Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
»Ich will damit nicht sagen, dass DNA-Spuren nicht großartig wären, aber im Moment bin ich eher hinter einem Abdruck her, den ich mit dem Handteller an Fidellas Garage vergleichen kann. Franck ist gerissen und skrupellos. Und erinnere dich an das, was Moon gesagt hat: Franck hatte die Abende für sich und damit genug Zeit, um hin- und herzufliegen und Elise kaltzumachen. Er wusste, dass wir ihn über die Telefonunterlagen aufspüren würden, deshalb hat er sich vorbereitet und mich auf Marty Mendoza gehetzt. Dadurch hatte er reichlich Zeit, um Sal den Schädel einzuschlagen und mit Sals Auto wegzufahren, das er irgendwo loswird, wo es jeder sehen kann, und auf dessen Sitz er eine Mütze liegen lässt, die man zu Marty zurückverfolgen kann. Außerdem hat uns Julie gerade ein Motiv für all das Blutvergießen geliefert: Franck hatte es satt, die ganze Arbeit machen zu müssen und nur der Juniorpartner bei diesem Betrug zu sein. Ergo eliminiert er die Mittelsmänner. Es passt alles ins Bild, sein Verschwinden eingeschlossen: Er hinterlässt persönliche Dinge, prellt aber die Miete, weil ihm schon seit einer ganzen Weile klar ist, dass er abhauen wird.«
»Dass die Kappe kurz nach der Prüfung im Oktober bestellt wurde, passt dazu«, sagte ich. »Aber als dein Freund muss ich dich auf einen Widerspruch hinsichtlich seines Tatmotivs aufmerksam machen. Wenn er den Betrug in gewohnter Manier fortsetzen wollte, hätte er nicht von hier abhauen dürfen.«
»Deshalb taucht er ab, legt sich eine Ausrede zurecht und kehrt rechtzeitig zur nächsten Prüfungsrunde zurück. Oder er ist nervös geworden, weil er das Gefühl hatte, dass wir ihm zu dicht auf den Pelz rücken. Mit seinen Fähigkeiten findet er jederzeit eine andere Privatschule.«
»Was mich zu einem weiteren Problem führt: Selbst wenn Franck ein Psychopath sein sollte, die wirklich klugen Psychopathen vermeiden Gewalt, nicht weil sie sie grundsätzlich ablehnen, sondern weil sie selten zum gewünschten Ziel führt. Außerdem ist Franck mit seinen Fähigkeiten nicht an einen festen Ort gebunden. Warum sollte er also zwei Menschen ermorden, um sie als Geschäftspartner auszuschalten, wenn er sich woanders selbstständig machen könnte?«
»Du bist mir ein toller Freund. Dann nenne mir eine andere Möglichkeit.«
»Zwei mörderische Privatschüler, die ihre Spuren verwischen wollen.«
»Denk doch mal an Francks bisherige Taktik. Warum sollte das kein weiteres Ablenkungsmanöver sein?«
»Weil es zu beiden Morden passt. Bei Elise war es eine bewusst niederträchtige Inszenierung, sie wurde regelrecht zur Schau gestellt. Weil sie keinen Widerstand leisten konnte. Sal hingegen stellte eine größere Herausforderung dar. Zwei Personen konnten ihn viel leichter überwältigen und ihm mit einem zufällig gefundenen Gegenstand den Schädel einschlagen.«
»Würden zwei mörderische Kids nicht eher mit einer Waffe anrücken, Alex? Und inwiefern sollten sie ein besseres Motiv haben, nur weil sie vertuschen wollten, dass jemand anderes die Prüfung für sie abgelegt hat? Wenn Elise und Sal – oder Franck – an die Öffentlichkeit gegangen wären, hätten sie sich doch selbst in die Bredouille gebracht.«
»Es könnte sehr wohl ein gutes Motiv sein, wenn es sich um zwei verwöhnte, aber unter immensem Druck stehende Bälger handelt, die auf den entscheidenden Brief warten, als Elise ihnen klarmacht, dass sie mehr Knete will, weil ihnen sonst ihre Zukunft um die Ohren fliegt.«
»Die Sache hat nur einen Haken, Alex: Wenn der Schwindel ans Licht kommt, ist sie selber angeschmiert.«
»Die Tatsache, dass sie eine Erpressung wegen Vergewaltigung in Betracht gezogen hat, deutet darauf hin, dass sie bereit war, bloßgestellt zu werden und in eine missliche Lage zu geraten, wenn sie dafür ans große Geld kommt. In beiden Fällen gingen sie und Sal vermutlich davon aus, dass sich die Opfer stillschweigend fügen würden. Wie alle guten Erpresser haben sie einen Zeitpunkt gewählt, zu dem ihre Opfer am leichtesten angreifbar sind. Und noch etwas: Die Kids, für die Franck eingesprungen ist, sind nicht zufällig bei Elise aufgekreuzt. Höchstwahrscheinlich hat sie ihnen bereits Nachhilfe erteilt, aber ihre Noten haben sich nicht wesentlich verbessert, weswegen sie allmählich Muffensausen bekommen haben. Und als sie wegen der anstehenden Prüfungen in Panik geraten, sagt Elise: ›Wisst ihr was, es gäbe da noch eine andere Lösung.‹ Und das spielt durchaus eine
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