Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Selbstmord aus?«, fragte ich.
»Die Leiche ist in Eis gepackt, aber am Tatort sind keine Eisbeutel. Der Computer des Opfers fehlt, und die Frau hat bereits im Voraus darauf hingewiesen, dass bestimmte Leute es auf sie abgesehen haben? Warum zum Teufel sollte ich von Selbstmord ausgehen, Herrgott noch mal?«
Er lachte säuerlich. »Ihr zwei Geistesgrößen habt also tatsächlich gedacht, ich will euch einen Selbstmord aufdrücken? Damit daraus ein verfluchter Eisskandal wird? Macht mal halblang, ich war immerhin in Harvard.«
Er widmete sich wieder seinem Essen. Als Milo »Sir« sagte, winkte er ab und brachte ihn zum Schweigen.
Zwei Bissen später versuchte es Milo erneut. »Dann kann ich also meine Arbeit machen, wie ich es für richtig halte?«
»Jetzt«, sagte der Chef, »klingen Sie paranoid. Vielleicht sind Sie für diesen Fall der Falsche, wenn Sie meinen, er hat einen psychologischen Beigeschmack.«
»Selbst Paranoiker haben Feinde«, sagte Milo.
»Wenn sie Arschlöcher sind, sogar einen ganzen Haufen.« Der Chef lief rot an, aber seine Tirade wurde unterbunden, weil unser Essen kam.
Mein Burger war trocken, und ich schob ihn beiseite.
Milo schlemmte.
Als er seinen halben Teller verputzt hatte, holte er Luft und legte seine Gabel hin. »Sir, ich bitte um Entschuldigung, aber mir ist immer noch nicht ganz klar, was Sie von mir erwarten.«
»Schließen Sie den verdammten Fall ab, das erwarte ich von Ihnen, aber machen Sie es diskret. Was das heißt? Na schön, ich sag’s Ihnen: Gehen Sie nicht an die Öffentlichkeit und unternehmen Sie nichts ohne meine vorherige Zustimmung. Fahren Sie niemandem unnötig an den Karren, verlieren Sie kein Wort darüber, dass die Windsor ein Hort der Verderbtheit ist, stürmen Sie dort nicht rein wie ein Kampfschwein, schüchtern Sie weder die Verwaltung noch den Lehrkörper, die Schüler oder die Hausmeister ein, nicht mal die Eichhörnchen, die an den verdammten Bäumen hochflitzen, oder die Vögel, die in der verdammten Luft rumfliegen.«
»Was ist mit den drei Lehrern, die Freeman namentlich genannt hat?«
»Die werden sich zur Ihner Verfügung halten. Haben Sie schon Freemans Freund überprüft, den Italiener?«
»Bislang habe ich lediglich den Tatort besichtigt und die Akte gelesen, Sir. Sofern man das überhaupt Akte nennen kann.«
»Das, was da ist, reicht für den Anfang. Fangen Sie mit dem Freund an. Wer bringt Frauen um? Männer, mit denen sie verbandelt sind. Wenn sich rausstellt, dass der Italiener absolut sauber ist, kriegen Sie Zugang zu den Lehrern. Bis dahin will ich nichts mehr davon hören. Und keine E-Mails, weder an mich noch an sonst jemanden, schon gar keine aufgezeichneten Telefonanrufe. Schriftlich wird es nur die Fallakte geben, die Sie streng nach Vorschrift führen werden. Das heißt keine schriftlichen Mutmaßungen. Auch keine verbalen gegenüber irgendeinem Zivilisten oder einem anderen Mitarbeiter der Polizeibehörde außer mir. Kapiert?«
»Ja, Sir.«
»Außerdem werden Sie besagte Fallakte in Ihrem verschlossenen Schreibtisch aufbewahren, wenn Sie nichts reinschreiben oder sie nicht gerade zu Rate ziehen. Dasselbe gilt für Ihre täglichen Notizen und Mitteilungen. Sogar Ihre verdammten Post-It-Zettel werden weggeschlossen. Und fotokopieren Sie nichts, bis ich das Material überprüft habe.« Er spießte einen Shrimp auf. »Ansonsten läuft alles wie gehabt.«
»Was ist mit Dr. Delaware?«
»Nachdem Sie mich, was ihn angeht, vor vollendete Tatsachen gestellt haben, kann ich ihn mir auch zu Nutze machen. Ich bin mir sicher, dass er keine Schwierigkeiten macht, weil er weiß, dass indiskrete Psychologen von der Ärztekammer gewaltig zur Schnecke gemacht werden.«
Er tippte an den Schirm seiner Wildlederkappe und zwinkerte. »Nicht dass es jemals dazu kommen sollte, Doktor.«
5
Wir brachen auf, als der Chef überlegte, ob er Obsttorte oder einen mehlfreien Schokoladenkuchen bestellen sollte.
Während der Wagen im Leerlauf vor sich hin tuckerte, suchte Milo in seinem Notizblock Sal Fidellas Nummer heraus und rief ihn an.
»Ein hilfsbereiter Kerl, hat gesagt, er kann sich sofort mit uns treffen, also auf nach Sherman Oaks.« Er schlug im Thomas Guide die Adresse nach. »Hm … Hier steht, das ist in Van Nuys. Vielleicht hat der olle Sal ein bisschen angegeben. Wäre doch schön, wenn sich rausstellt, dass er ein degenerierter Psychopath ist, der lügt, was das Zeug hält?«
»Noch schöner wäre es, wenn der Sohn des Chefs
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