Alex Rider 5: Scorpia: Alex Riders fünfter Fall
sehr ähnlich.
Mr s Jones las Bücher; sie besaß einen teuren Fernseher und einen DVD-Player. Auf einem Tisch stand ein Schachbrett mit einer nicht beendeten Partie. Aber mit wem spielte sie? Nile hatte ihm gesagt, sie lebe allein.
Alex hörte ein leises Schnurren und bemerkte erst jetzt auf einem der Sofas eine Siamkatze. Das war eine Überraschung. Er hätte nicht gedacht, dass die stellvertretende Leiterin der MI6-Spezialeinheit irgendein Lebewesen zur Gesellschaft brauchte.
Das Tier maunzte laut. Vielleicht versuchte die Katze ihr Frauchen zu warnen, und tatsächlich ging jetzt weiter hinten in dem Raum eine Tür auf.
»Was hast du denn, Q?«
Mr s Jones kam herein. Als sie sich der Katze näherte, sah sie plötzlich Alex und blieb stehen.
»Alex!«
»Mr s Jones.«
Sie trug einen Bademantel aus grauer Seide. Auf einmal begriff Alex, was für ein einsames Leben sie führte. Sie kam von der Arbeit nach Hause, ging unter die Dusche und aß etwa s – immer allein. Das Schachbret t … vielleicht spielte sie mit irgendwem im Internet. Die Abendnachrichten im Fernsehen. Und die Katze.
Mr s Jones stand jetzt mitten im Raum. Sie schien nicht beunruhigt. Sie konnte ohnehin nichts tu n – kein Alarmknopf in Reichweite. Ihre Haare waren noch nass vom Duschen, und sie war barfuß. Alex hob die Hand, in der er die Pistole hielt.
»Hat Scorpia dich geschickt?«, fragte sie.
»Ja.«
»Du sollst mich töten, nehme ich an.«
»Ja.«
Sie nickte, als sehe sie das ein. »Man hat dir von deinem Vater erzählt, oder?«
»Ja.«
»Es tut mir leid, Alex.«
»Dass Sie ihn getötet haben?«
»Dass ich es dir nicht selbst erzählt habe.«
Sie bewegte sich nicht, sondern stand einfach nur da und sah ihn an. Alex wusste, ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Der Lift musste jeden Augenblick wieder im Erdgeschoss ankommen. Und sobald die Agenten sahen, dass er leer war, würden sie Alarm schlagen. Womöglich waren sie sogar jetzt schon auf dem Weg nach oben.
»Was ist mit Winters?«, fragte sie. Alex verstand nicht, wen sie meinte. »Der Mann, der vor der Tür gestanden hat«, erklärte sie.
Winters war also der Name des dritten Agenten.
»Den habe ich außer Gefecht gesetzt.«
»Du hast also die beiden unten ausgetrickst, bist hier heraufgekommen und bei mir eingebrochen.« Mr s Jones zuckte mit den Schultern. »Scorpia hat dich gut ausgebildet.«
»Nein, nicht Scorpia hat mich ausgebildet, Mr s Jones. Das waren Sie selbst.«
»Aber jetzt machst du bei Scorpia mit.«
Alex nickte.
»Als Killer kann ich mir dich nicht so recht vorstellen, Alex. Mir ist klar, du magst mich nicht und Alan Blunt auch nicht. Das kann ich verstehen. Aber ich kenne dich. Ich glaube, du hast gar keine Ahnung, worauf du dich da eingelassen hast. Die Leute von Scorpia waren bestimmt sehr nett zu dir. Die müssen entzückt gewesen sein, dich zu sehen. Aber sie haben dich beloge n …«
»Hören Sie auf!« Alex spannte den Finger um den Abzug. Er wusste, sie versuchte es ihm schwerzumachen. Davor hatte man ihn gewarnt. Indem sie mit ihm sprach und ihn bei seinem Vornamen anredete, erinnerte sie ihn daran, dass sie nicht bloß eine Zielscheibe aus Pappe war. Sie wollte Alex’ Gewissen ansprechen. Und natürlich wollte sie Zeit gewinnen.
Nile hatte ihm eingeschärft, rasch zu handeln, sofort zu schießen. Und Alex erkannte, dass es dafür bereits zu spät war. Schon hatte sie die Oberhand gewonnen, obwohl er die Pistole hielt. Er erinnerte sich daran, was Mr s Rothman ihm in Positano gezeigt hatte. Albert Bridge. Der Tod seines Vaters. Er stand der Frau gegenüber, die den Befehl gegeben hatte, seinen Vater zu erschießen.
»Warum haben Sie das getan?«, fragte er. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. Er versuchte seinen Hass zu konzentrieren, damit er die Kraft bekam, das zu tun, weswegen man ihn hierhergeschickt hatte.
»Warum habe ich was getan, Alex?«
»Meinen Vater getötet.«
Mr s Jones sah ihn lange an, und es war unmöglich zu erkennen, was hinter diesen schwarzen Augen vor sich ging. Aber er spürte, dass sie irgendetwas berechnete. Ihr ganzes Leben bestand aus Berechnungen, und wenn sie zu einem Ergebnis kam, musste gewöhnlich jemand sterben.
Der einzige Unterschied war diesmal jedoch der, dass sie diejenige war, die sterben würde.
Sie schien zu einem Schluss zu kommen.
»Möchtest du, dass ich dich um Verzeihung bitte, Alex?«, fragte sie, und plötzlich klang ihre Stimme hart. »Wir reden hier von John Rider, einem Mann,
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