksamer sein müssen! Vielleicht hätte ich ihr helfen können!«
Einen Augenblick standen wir schweigend beieinander. Sie schien weit entfernt zu sein. Dann holte ich sie zurück. »Warum, glauben Sie, ist sie auf der Messe erschienen?«
»Na ja, normalerweise war sie beim Weltschrecken immer dabei. Sie hat es genossen, ein wenig Zeit mit ihren Fans zu verbringen. Aber vielleicht war sie auch nur auf der Suche nach jemandem, mit dem sie reden konnte.«
»Auf der Suche nach Ihnen?«
»Ich glaube, auf die Person kam es gar nicht an. Rückblickend denke ich, sie wollte einfach eine Art Bad in der Menge nehmen. Unter Menschen sein, die sie kannte. Aber ich war zu beschäftigt, um das zu merken.« Sie atmete tief durch. »Zu dumm!«
Alles in allem verbrachte ich auf der Gedenkfeier eine deprimierende Stunde, und ich war froh, als es vorbei war. Alex hatte noch ein paar andere Leute aufgetrieben, die Vicki noch gesehen und den Eindruck gehabt hatten, dass etwas mit ihr nicht stimme. Aber niemand hatte darüber mit ihr gesprochen. »Ich habe noch einmal mit Cory geredet«, sagte er.
»Und …«
»Sie hat sich ein neues Notebook gekauft, nachdem sie von Salud Afar zurück war.«
»Was ist aus dem alten geworden?«
»Anscheinend hat sie es zurückgelassen!«
Auf dem Heimweg erwähnte er, dass er den Namen ihres Psychiaters hatte in Erfahrung bringen können.
4
Vertraue deinen Instinkten, Shiel! Am Ende ist das alles, was dir bleibt.
Nachtspaziergang
Die schmerzliche Wahrheit über die Menschen lautet, dass die einzigen Leute, die nicht käuflich sind, Fanatiker sind. Clement Obermaier war kein Fanatiker. Er war der zuständige Psychiater in Vickis Fall. Als Alex sich erbot, einem Fonds, an dem Obermaier ein gewisses Interesse hatte, eine großzügige Spende zukommen zu lassen, fand der Mann plötzlich einen Ausweg aus dem ethischen Dilemma, das sich aus dem Gespräch über einen Patienten ergeben musste.
Alex traf sich in Cokie’s Place mit ihm, einem Varietee in den Bergen nördlich von St. Thomas. Nach der Begegnung mit Obermaier gab Alex mir einen genauen Bericht über das, was sich an Neuem ergeben hatte.
Obermaier glaubte offenbar, Alex habe gehofft, es gäbe irgendwo noch ein Manuskript. Gäbe es eines, so wäre es eine beträchtliche Menge Geld wert. »Zunächst«, berichtete Alex, »war ziemlich klar, dass er gehofft hat, er könne mit mir reden, die Spende kassieren und mir doch nichts erzählen.«
»Und was hat er dir erzählt?«
»Jemand hat ihr eine lineare Blockade verpasst.«
»Eine was?«
»Das ist ein Verfahren, das nur bei psychotischen Patienten oder solchen mit extremen emotionalen Problemen angewandt wird. Es gestattet den Ärzten, eine Erinnerung oder eine Reihe Erinnerungen zu isolieren, um zu verhindern, dass der Patient auf Basis dieser Erinnerungen agieren oder auch nur über sie sprechen kann.«
»Wozu soll das gut sein?«
»Es kann zum Beispiel den Wunsch nach Vergeltung auslöschen. Oder Nachstellungen verhindern. So was in der Art.«
»Und wer hat diese Methode bei ihr angewandt? Warum hat man so etwas bei ihr gemacht?«
»Obermaier hat keine Ahnung. In ihren medizinischen Unterlagen steht nichts darüber.«
»Das bedeutet, die Behandlung war illegal!«
»Ja.«
»Lässt sich vermuten, wann das passiert ist?«
»Er ist ziemlich sicher, dass es innerhalb des letzten Jahres geschehen sein muss.«
»Du sagst mir also, dass sie irgendeine spezielle Erinnerung hatte, die blockiert wurde. Eine, von der sie nicht einmal
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