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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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und die Fahrbahn betraten. Sie kamen direkt auf ihn zu. Wie schön. Er berührte den Griff der Magnum, die er unter dem Vordersitz liegen hatte. Ja, er war bereit. Für alles.
    Als die beiden ins Taxi steigen wollten, änderte er seine Meinung.
    Er sah, dass weder die Frau noch der Mann so attraktiv war, wie er angenommen hatte. Auf Wangen und Stirn des Mannes waren etliche Flecken. Zu viel und zu fettige Pomade im schwarzen Haar. Und die Frau hatte ein paar Pfunde mehr, als Shafer mochte, und war dicker, als sie dank der schmeichelnden Straßenbeleuchtung aus der Ferne gewirkt hatte.
    »Feierabend«, rief er dem Paar zu und gab Gas. Beide zeigten ihm den Stinkefinger.
    Shafer lachte laut. »Ihr habt Schwein heute Abend! Idioten!
    Das ist die glücklichste Nacht eures Lebens – und ihr wisst es nicht mal.«
    Das unvergleichliche Lustgefühl seiner Allmachtsfantasie hatte vollständig Besitz von ihm ergriffen. Er hatte uneingeschränkte Macht über dieses Paar und andere. Er hatte die Herrschaft über Leben und Tod.
    »Sei stolz, Tod«, flüsterte er.
    Bei einem Starbucks-Schnellrestaurant an der Rhode Island Avenue hielt er noch einmal auf einen Kaffee. Nichts war damit zu vergleichen. Er trank drei schwarze Kaffee mit je sechs Stücken Zucker.
    Eine Stunde später war er im Southeast, ohne noch einmal wegen »Fahrgästen« angehalten zu haben. Auf den Straßen wimmelte es von Fußgängern. In diesem Teil Washingtons gab es nicht genügend Taxis, nicht einmal genügend Zigeunertaxis, die ohne Lizenz fuhren.
    Jetzt tat es ihm leid, dass er das Paar hatte entkommen lassen. In Gedanken sah er die beiden nun in strahlendstem Licht und als so schöne Menschen, wie sie ihm aus der Ferne erschienen waren. Der Nachhall verlorener Dinge. Er dachte an eine bedeutende Anfangszeile Prousts: »Lange Zeit pflegte ich früh zu Bett zu gehen.« Das hatte auch Shafer getan – bis er das Spiel der Spiele entdeckte.
    Dann sah er sie: Eine perfekte braune Göttin stand direkt vor ihm, als hätte ihm jemand soeben ein wunderbares Geschenk gemacht. Sie ging allein, ungefähr eine Querstraße von der E-Street entfernt, schnell und zielstrebig. Augenblicklich war Shafer wieder in Hochstimmung.
    Er fand es hinreißend, wie die Frau sich bewegte. Dieser Schwung der langen Beine, die kerzengerade Haltung ihres Körpers.
    Als er dicht hinter ihr war, drehte sie sich um und blickte die Straße hinab. Suchte sie ein Taxi? War das möglich? Wollte sie ihn?
    Sie trug ein cremefarbenes Kostüm, eine purpurrote Seidenbluse und Schuhe mit hohen Absätzen. Sie hatte zu viel Klasse, um allein in einen Club zu gehen. Und sie schien sich voll unter Kontrolle zu haben.
    Rasch warf er die Würfel und hielt den Atem an. Dann zählte er die Ziffern zusammen. Vor Freude und Erregung machte sein Herz einen Sprung. Die Zahl passte!
    Die Frau winkte ihm. »Taxi!«, rief sie. »Taxi! Sind Sie frei?«
    Shafer lenkte das Taxi an den Straßenrand. Mit drei schnellen Schritten war sie bei ihm. Ihre hochhackigen Schuhe waren aus glänzender Seide – einfach entzückend. Die Frau war aus der Nähe noch viel hübscher: neun Komma fünf von zehn möglichen Punkten.
    Die Tür des Taxis schwang auf und verdeckte ihm eine Sekunde lang den Blick auf die Frau.
    Dann sah er, dass sie Blumen dabei hatte, und fragte sich, weshalb. War heute ein besonderer Abend für sie? Mit Sicherheit. Die Blumen waren für ihre eigene Beerdigung.
    »Puh! Danke vielmals, dass Sie angehalten haben«, sagte die Frau ein wenig außer Atem, als sie sich ins Taxi setzte. Er sah, dass sie sich entspannt und sicher fühlte. Ihre Stimme war beruhigend, wundervoll und wirklich .
    »Zu Ihren Diensten.« Shafer drehte sich um und lächelte sie an. »Übrigens, ich bin Tod. Und Sie sind für dieses Wochenende meine Spielfigur.«
    M ontags arbeite ich für gewöhnlich in der Suppenküche von St. Anthony’s im Southeast. Seit sechs Jahren schufte ich ehrenamtlich dort. An drei Tagen die Woche habe ich die Schicht von sieben bis neun.
    An diesem Morgen fühlte ich mich ruhelos und unwohl. Ich war immer noch nicht ganz über den Mr.-Smith-Fall hinweg, der mich an der gesamten Ostküste entlang und nach Europa geführt hatte. Vielleicht brauchte ich mal richtig Urlaub – weit weg von Washington.
    Ich beobachtete die übliche Schlange aus Männern, Frauen und Kindern, die kein Geld fürs Essen hatten. Sie standen in Grüppchen über zwei Blocks die Zwölfte Straße hinauf. Es war eine Schande, dass in

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