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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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rieb mir die Stirn und bemühte mich, die Verspannungen an Hals und Rücken zu ignorieren.
    Schließlich biss ich die Zähne zusammen und öffnete die Mahagonitür. Der Chief of Detectives George Pittman lauerte in seinem Büro auf mich, das eigentlich aus drei zusammengehörigen Büroräumen bestand, darunter ein Konferenzraum.
    Der »Häuptling«, wie der Chief von vielen seiner »Bewunderer« auch genannt wird, trug einen grau karierten Straßenanzug, ein zu steif gestärktes weißes Hemd und eine silbergraue Krawatte. Sein grauweiß meliertes Haar war straff nach hinten gekämmt. Er sah wie ein Banker aus, und in gewisser Weise ist er einer, denn ständig erklärt Pittman, dass er mit einem begrenzten Budget arbeiten und deshalb stets auf die Ausgaben für Personal, Überstunden und die einzelnen Fälle achten muss.
    Offenbar ist er ein fähiger Manager; deshalb wohl übersieht der Polizeidirektor, dass Pittman ein bigotter, rassistischer und karrieregeiler Tyrann ist.
    An der Wand hingen drei große, bedeutsam aussehende Karten, die mit Nadeln gespickt waren. Die erste zeigte die Orte der Vergewaltigungen, Morde und Überfälle zweier aufeinander folgender Monate in Washington. Die zweite Karte zeigte die Schauplätze der Einbrüche in Privathäuser und Läden. Auf der dritten Karte war zu sehen, wo Autodiebstähle verübt worden waren. Diese Karten und die Post behaupteten, die Zahl der Verbrechen in Washington sei geringer geworden. Das galt aber nicht dort, wo ich wohne.
    »Wissen Sie, warum Sie hier sind? Warum ich Sie sprechen wollte?«, fragte Pittman ohne Umschweife. Beim Chief gab es keine höflichen Plaudereien oder Nettigkeiten.
    »Selbstverständlich wissen Sie das, Dr. Cross. Sie sind ja Psychologe. Sie müssen von Berufs wegen wissen, wie der menschliche Verstand arbeitet. Das vergesse ich immer wieder.«
    Bleib ruhig, sagte ich mir. Sei vorsichtig. Ich tat, was Chief Pittman am wenigsten erwartete: Ich lächelte. Dann sagte ich freundlich: »Nein, ich weiß es wirklich nicht. Ihre Assistentin hat mich angerufen, deshalb bin ich hier.«
    Pittman lächelte zurück, als hätte ich einen besonders guten Witz erzählt. Dann hob er unvermittelt die Stimme, und sein Gesicht und der Hals färbten sich rot. Seine Nasenlöcher blähten sich, sodass man die borstigen Härchen sehen konnte.
    Eine Hand hatte er zur Faust geballt, die andere war offen ausgestreckt. Seine Finger waren so starr wie die Bleistifte, die aus dem Lederbecher auf seinem Schreibtisch ragten.
    »Sie führen niemanden hinters Licht, Cross, und mich schon gar nicht. Ich weiß verdammt genau, dass Sie Morde im Southeast untersuchen, die nicht zu Ihren Aufgaben gehören – -die so genannten Jane Namenlos. Damit verstoßen Sie gegen meine ausdrücklichen Anweisungen. Einige dieser Fälle sind seit mehr als einem Jahr abgeschlossen. Das lasse ich nicht zu!
    Ich werde Ihre Gehorsamsverweigerung und Ihre herablassende Art nicht hinnehmen. Ich weiß, worauf Sie aus sind. Sie wollen das Dezernat blamieren, insbesondere mich. Sie wollen sich beim Bürgermeister einschleimen und sich damit im Southeast zu einer Art Volksheld hochstilisieren!«
    Ich hasste Pittmans Tonfall und das, was er sagte. Aber ich hatte schon vor langer Zeit einen Trick gelernt, der wohl das Wichtigste ist, was man über die Politik innerhalb einer Organisation wissen muss. Es ist ganz einfach, ist aber der Schlüssel zu jedem mickrigen Königreich, jedem winzigen Lehensgut.
    Wissen ist Macht – es bedeutet alles. Und wenn man es nicht hat, muss man eben so tun, als hätte man’s.
    Deshalb sagte ich gar nichts zum Häuptling. Ich widersprach ihm nicht. Ich gab nichts zu. Ich tat schlichtweg gar nichts. Ich und Mahatma Gandhi.
    Ich ließ ihn in dem Glauben, dass ich alte Fälle im Southeast untersuchte, gab es aber nicht zu. Ich ließ ihn in dem Glauben, ich hätte möglicherweise sehr gute Verbindungen zu Bürgermeister Monroe und der Himmel weiß, zu wem sonst noch in der Stadtverwaltung und dem Bürgermeisteramt. Und ich ließ ihn in dem Glauben, dass ich vielleicht scharf auf seinen Job war oder – was Gott verhüten möge – nach noch Höherem strebte.
    »Ich arbeite an den Mordfällen, die mir übertragen wurden«, sagte ich. »Überprüfen Sie das beim Captain. Ich tue mein Bestes, so viele Fälle wie möglich abzuschließen.«
    Pittman nickte kurz – ein Nicken. Sein Gesicht war immer noch so rot wie kurz vor einem Herzinfarkt. »Also gut. Ich möchte, dass Sie

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