Alex Cross - Cold
mit all den Dingen, die ich in der Branaff School erfahren hatte.
»Vielen Dank, Ned, aber ich habe im Moment wirklich alle Hände voll zu tun«, erwiderte ich. »Sind das nicht genau die Fälle, für die ich dich habe?«
»Ehrlich gesagt, mein Lieber alter Kumpel, alter Freund -, ich rufe an, weil du mich in dein Team holen sollst. Die eigentliche Festnahme sollen die Spezialeinheiten erledigen, aber sie wollen ein paar Leute von der Geiselbefreiung mit dazuholen, zur Unterstützung bei den Ermittlungen. Ich habe gedacht, dass wir es dieses Mal vielleicht umgekehrt machen könnten und du mich mit ins Boot holst.«
»Ned, ich weiß ja noch nicht einmal, wovon wir hier sprechen«, gab ich zurück.
»Das kommt schon noch. Würde mich gar nicht wundern, wenn dein Captain jetzt in diesem Moment dabei wäre, dir eine Nachricht auf die Mailbox zu sprechen. Heute um zwei Uhr findet eine Einsatzbesprechung statt. In der Polizeiakademie in Southwest.«
»Wieso denn ausgerechnet da draußen?«, wollte ich wissen.
»Weil es dort genügend Platz gibt. Die ganze Geschichte wird bis spät in die Nacht dauern. Wie gesagt... mucho grande. Jetzt musst du bloß noch sagen, dass ich auch mitspielen darf.«
»Dazu brauchst du doch meine Erlaubnis nicht«, meinte ich.
»Also, ehrlich gesagt, in diesem Fall schon.«
Es war einfach unfassbar. Ich dachte an all die Dinge, die ich noch auf dem Zettel hatte, das viele, das ich selbst erledigen wollte, und das wenige, das ich abgeben konnte. Dutzende Anrufe und SMS, die auf Zoes Handy eingetroffen waren, mussten ausgewertet werden. Außerdem musste ich, wenn irgend möglich, versuchen, die First Lady zu erreichen.
»Komm, lass uns das Ganze abkürzen«, platzte Ned mitten in meine Überlegungen. »Ich helfe dir auf die Sprünge. Du gehst zu der Einsatzbesprechung. Du weißt es, und ich weiß es. Können wir jetzt zum nächsten Punkt kommen?«
Durch Neds Adern fließt kein Blut, sondern reines Koffein, jede Wette. Der Kerl ist eine richtige Lokomotive.
Und er hatte recht. Wenn diese Attentäter etwas mit der Entführung zu tun hatten, dann wollte ich bei dem Großeinsatz auf jeden Fall dabei sein ganz egal, ob ich die Zeit und die Energie dafür hatte oder nicht.
»Ja«, erwiderte ich. »Also gut. Polizeiakademie, vierzehn Uhr. Wo ist dieses Parkhaus noch mal, von dem du gesprochen hast?«
80
An diesem Donnerstagabend um Punkt sechs Uhr versammelte sich Halas und Tariks Stoßtrupp in Chinatown, auf der obersten Ebene des kommunalen Parkhauses in der H-Street.
Sie waren insgesamt zu acht, vier Paare, die separat eingetroffen waren und auch jeweils in ihren eigenen Fahrzeugen zum Ort des Anschlags fahren würden. Sie trugen westliche Bürokleidung, genau nach Anweisung. Die Jacketts der Männer und die Oberteile der Frauen besaßen einen speziellen Schnitt, mit dem ihre identischen SIG-Sauer-Pistolen nicht auffielen.
Tarik war als Einziger unbewaffnet. Er hatte sich gegen sein Mitwirken gesträubt, aber Hala hatte darauf bestanden, dass er auch mitkam. Er teilte Ohrhörer, Sender und laminierte Plaketten aus, die sie als Teilnehmer einer Konferenz auswiesen, während Hala bereits die ersten Instruktionen gab.
»Ich werde mich so kurz wie möglich fassen«, sagte sie. »Der Innenminister der USA, Justin Pileggi, soll heute Abend um halb acht auf der Weltausstellung für alternative Energien sprechen. Pileggi wird natürlich sehr gut bewacht, und er wird sich im Tagungszentrum nie lange an ein und derselben Stelle aufhalten. Seine Ansprache beginnt vielleicht pünktlich, vielleicht aber auch nicht. Daher müssen auch wir unberechenbar sein. Wenn die Sicherheitskräfte dort mit einem Attentäter rechnen, dann bekommen sie es mit sieben von uns gleichzeitig zu tun. Niemand kann uns aufhalten.«
Einige im Kreis ließen ein anerkennendes Lächeln erkennen, andere nur ihre Nervosität. Aber den Plan hatten alle verstanden.
»Wer freie Schussbahn hat, der schießt«, fuhr Hala fort. »Und alle anderen wissen genau, was dann zu tun ist. Wer fliehen kann, der flieht. Und wer nicht...«
In der einen Hand hielt sie die Zyanidkapsel aus ihrer Tasche, in der anderen ihre SIG.
»Es gibt diese beiden Möglichkeiten. Noch Fragen?«
Jetzt lächelte niemand mehr.
»Ich habe eine Frage«, meldete sich einer der Männer zu Wort. Er war der Größte in der ganzen Gruppe, mit dichten Augenbrauen und einem aggressiven Blick. »Was weißt du über die Festnahmen bei der Masjid
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