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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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sagen, dass ich wegfuhr. Mit kreischenden Reifen jagte Sampson los. Wieder ertönte die Sirene, aber jetzt war mir das traurige Heulen recht angenehm. Es betäubte mich.
    »Was weißt du bis jetzt?«, fragte ich, während wir durch die namenlosen, trostlosen Straßen im Southeast jagten und den schiefergrauen Anacostia River überquerten.
    »Man hat sie im Keller einer Mietskaserne abgeladen. Achtzehnte und Garnesville. Jerome Thurman ist am Tatort. Er meint, sie liegt wohl schon seit dem Wochenende dort. Irgendein Junkie hat die Leiche gefunden. Keine Kleidung, keine Papiere, Alex«, sagte Sampson.
    Ich schaute zu ihm hinüber. »Woher weiß man dann, dass es Nina ist?«
    »Der Streifenpolizist am Tatort hat sie identifiziert. Er kannte sie vom Krankenhaus. Alle kannten Nina.«
    Ich schloss die Augen, machte sie aber schnell wieder auf, als ich Nina Childs’ Gesicht vor mir sah. Sie war die Krankenschwester in der Notaufnahme des St. Anthony’s gewesen, als ich eines Nachts wie ein Tornado mit einem sterbenden kleinen Jungen auf dem Arm ins Krankenhaus gestürmt war. Sampson und ich hatten dann öfter mit Nina zusammengearbeitet, als ich mich erinnern kann. Sampson war sogar über ein Jahr lang mit ihr gegangen; dann hatten sie sich getrennt. Nina hatte einen Burschen aus der Gegend geheiratet, in der sie wohnte. Einen Kerl, der für die Stadt arbeitete. Sie hatte zwei Kinder, zwei kleine Babys. Als ich Nina das letzte Mal sah, schien sie sehr glücklich zu sein.
    Ich konnte es nicht fassen, dass sie jetzt im Keller einer Mietskaserne auf dem falschen Ufer des Anacostia lag. Man hatte sie genauso achtlos weggeworfen wie eine von den Jane Namenlos.
    N ina Childs’ Leiche war in einem arg heruntergekommenen Mehrfamilienhaus in einem der ärmsten, schmutzigsten und verkommensten Stadtteile gefunden worden. Am Tatort standen nur ein Streifenwagen und ein rostiger, verbeulter Kombi der Spurensicherung. Im Southeast erweckt ein Mord kein großes Aufsehen. Irgendwo bellte ein Hund; es war das einzige Geräusch auf der trostlosen Straße.
    Sampson und ich mussten an einem Drogenmarkt unter freiem Himmel an der Ecke der Achtzehnten Straße vorbei. Hauptsächlich junge Männer, aber auch etliche Kinder und zwei Frauen hatten sich dort versammelt und musterten uns feindselig. In diesem Teil des Southeast gibt es überall Drogenmärkte.
    Der Lieblingssport der Jugendlichen ist hier der Handel mit Crack.
    »Na, Officers, kommt ihr eure tägliche Leiche holen?«, fragte einer der jungen Burschen. Er trug schwarze Hosen mit schwarzen Hosenträgern, kein Hemd, keine Socken und keine Schuhe. Er war der typische Knacki, überall tätowiert.
    »Wollt ihr den Müll abholen?«, krächzte ein älterer Kerl mit struppigem Bart, der die Farbe von Salz und Pfeffer hatte.
    »Dann nehmt auch gleich den beschissenen Köter mit, der die ganze Nacht kläfft. Tut mal was Nützliches.«
    Sampson und ich ignorierten den Alten und alle anderen und gingen weiter über die Achtzehnte in das mit Brettern vernagelte, dreistöckige Reihenhaus vor uns. Ein schwarzweißer Boxerhund äugte aus einem Fenster im zweiten Stock, wie ein Dauermieter, und kläffte ununterbrochen. Ansonsten schien das Gebäude verlassen zu sein.
    Die Eingangstür war so oft aufgebrochen worden, dass sie schon vom Angucken aufschwang. Im Haus stank es nach Feuer, Müll und Wasserschäden. In der Decke war ein großes Loch, wo ein Heizungsrohr geplatzt war. Es war verkehrt, so völlig verkehrt, dass Nina an diesem trostlosen, abscheulichen Ort gestorben war.
    Seit über einem Jahr arbeitete ich inoffiziell an ungelösten Morden im Southeast. Viele Tote waren Jane Namenlos. Ich hatte weit über hundert gezählt, aber im Dezernat war niemand bereit, diese Zahl zu bestätigen, nicht mal eine annähernde Zahl. Mehrere der ermordeten Frauen waren Drogensüchtige oder Prostituierte gewesen. Nina war weder das eine noch das andere.
    Vorsichtig stiegen wir die Wendeltreppe hinab, deren Geländer so wacklig und abgenutzt war, dass wir beide es nicht anfassten. Vor uns sah ich das Licht von Taschenlampen; auch ich hatte meine Maglite schon eingeschaltet.
    Nina war ganz unten im Keller des leer stehenden Hauses.
    Wenigstens hatte jemand sich die Mühe gemacht, die Umgebung des Tatorts mit Plastikband abzusperren.
    Ich sah Ninas Leiche – und musste sofort wegschauen.
    Nicht nur, dass sie tot war. Es war die Art und Weise, wie man sie getötet hatte. Ich versuchte meine Gedanken und Augen

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