Alex Cross 8 - Mauer des Schweigens
auch Maisbrot, nach dem Rezept von meiner Großmutter aus Sacramento. Wenn man Maispüree mit Sahne hinzufügt, wird es besonders saftig. Manchmal werfe ich noch ein paar Schweinekrusten hinein.«
»Hm«, meinte Nana, »das klingt gut, Mädchen. Ich muss es mal ausprobieren.«
»Und wenn’s nicht schmeckt?«, warf Jannie ein.
»Halte deinen kleinen Verstand offen«, sagte Nana und hob den gekrümmten kleinen Finger. »Das heißt, nur wenn du größer werden und nicht dein ganzes Leben lang ein kleiner Mensch bleiben willst.«
»Ich habe nur dein Maisbrot verteidigt, Nana«, sagte Jannie.
Nana zwinkerte ihr zu. »Ich kann selbst für mich sorgen.«
Das Abendessen wurde im Esszimmer serviert, zur Musik von Usher, Yolanda Adams und Etta James auf CDs. Bis jetzt lief alles ziemlich gut. Genau das, was mir der Arzt verschrieben hatte.
»Wir essen jeden Abend so«, erklärte Damon Jamilla.
»Manchmal frühstücken wir sogar im Esszimmer.« Ich sah, dass er jetzt schon für sie schwärmte. Ich glaube, es war schwierig, nicht für sie zu schwärmen.
»Selbstverständlich, wenn zum Beispiel der Präsident zum Tee vorbeischaut«, sagte Jamilla und zwinkerte Damon zu und dann Jannie.
»Er kommt oft her«, meinte Damon und nickte. »Woher weißt du das? Hat mein Dad dir das erzählt?«
»Ich glaube, ich habe es auf CNN gesehen. Wir kriegen diesen Sender auch an der Westküste, weißt du. Wir haben alle Fernseher neben unseren Whirlpools.«
Abendessen und Tischgespräche waren ein Erfolg – jedenfalls meiner Meinung nach. Ständig lachten wir, alle waren entspannt. Klein-Alex saß in seinem Kinderstuhl und lächelte die ganze Zeit. Einmal zog Jamilla Damon vom Stuhl, und die beiden tanzten ein paar Schritte zu Arethas »Who’s Zoomin’ Who?«
Schließlich erhob sich Nana vom Tisch und erklärte: »Ich verbiete Ihnen strengstens, beim Abwasch zu helfen, Jamilla.
Das macht Alex, es ist sein Job.«
»Los, kommt«, sagte Jamilla zu Damon und Jannie. »Wir gehen raus und tratschen über euren Daddy. Und auch über eure Nana! Ihr habt Fragen – ich habe Fragen. Verziehen wir uns.
Du auch, kleiner Mann«, sagte sie zu Alex jr. »Du brauchst auch nicht in der Küche zu helfen.«
Ich folgte Nana mit Stapeln schmutzigen Geschirrs in die Küche.
»Sie ist sehr nett«, sagte Nana, noch ehe wir dort waren.
»Auf alle Fälle steckt sie voller Leben.« Dann lachte sie wie eine der alten Krähen in einem Zeichentrickfilm.
»Was ist so komisch, altes Weib?«, fragte ich. »Du findest dich wohl umwerfend komisch, was?«
»Ich? Warum sollte ich? Du stirbst doch schon vor Neugier, was ich denke. Nun, Überraschung, Überraschung. Sie ist eine ganz Liebe, ein echter Schatz. Eines muss ich dir zugestehen, Alex, du suchst dir immer wirklich nette Freundinnen. Sie ist ein guter Mensch.«
»Keinen Druck«, warnte ich sie, als ich das schmutzige Geschirr ins Spülbecken stellte und das heiße Wasser aufdrehte.
»Warum sollte ich? Ich habe meine Lektion bei dir gelernt.«
Dann lachte Nana erneut. Sie schien wieder ganz die Alte zu sein. Der Doktor hätte ihr bescheinigt, dass alles bestens sei – behauptete sie zumindest.
Ich ging zurück ins Esszimmer, um den Rest zu holen. Aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, schnell einen Blick aus dem Fenster zu werfen, was Jamilla und die Kinder trieben.
Sie waren auf der Straße und warfen sich Damons Football zu. Alle drei lachten. Mir fiel auf, dass Jamilla einen ausgesprochen kräftigen Wurfarm hatte. Sie war es gewöhnt, mit Jungs zu spielen.
34
Jamilla schlief in dem Zimmer ganz oben. Dieser Raum war unser Gästezimmer für besondere Gäste – Präsidenten, Königinnen, Premierminister und so. Die Kinder dachten, wir täten das, um den äußeren Schein zu wahren, das hätten wir auch, aber in Wahrheit waren Jamilla und ich nie so zusammen gewesen. Wir hatten uns vor dem Wiedersehen auf dem Flughafen nicht einmal richtig geküsst . Jamilla war hergekommen, um herauszufinden, ob sich die Dinge zwischen uns weiterentwickeln sollten.
Sie kam durch die Küchentür zurück ins Haus. Ich war noch beim Abwasch. Die Kinder spielten draußen, und Nana machte sich oben an irgendwas zu schaffen.
Wahrscheinlich das Gästezimmer, vielleicht aber auch die Toilette, vielleicht der Schrank mit der Bettwäsche.
»Ich kann es nicht mehr aushalten«, sagte ich schließlich.
»Was?«, fragte sie. »Was ist los?«
»Willst du das wirklich wissen?«
»Selbstverständlich. Wir sind
Weitere Kostenlose Bücher