Alex Cross 8 - Mauer des Schweigens
diese Mannschaft. Spielt ihr großen Burschen Ball?«, fragte uns ein alter Mann in einem staubigen Dress der Atlanta Braves und mit einer Baseballmütze. »Ihr könnt gern mitspielen. Es ist nur ein kleines Freundschaftsspiel.«
Ich schaute Sampson an. Er lächelte und sagte: »Klar, wir spielen mit.«
Man steckte uns beide in dieselbe Mannschaft, die etwas mickriger wirkte als die andere, in der Starkey, Harris und Griffin spielten. Unsere Gegner in einem Freundschaftsspiel.
»Sieht so aus, als wären wir die Rächer der Enterbten«, meinte Sampson.
»Wir sind nicht hergekommen, um ein Softballspiel zu gewinnen«, sagte ich.
Er grinste. »Ja, aber auch nicht, um eines zu verlieren.«
Das Spiel war auf den ersten Blick harmlos, aber alles sprach gegen unsere Mannschaft. Starkey und Harris waren gute Athleten, und alle in ihrer Mannschaft schienen gut zu spielen.
Unsere Gruppe war unausgeglichen, und sie nutzten unsere Schwächen gnadenlos aus. Nach dem ersten Durchgang lagen wir zwei Runden zurück und nach dem dritten schon vier.
Als wir über das Feld liefen, weil wir an der Reihe waren, zu schlagen, versetzte mir Sampson einen Klaps auf den Hintern.
»Wir sind aber eindeutig auch nicht hier, um zu verlieren«, sagte er.
Sampson kam beim dritten Durchgang dran. Ich beim vierten, falls jemand die Base erreichte. Ein dürrer alter Mexikaner schlug und wurde von unseren Gegnern gehänselt, weil er keine cojones hätte. Der nächste Schläger, ein Buchhalter mit dickem Bauch, schlug den Ball sehr kurz, nur über den Kopf des Mannes an der zweiten Base. Wieder folgten freundliche Hänseleien von unseren Gegnern.
»Ich bin lieber fröhlich als gut«, rief unser Mann und klatschte sich auf den dicken Bierbauch.
Jetzt trat Sampson vor. Er machte keinen Probeschwung, sondern berührte nur die Gummimatte mit dem längsten und schwersten Schläger, den er hatte finden können.
»He, ein Kraftprotzschläger. Geht lieber hinter die Zäune«, rief Starkey. Er war wie ein guter Baseballspieler und bewegte sich geschmeidig beim Schlagen und beim Laufen. Er hatte den Schirm der Mütze ein wenig geknickt.
Sampson stand einfach da, den Schläger über der Schulter.
Niemand wusste, was er von dem Hünen zu erwarten hatte – abgesehen von mir. Wir beide hatten als Kinder sehr viel zusammen gespielt. Sampson war der Championfänger in der Mittelschule gewesen. In der Highschool hatte er sich nicht für das Footballteam gemeldet. Er war ein Spitzenbaseballspieler, spielte aber nie in einem Verband.
Ich stand da und überlegte, wie er schlagen würde. Es gab eigentlich keine Zäune auf diesem Feld, daher konnte er nicht darüber hinausschlagen, selbst wenn er es wollte. Was würde er tun?
Der erste Ball glitt locker auf ihn zu, aber Sampson nahm den Schläger nicht von der Schulter. Man konnte sich kaum einen verlockenderen Ball vorstellen.
Warren Griffin war der Werfer für sein Team. Er war ein ebenfalls recht guter Athlet und auf dieser Position auch gut.
»Hat dir der nicht gefallen?«, rief er Sampson zu. »Was ist denn los mit dir?«
»Keine Herausforderung.«
Griffin grinste. Er gab Harris ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Brownley Harris war Fänger, und er sah wie eine nur etwas kleinere Version des großen Carlton Fisk von den Red Sox aus.
Beim nächsten Wurf gab Griffin sich Mühe und lieferte einen schnellen Ball im Windmühlenstil ab. Er war wirklich schnell, das, was man gemeinhin schnell nannte.
Aber Sampson ebenfalls.
Er senkte den Schläger und schickte den Ball niedrig zur dritten Baseline. Die Gegner waren so verblüfft, dass er locker zur ersten Base spazieren konnte.
»Für dich, Süßer«, rief Sampson von der ersten Basis aus. Er grinste und zwinkerte mir zu. Dann richtete er einen unsichtbaren Revolver auf mich.
Ich lächelte, als ich zu meinem Platz ging. Er hatte mich ins Rampenlicht gebracht, genau wie er geplant hatte.
»Bist du auch auf eine Herausforderung geil?«, rief Warren Griffin vom Standort des Werfers.
»Kannst du überhaupt mit ‘nem Schläger umgehen?«, hänselte Starkey.
Der Fänger, Brownley Harris, ging hinter mir in Position.
»Was soll’s denn werden, Supermann? Wie hättest du’s denn gern?«
Ich drehte mich um und schaute ihn an. »Überrasche mich doch.«
Griffin machte sich für einen Windmühlenwurf bereit. Was, zum Teufel, ist los, dachte ich. Es ist doch nur ein Freundschaftsspiel.
Der Ball kam ein bisschen hoch, aber ich konnte der Versuchung nicht
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