Alex Rider 7: Snakehead
dumm. Du starrst nur vor dich hin und hältst den Mund. Am besten machst du immer ein ängstliches Gesicht – als ob ich dich gleich schlagen würde. Vielleicht tue ich das auch mal ab und zu. Natürlich nur, damit wir glaubwürdiger wirken.«
Alex konnte nicht erkennen, ob Ash das ernst meinte oder nicht.
»Ich spreche Dari«, fuhr Ash fort. »Das ist die wichtigste Sprache in Afghanistan, und die wird auch von den Snakeheads benutzt. Ich kann auch ein bisschen Hasaragi, aber das werden wir nicht brauchen. Also, denk immer daran: Du sagst kein Wort. Niemals. Sonst sind wir beide tot.«
Ash stand auf. Er hatte bei seinen Erklärungen ziemlich finster gewirkt – beinahe feindselig. Aber als er sich jetzt an Alex wandte, flackerte in seinen dunkelbraunen Augen so etwaswie Verzweiflung. »Alex ... «, fing er an und kratzte sich an seinem Stoppelbart. »Bist du sicher, dass du das machen willst? Du hast mit ASIS nichts zu schaffen. Menschenschmuggel und das alles geht dich doch gar nichts an. Eigentlich müsstest du in der Schule sein. Am besten wär’s, du würdest einfach nach Hause fahren.«
»Dazu ist es jetzt ein bisschen zu spät«, sagte Alex. »Ich habe mich einverstanden erklärt. Und ich möchte, dass Sie mir von meinem Vater erzählen.«
»Ist das der wichtigste Grund, warum du bei dieser Sache mitmachst?«
»Es ist der einzige Grund.«
»Ich werde mir das nie verzeihen, wenn dir irgendetwas zustößt. Wenn es deinen Vater nicht gegeben hätte, wäre ich schon lange tot. So sieht das nämlich aus.« Ash wandte den Blick ab, als wollte er der Erinnerung ausweichen. »Eines Tages erzähle ich es dir ... Malta, und was passiert ist, nachdem Yassen Gregorovich mit mir abgerechnet hatte. Aber eins sage ich dir schon jetzt. John würde mir bestimmt nicht dankbar sein, dass ich dich in Gefahr bringe. Also wenn ich dir etwas raten darf: Ruf Brooke an, sag ihm, du hast es dir anders überlegt. Und fahr nach Hause.«
»Ich bleibe«, sagte Alex. »Aber trotzdem danke.«
Dass Ash den Namen Gregorovich erwähnt hatte, bestärkte Alex nur in seinem Entschluss, noch mehr zu erfahren. Allmählich begann das Puzzle sich zu ordnen.
Alex wusste, dass sich sein Vater, John Rider, als feindlicher Agent ausgegeben hatte, der für Scorpia arbeitete. Als der MI6 ihn zurückhaben wollte, hatten sie seine »Entführung« arrangiert. Das war auf Malta gewesen. Das Ganze war ein abgekartetesSpiel. Und Yassen Gregorovich war auch dabei gewesen. Yassen war ein international agierender Killer, und Alex hatte ihn vierzehn Jahre später getroffen – zuerst, als er für Herod Sayle arbeitete, und ein zweites Mal im Innern der Verbrecherorganisation von Damian Cray. Yassen war jetzt tot, aber es schien, dass er in Alex’ Leben immer noch eine Rolle spielen sollte. Ash hatte ihn auf Malta getroffen. Und was auch immer auf dieser Insel geschehen war, es gehörte zu der Geschichte, die Alex bis ins Detail in Erfahrung bringen wollte.
»Bist du sicher?«, fragte Ash ihn ein letztes Mal.
»Ja, bin ich.«
»Also gut.« Ash nickte ernst. »Dann hör mir jetzt genau zu: Ba’ad az ar tariki, roshani ast. Das ist ein altes afghanisches Sprichwort, und vielleicht kommt mal eine Zeit, wo du es brauchen kannst. ›Auf jede Dunkelheit folgt Licht.‹ Ich hoffe, das gilt auch für dich.«
Es klopfte an die Tür.
Ash machte auf und eine kleine, ziemlich dicke Frau kam herein. Sie hatte einen Koffer dabei und sah aus wie ein altes Hausmütterchen oder eine sehr altmodische Lehrerin. Sie trug ein olivgrünes zweiteiliges Kostüm und grobe Strümpfe, wodurch ihre nicht sehr schön geformten Beine noch plumper wirkten. Die Haare hingen ihr irgendwie farblos und unfrisiert vom Kopf und ihr ungeschminktes Gesicht sah aus wie aus Wachs. Ihr einziger Schmuck war eine Brosche – ein silbernes Gänseblümchen.
»Wie geht’s dir, Ash?«, fragte sie lächelnd, und dieses Lächeln und ihr breiter australischer Akzent schienen sie zum Leben zu erwecken.
»Schön, dich zu sehen, Cloudy«, antwortete Ash undschloss die Tür. »Das ist Mrs Webber, Alex«, erklärte er. »Sie arbeitet für ASIS – sie ist Spezialistin für Verkleidung. Eigentlich heißt sie Chloe, aber wir nennen sie Cloudy. Das passt besser zu ihr. Cloudy Webber, das ist Alex Rider.«
Die Frau baute sich breitbeinig vor Alex auf und musterte ihn von oben bis unten. »Hm ...«, brummte sie wenig begeistert. »Mr Brooke sollte sich mal auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen,
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