Alex Rider 1: Stormbreaker: Alex Riders erster Fall
zeichnete mit der Kreide zwei große X an die Wand – eines in dem Gang, aus dem er gekommen war, ein zweites in den Stollen, den er jetzt betrat. Dann ging er weiter, vorsichtig bei jedem Schritt.
Der neue Stollen wurde schon nach wenigen Metern immer niedriger und enger, bis Alex schließlich nur noch gebückt weitergehen konnte. Der Boden war noch feuchter, die Wasserlachen noch tiefer, sie reichten ihm jetzt bereits bis an die Knöchel. Die Enge und Kälte verstärkten seine Angst; er biss die Zähne zusammen und zwang sich vorwärts. Nur nicht aufgeben! Wenn Jan hier durchgekommen war, dann würde er, Alex, es auch schaffen. Aber er konnte nicht verhindern, dass sich ein anderer beunruhigender Gedanke in seinem Kopf einnistete: Das Bergwerk lag sehr nahe am Meer und er fragte sich, ob die Flut in die Stollen eindringen könnte? Der Geruch des Salzwassers war sehr stark; kein Zweifel, dass es sich um Meereswasser handelte.
Jans Wegstrecke schien zu stimmen; schon bald musste er wieder nach rechts abbiegen, sodass er scheinbar wieder zurückging. Zu seiner großen Erleichterung mündete der Stollen in einen breiteren und höheren Tunnel, in dem er sich wieder aufrichten konnte. Auf den Schienen fiel ihm das Gehen leichter. Er folgte ihnen, bis sie in das Hauptgleis einmündeten. Dann hielt er an.
Bis hierher hatte Alex eine halbe Stunde gebraucht; der Umweg hatte viel Zeit gekostet, aber im Licht der Taschenlampesah er, warum ihn Jan Rider gewählt hatte: Der Stollen, in dem die Hauptgleise verliefen, war tatsächlich eingestürzt. Ungefähr 30 Meter entfernt traf der Lichtstahl auf eine Mauer aus Geröll.
Er folgte der Karte und überquerte die Gleise. Plötzlich blieb er stehen, blickte ratlos in den Stollen, der vor ihm lag, und konsultierte erneut die Karte. Es gab keinen Zweifel: Er war dem von Jan eingezeichneten Weg richtig gefolgt. Doch hier vor ihm knickte der Stollen plötzlich ab und führte scharf nach unten. Er leuchtete hinab. Der Lichtstrahl traf auf etwas, das wie eine große schwarze Metallplatte aussah und den Stollen blockierte. Alex hob einen Stein auf und warf ihn hinunter. Er platschte ins Wasser. Erst jetzt begriff er, was er vor sich hatte. Der Stollen war vollständig geflutet, das Wasser war schwarz wie die Nacht und stand bis zur Decke. Sicherlich lag seine Temperatur nur wenig über dem Gefrierpunkt.
Alex starrte verzweifelt in die Dunkelheit. Nach all den Anstrengungen, die er hinter sich hatte, war er hier offenbar am Ende angekommen. Es ging nicht mehr weiter.
Er wandte sich ab.
Enttäuscht wollte er sich auf den Rückweg machen, als der Lichtstrahl kurz auf einen Gegenstand fiel, der an der Wand lag. Er ging hinüber und bückte sich. Ein Taucheranzug! Offenbar brandneu. Er schöpfte Hoffnung. Wenn Jan Rider hier einen Taucheranzug deponiert hatte, musste es ihm möglich gewesen sein, durch den gefluteten Tunnel zu schwimmen.
Alex stieg zur Wasserfläche hinab und leuchtete mit derTaschenlampe umher. Jetzt erst sah er, dass ein Seil um einen herausstehenden Felsen verknotet worden war. Es führte schräg in die Tiefe, in das Wasser hinein. Alex ahnte, was er vor sich hatte: eine Führungsleine.
Ian Rider war durch den Stollen geschwommen, ganz klar. Er hatte einen Taucheranzug getragen und das Seil benutzt, um schneller und sicherer hinabtauchen zu können. Offenbar hatte er vorgehabt, diesen Weg durch die Stollen und durch das Wasser nochmals zu wagen, und hatte deshalb nicht nur den Taucheranzug hier liegen gelassen, sondern auch das Vorhängeschloss an der Falltür nicht verschlossen. Alex hatte immer deutlicher das Gefühl, dass ihm sein verstorbener Onkel helfen wollte. Die Frage war nur, ob Alex den Mut aufbrachte weiterzugehen.
Er verdrängte seine Angst und hob den Anzug vom Boden auf. Er war zu groß, würde aber vermutlich trotzdem die grimmigste Kälte von ihm fernhalten können. Nur war die Kälte gar nicht das Problem: So steil, wie der Tunnel verlief, konnte sein gefluteter Teil zehn Meter lang sein, er konnte aber auch hundert Meter lang sein. Woher sollte Alex wissen, ob Ian Rider nicht ein Sauerstoffgerät benutzt hatte? Es lag zwar keins hier, aber das hieß gar nichts. Wenn Alex tauchte, die Entfernung nicht richtig einschätzte und ihm unterwegs die Luft ausging, würde er dort unter den Felsen ertrinken – im eiskalten, pechschwarzen Wasser. Er konnte sich einen schöneren Abgang von dieser Welt vorstellen.
Andererseits war er bis hierher gekommen
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