Alex Cross 8 - Mauer des Schweigens
und Leidenschaft. Ich begehrte Jamilla ungemein, aber ich wartete. Wir warteten noch.
»Enttäuscht?«, flüsterte sie so leise, dass ich sie beinahe nicht verstehen konnte.
Ihre Frage brachte mich leicht aus dem Konzept. »O Gott, nein. Warum sollte ich? Wer könnte von dir enttäuscht sein?«
Sie sagte nichts, aber ich glaubte zu wissen, von wem sie gesprochen hatte. Ihr Exmann hatte Dinge gesagt, die sie sehr verletzt hatten. Ich zog Jamilla an mich, ihr Körper war heiß.
Sie zitterte. Wir glitten aufs Bett, sie rollte auf mich. Dann küsste sie meine Lippen, meine Wangen. »Bist du ganz sicher, dass du nicht enttäuscht bist?«
»Eindeutig nein«, erklärte ich. »Du bist wunderschön, Jamilla.«
»In deinen Augen.«
»Okay, in meinen Augen bist du wunderschön.«
Ich hob den Kopf an ihre Brüste und küsste abwechselnd die eine, dann die andere – ohne eine zu bevorzugen. Ihre Brüste waren klein, genau richtig. In meinen Augen. Ich war immer noch erstaunt, dass Jamilla sich nicht für attraktiv hielt. Ich wusste, dass das grauenvoll war, wenn das Frauen passierte – auch Männern.
Ich ließ den Kopf sinken und schaute in ihr Gesicht. Ich studierte es kurz, dann küsste ich ihre Nase und ihre Wangen.
Sie lächelte auf eine Art, wie ich es nie zuvor gesehen hatte.
Offen und entspannt. Sie begann mir zu vertrauen, und darüber war ich sehr glücklich. Doch dann kam mir ein schrecklicher Gedanke: Wodurch wird es diesmal ruiniert?
37
Jamilla begann zu lachen und sagte: »Puh!« Dann strich sie sich mit der Hand über die Stirn.
»Was heißt hier ›puh‹?«, fragte ich. »Sag bloß nicht, dass du völlig fertig bist. Du bist in großartiger Verfassung.«
»Puh. Ich hatte Angst, wie es werden wird, wenn wir zusammen sind, und jetzt habe ich keine Angst mehr. Puh, manchmal sind Männer wirklich selbstsüchtig oder grob im Bett. Oder alles fühlt sich irgendwie falsch an.«
Ich lächelte sie an. »Hast wohl mit sehr vielen Männer geschlafen, was?«
Jamilla machte ein Kleinmädchen-Gesicht. Niedlich. »Ich bin sechsunddreißig. Vier Jahre lang war ich verheiratet und danach noch mal verlobt. Ab und zu bin ich mit jemandem ausgegangen. In letzter Zeit allerdings nicht sehr oft. Und wie steht’s mit dir? War ich deine Erste?«
»Warum? Ist es dir so vorgekommen?«
»Beantworte meine Frage, Klugscheißer.«
»Ich war auch schon einmal verheiratet«, antwortete ich.
Jamilla stieß mich gegen die Schulter, dann rollte sie sich auf mich. »Ich bin wirklich froh, dass ich nach Washington gekommen bin. Es war ehrlich nicht leicht, weil ich ziemlich Schiss hatte.«
»Uuh, Inspector Hughes hatte Schiss. Aber ich hatte auch verdammte Angst«, gab ich zu.
»Wieso? Was an mir ist denn so Angst einflößend, Alex?«
»Manche Frauen sind so selbstsüchtig. Oder so grob im Bett.«
Jamilla beugte sich zu mir und küsste mich, wahrscheinlich um mich zum Schweigen zu bringen. Ihre Lippen waren weich und süß. Wir küssten uns – lange, sehr lange. Ich war wieder bereit und Jamilla ebenfalls. Sie zog mich an sich, und ich drang in sie ein. Diesmal war ich oben.
»Ich bin deine Liebesklavin, völlig unterwürfig«, flüsterte sie neben meiner Wange. »Ich bin wirklich froh, dass ich nach Washington gekommen bin.«
Unser zweites Beisammensein war noch schöner als das erste, und es ging in ein drittes über. Nein, es gab nichts, wovor einer von uns beiden hätte Angst haben müssen.
Jamilla und ich blieben den ganzen Nachmittag bis in den frühen Abend im Hotel. Es war fast unmöglich, fortzugehen.
Wie von Anfang an fiel es uns leicht, über alles auf dem Planeten zu sprechen. »Ich sage dir, was wirklich seltsam ist«, sagte sie. »Und je länger ich mit dir zusammen bin, desto eigenartiger kommt es mir vor. Mit meinem ersten Mann konnte ich nie reden. Nicht so wie mit dir. Trotzdem haben wir geheiratet. Ich habe keine Ahnung, was ich mir damals gedacht habe.«
Etwas später stand Jamilla auf und verschwand im Badezimmer. Ich sah das Licht auf dem Nachttisch blinken. Sie telefonierte.
Einmal Polizist … o Mann. Jetzt geht’s wieder los.
Als sie herauskam, gestand sie. »Ich musste im Büro anrufen.
Der Mordfall, an dem ich gerade arbeite, ist eine verdammt harte Nuss. Widerliche Sache. Tut mir Leid, ehrlich. Wird nicht wieder vorkommen. Ich verspreche es. Ich werde lieb sein – oder böse. Was immer du willst, dass ich bin.«
»Nein, nein, schon gut, geht in Ordnung. Ich verstehe«, sagte ich. Und
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