Alex Cross 8 - Mauer des Schweigens
und einige Basketballspieler von den Charlotte Hornets besuchten die Kneipe, daher herrschte hier keine Rassentrennung. Wir mischten uns unter die lauten und aktiven Gäste.
Mindestens ein Dutzend Fernseher blökten von den Wandgestellen.
Die Sportlerbar war keine Meile von Sicher & Schuss entfernt, wo einige dieser Männer und Frauen arbeiteten. Abgesehen von der blühenden Hightech-Gemeinde, war Sicher & Schuss (ausgesprochen »Coke«) einer der größten Arbeitgeber der Stadt, knapp hinter Abbott Laboratories und Consolidated Diesel. Ich fragte mich, ob die Waffenfabrik mit den Morden verknüpft war. Wahrscheinlich nicht, doch möglich wäre es.
Ich begann an der Theke ein Gespräch mit einem Vorarbeiter bei S & S. Wir sprachen über die missliche Lage der Carolina Panthers, dann lenkte ich das Thema auf die Waffenfabrik. Er hielt große Stücke auf seine Firma. Er meinte, sie sei »wie eine Familie« und »eindeutig eine der besten Firmen, wo man in North Carolina arbeiten kann, und in diesem Staat lässt es sich gut arbeiten«. Danach redete wir über Waffen, insbesondere die MP5-Maschinenpistole. Er erklärte mir, die MP5 würde von den Navy Seals und Eliteteams beim MEK benutzt, aber sie hätte auch den Weg zu den Gangs der Großstädte gefunden.
Das wusste ich bereits über die MP5.
Wie beiläufig erwähnte ich die Namen Starkey, Harris und Griffin.
»Ich bin überrascht, dass Tom und Brownie noch nicht hier sind. Normalerweise kommen sie freitags immer. Woher kennen Sie die Jungs?«, fragte er, schien aber nicht erstaunt, dass ich die drei kannte.
»Wir haben vor langer Zeit zusammen gedient«, erklärte Sampson. »Damals neunundsechzig und siebzig.«
Der Vorarbeiter nickte. »Auch Ranger?«, fragte er.
»Nein, nur reguläre Armee«, antwortete Sampson. »Fußsoldaten.«
Wir redeten noch mit ein paar anderen Angestellten bei S & S. Alle äußerten sich positiv über die Firma. Alle Männer, mit denen wir uns unterhielten, kannten Starkey, Harris und Griffin, und alle wussten, dass die drei Ranger gewesen waren.
Ich bekam den Eindruck, dass die drei sehr beliebt, vielleicht sogar lokale Helden waren.
Um Viertel nach sieben beugte sich Sampson zu mir und flüsterte: »Vordereingang. Schau mal, wer gerade hereinweht.
Drei Herren im Anzug. Sehen wirklich nicht wie Killer aus.«
Langsam drehte ich den Kopf und schaute. Nein, sie sahen wirklich nicht wie Killer aus.
»Aber das sind sie«, erklärte Sampson. »Armee-Profi-Killer, die wie die nettesten Kerle in der Bar aussehen, vielleicht in ganz North Carolina.«
Wir beobachteten die drei den Rest des Abends – unser Ziel-Trio.
80
Sampson und ich übernachteten im Holiday Inn in der Nähe der Interstate. Am nächsten Morgen waren wir schon um sechs Uhr auf den Beinen.
Wir nahmen ein potenziell Herzinfarkt förderndes, aber recht wohlschmeckendes Frühstück bei Denny’s zu uns (Omelettes, »Bratkartoffel wie bei Muttern, mit Speck«). Dann planten wir unseren großen Tag. Wir hatten am gestrigen Abend erfahren, dass Sicher & Schuss heute ein großes Picknick für sämtliche Familien veranstaltete. Wir planten, uns mit ins Vergnügen zu stürzen und für ein bisschen Aufregung zu sorgen, wenn möglich.
Nach dem Frühstück machten wir eine Spazierfahrt vorbei an den Häusern der drei Verdächtigen. Die klasse Band »Maze«, die wir mochten, erschallte aus dem CD-Player. Hübscher Kontrast zu der ländlichen Idylle von Rocky Mount. Stadt trifft Land.
Die Häuser der Killer standen in einer der besseren Wohngegenden, welche Knob Hill, Falling River Walk und Greystone hießen. Es sah so aus, als wohnten hier viele junge besser verdienende Familien. Der neue Süden. Ruhig, geschmackvoll und verteufelt zivilisiert.
»Unsere Killer wissen, wie sie unauffällig bleiben«, meinte Sampson, als wir bei Warren Griffins zweieinhalbstöckigem Haus im Kolonialstil vorbeifuhren.
»Sie sind gut in dem, was sie machen«, sagte ich. »Nie erwischt worden. Ich möchte mich wirklich verdammt gern mal mit ihnen unterhalten.«
Gegen acht Uhr fuhren wir zurück zum Holiday Inn, um uns fürs Picknick fertig zu machen. Es war kaum zu glauben, dass die drei Mörder so gut nach Rocky Mount passten. Das war der Anlass, sich zu fragen, welche Abgründe hinter den hübschen Fassaden dieser niedlichen, unschuldig wirkenden Kleinstädte lauerten. Vielleicht keine, aber vielleicht auch tiefe.
Ursprünglich stammten wir beide, John Sampson und ich, aus North Carolina, aber
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