Alex Rider 6: Ark Angel
Verschnürung wickelte, fragte er sich, ob es überhaupt zu schaffen war. Fünfzehn Kilometer waren eine weite Strecke, und nach dem Gewittersturm war die See bestimmt ziemlich aufgewühlt. Immerhin, der Wind war günstig. Draußen auf dem Steg hatte Alex ihn gespürt – einen kräftigen ablandigen Wind. Die meisten Kitesurfer vermeiden ablandigen Wind; er ist sprunghaft und schwierig und birgt immer die Gefahr, einen aufs offene Meer hinauszutreiben. Aber genau das brauchte Alex. Er musste weg. Und zwar schnell.
Er griff gerade nach dem Brett, als plötzlich hinter ihm die Tür aufschwang. Alex fuhr mit erhobenen Fäusten herum, setzte schon zu einem Karateschlag an – und sah sich Paul gegenüber.
»Alex?« Paul war offenbar gerade erst aufgestanden. Er war nur mit Shorts bekleidet. Entgeistert starrte er Alex an. »Was machst ...« Er unterbrach sich, und schließlich sagte er: »Ich dachte, du bist weg.«
»Leider nicht.« Alex war sich nicht sicher, wie viel Paul wusste, und blieb lieber vorsichtig. Klar war jedenfalls, dass die ganze Situation sich geändert hatte. Wie sollte es jetzt weitergehen?
»Was war denn mit dir?«, fragte Paul. »Was machst du hier? Und warum hast du diese Sachen an?«
»Frag besser nicht«, sagte Alex. Hätte Paul ihn doch bloß nicht entdeckt! »Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
»Ich konnte nicht schlafen. Ich hab am Fenster gestanden – und dann bist du am Strand aufgetaucht.«
»Hast du einen Schlüssel für das Boot? Weißt du, wo der ist?«
»Nein.« Und dann platzte es aus Paul heraus: »Dad hat mir erzählt, man hat dich hierhergeschickt, um ihm nachzuspionieren. Ich habe gesagt, das kann doch gar nicht sein, aber er war fest davon überzeugt. Er hat gesagt, er hat Feinde in New York, und die hätten dich bezahlt, damit du hier für Unruhe sorgst.«
»Hat er dir auch erzählt, was er mir angetan hat?«, unterbrach ihn Alex. Langsam hatte er wirklich genug. Musste er sich diese Vorwürfe gefallen lassen? Von Paul, der überhaupt keine Ahnung hatte?
»Er hat gesagt, er hat dich mit einem Flugzeug von hier wegbringen lassen.« Paul sah Alex unsicher an. »Stimmt das, Alex?«, fragte er. »Spionierst du uns nach?«
»Ich hab jetzt keine Zeit, darüber zu reden.« Als er einen Schritt nach vorn machte, streckte Paul plötzlich die Hand nach einem Knopf an der Wand aus, den Alex bis jetzt nicht bemerkt hatte.
»Das ist ein Alarmknopf«, sagte Paul. »Wenn ich den drücke, wimmelt es hier gleich von Wachleuten. Ich will, dass du mir die Wahrheit sagst. Was machst du hier? Was ist passiert?«
»Wenn du diesen Knopf drückst, wird man mich töten.« »Du lügst ...«
»Dein Vater wird mich töten, Paul. Er hat es schon einmal versucht.«
»Nein!« Paul starrte ihn an, und in seiner Miene veränderte sich etwas. Jetzt war da nicht nur Ungläubigkeit. Sondern Wut. Und Alex verstand auch warum.
Er konnte Paul alles erzählen, was er über Nikolei Vladimir Drevin und seine Machenschaften wusste, und es würde doch nichts ändern. Drevin hatte Paul belogen. Er hatte ihn verhöhnt und ihm nur wenig Zuneigung gezeigt. Aber trotzdem war er Pauls Vater. So einfach war das. Und ganz gleich, was zwischen den beiden los war, Paul würde ihn verteidigen. Weil er Drevins Sohn war.
Alex blieben nur noch Sekunden, bis Paul den Alarmknopf drückte. Er hob die Hände, die Handflächen nach oben, wie zum Zeichen, dass er nichts Böses vorhatte. »Okay, Paul«, sagte er. »Ich werde dir alles erzählen.«
»Keinen Schritt näher ...« Pauls Hand schwebte dicht über dem Alarmknopf.
Alex riskierte trotzdem einen Schritt nach vorn. »Es ist nicht so, wie du denkst. Dein Dad hat sich geirrt. Genau wie du. Deine Mutter hat mich gebeten, hierherzukommen.«
»Was?«
Alex hatte Pauls Mutter erwähnt, weil er wusste, was für eine Wirkung das haben würde. Paul hielt unsicher inne, und in diesem Bruchteil einer Sekunde holte Alex aus und rammte ihm seinen Ellbogen an die Schläfe. Paul brach zusammen; Alex fing ihn auf und legte ihn vorsichtig auf den Boden. Er hatte schon mit sechs Jahren angefangen, Karate zu lernen, aber dies war das erste Mal, dass er seine Kunst gegen einen Gleichaltrigen angewendet hatte.
Er schämte sich. Paul hatte sich immer einen Freund gewünscht, einen, der zu ihm hielt – und jetzt das. Aber was hätte er tun sollen? Er musste die Insel verlassen. Er musste verhindern, dass eine ganze Stadt zerstört wurde.
Alex zwang sich, nicht weiter über den
Weitere Kostenlose Bücher