Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
eine Seite weiter, verzog das Gesicht und klappte den Ordner zu. »Verzeihen Sie bitte«, sagte sie, »es scheint, als könnten wir nie etwas gleich auf Anhieb richtig machen!«
Sie war eine große, stattliche Frau mit ergrautem Haar, einem durchtrainierten Körper und der Haltung einer Königin. Sie trug eine smaragdgrüne Bluse und weiße Hosen.
Resigniert seufzend legte sie den Ordner weg. »Kommen Sie doch bitte herein«, sagte sie, »und machen Sie es sich bequem! Sie sind wegen Vicki Greene hier?« Traurig schüttelte sie den Kopf. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Gern«, erwiderte Alex.
Ich entschied mich, ein Getränk mit der Bezeichnung Carolla zu probieren. Unsere Gastgeberin drückte eine Taste und leitete die Bestellung weiter. »Also, erzählen Sie mir, was passiert ist!«, sagte sie.
Alex sagte ihr das, was inzwischen als unsere Standardantwort gelten durfte: »Das versuchen wir herauszufinden.«
»Wir werden sie vermissen«, bekundete sie. »Und nicht nur, weil sie ein wichtiger Posten im Taschenbuchmarkt war, sondern vor allem, weil sie wirklich sympathisch war. Ich kann das einfach nicht begreifen! Sie hatte alles, was man sich im Leben nur wünschen kann. Was ist nur über sie gekommen?«
»Ms Kopaleski, es könnte hilfreich sein, wenn Sie uns von Ms Greenes Besuch erzählen könnten. Wann hat sie Kontakt zu Ihnen aufgenommen?«
»Ich wusste im Voraus, dass sie kommen wollte.«
»Nach Salud Afar, meinen Sie?«
»Ja. Sie hat mich informiert, ehe sie Rimway verlassen hat.«
»Haben Sie sie vorher schon einmal getroffen?«
»Nein.« Bekümmert schüttelte sie den Kopf. »Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Sie hat uns zum Abendessen begleitet, mich und meinen Mann. Sie war eine nette Frau, ein guter Mensch. Man trifft nur selten jemanden, der so talentiert ist, ohne es sich zu Kopf steigen zu lassen.«
Die Getränke trafen ein. Wir waren an einem Ort, an dem einfach alles fremd war. Ich hatte keine Ahnung, was in dem Glas sein mochte, also kostete ich vorsichtig. Es war in Ordnung, dennoch beschloss ich, es bei diesem Probierschluck zu belassen.
Kopaleski ergriff ihr Glas, nippte daran und musterte es in dem gedämpften Tageslicht, das durch die Jalousien hereindrang. »Ach, es ist einfach eine Katastrophe!«
Alex neigte den Kopf. »Für alle Betroffenen«, sagte er. »Darf ich fragen, welche Dienstleistungen Magistrale für seine Autoren erbringt?«
»Wir kümmern uns um Werbung und Vertrieb, organisieren Auftritte und, wenn die Autoren es wünschen, Unterkünfte.«
»Haben Sie das alles für Vicki getan?«
»Ja. Ich habe sie im Schuyler Inn untergebracht.«
»Ist das hier in Marinopolis?«
»Ja.«
»Wie lange ist sie geblieben? Hier in der Stadt?«
»Das muss ich nachsehen. Aber ich glaube, sie war nur zwei oder drei Tage hier.« Sie zog einen Bildschirm zurate und nickte. »Drei Tage.« Sie gab uns die genauen Daten, die, da sie dem hiesigen Kalender entstammten, mir nicht viel sagten.
Aber Alex hatte seine Hausaufgaben offenbar gemacht. »Das war also direkt nach ihrer Ankunft auf Salud Afar«, bemerkte er.
»Das ist richtig. Ich habe alles bereits im Vorfeld organisiert.«
»Haben Sie sie schon am ersten Abend getroffen?«
»Am zweiten.«
»Wie hat sie ausgesehen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Wirkte sie aufgeregt? Deprimiert? Irgendwie besorgt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mir kam sie vollkommen in Ordnung vor. Ich weiß nicht, ob Sie ihr je begegnet sind, aber sie war eine sehr lebhafte Person. Lachte ständig. Sie hat sich eindeutig auf ihren Aufenthalt gefreut.«
»Hat sie Ihnen erzählt, warum sie hergekommen ist?«
»Sie sagte, sie sei noch nie auf Salud Afar gewesen und wolle sich ein bisschen umsehen.«
»Das war alles? Weiter nichts?«
»Das ist alles, woran ich mich erinnere. Warum? Denken Sie, das, was sie sich angetan hat, hat etwas mit ihrem Besuch bei uns zu tun?«
»Ich weiß es nicht, Ms Kopaleski. Hatten Sie noch einmal Kontakt mit ihr, nachdem sie die Stadt verlassen hatte?«
»Ich habe einige Tage später eine Nachricht von ihr erhalten. Sie hat gesagt, sie amüsiere sich prächtig und wünschte, ich wäre dabei.« Sie lächelte. »Sie wissen ja, wie das läuft. Aber das war auch schon alles.«
»Haben Sie die Nachricht noch?«
»Ja, ich bin sicher, die ist noch da.«
»Wäre es möglich, dass wir sie uns ansehen?«
»Natürlich«, sagte sie. »Mr Benedict …«
»Alex, bitte!«
»Alex, ich weiß, wer Sie sind. Ihr Ruf
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