Alexa, die Amazone – Die große Chance
zu Siebold hin.
»Es deutet alles darauf hin, dass du sie vorher nicht anständig durchgeritten hast! Du hast dich spazierentragen lassen, anstatt etwas zu tun! Steig mal ab, tausch mit Michael das Pferd. Das können wir nicht durchgehen lassen – Harald würde sich für das versaute Pferd bedanken!«
Alexa spürt, wie ihr das Blut in den Kopf schießt. Sie hat das Gefühl, als würde ihr Gesicht auf das Doppelte anschwellen. Versautes Pferd, rauscht es durch ihr Gehirn. Sie, Alexa Birk, versaut Harald Struckat das Pferd. Sie steigt kleinlaut ab und traut sich kaum, den Blick zu heben, als sie Michael die Zügel in die Hand drückt. Dann steht sie mit Achat neben ihrem Reitlehrer.
»Also«, fängt er streng an. »Mit Flirten lässt sich so ein Pferd eben nicht reiten. Das muss was spüren. Das muss wissen, dass da oben einer sitzt, der etwas zu melden hat! Und zwar von Anfang an! Ist das klar?! Das nächste Mal reitest du sie eben vorher richtig ab. Damit sie dich nicht wieder mit einer Fliege verwechselt!« Er macht eine kleine Kunstpause, während Alexa noch immer wie ein begossener Pudel neben ihm steht.
»Und jetzt«, fährt er fort und sein veränderter Ton veranlasst Alexa, doch einmal zu ihm hinzuschauen, »sitzt beide auf und schließt euchhinten an. Caprice vor Achat!« Und er klopft Alexa leicht auf den Rücken. »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!«
Während er das sagt, glaubt Alexa ein kleines Lächeln in seinen Augen zu entdecken. Die Geste tut ihr zwar gut, aber die Blamage ist einfach unbeschreiblich. Sie wird nie mehr mit einem aus ihrem Kurs reden können. Sie, die Angeberin mit dem Struckat-Pferd, die man gleich in der ersten Stunde vom Pferd holt. Wenn das Harald erfährt. Sie stöhnt leicht auf, während sie sich die Bügel verschnallt. Einfach grauenhaft!
Sie reitet auf Achat hinter Caprice her und beobachtet Michael. Dabei versucht sie festzustellen, was er anders macht. Er hat natürlich mehr Gewicht, denkt sie, mehr Kraft. Aber das kann ja nicht den Ausschlag geben. Was denn? Und dann ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont: Vielleicht klappt’s bei dem ja auch nicht?
Siebold lässt die ganze Abteilung antraben, gibt somit den beiden Reitern Gelegenheit, sich auf die neuen Pferde einzustellen. Achat geht gut. Er ist gegen Caprice die reinste Wohltat. Ein großrahmiger Brauner, nervenstark, durchlässig. Seine Schritte sind raumgreifend, andererseits lässt er sich gut auf Abstand halten.
»Durchparieren zum Schee-ritt!«
Jetzt geht das Spiel also wieder von vorne los! Alexa merkt, wie sie sich verkrampft. Bleib bloß ruhig, sagt sie sich. Nur die Ruhe. Caprice ist vor dir. Sie geht dich gar nichts an. Du sitzt auf Achat, der tut dir nichts!
Als Sabine mit Amor angaloppiert, schießt Caprice wieder vor. Alexa verhält im ersten Schreck Achat, aber es wäre nicht nötig gewesen. Achat geht ruhig weiter, sie kann sich das Schauspiel ansehen. Caprice versucht wieder, in die Bahn auszuweichen und von dort aus zum Hindernis zu kommen. Aber Michael langt anders zu, das muss sich Alexa eingestehen. Er staucht sie dermaßen zusammen, dass Caprice klein wie ein Paket wird. Sie tritt auf der Stelle, versucht nach hinten auszuweichen, bekommt aber mit der Gerte so eine auf die Pobacke, dass sie vor Schreckwieder einen Schritt voraus macht. So zuckeln sie mehr oder weniger hin und her, bis sich Amor wieder hinten angeschlossen hat und Michael mit Caprice an der Reihe ist. Er galoppiert auf dem Hufschlag an und verhalten auf das Hindernis zu. Caprice wird heftig, versucht ihm die Zügel zu entreißen. Michael setzt eine Parade dagegen. Drei Galoppsprünge vor dem eigentlichen Sprung gibt er ihr Raum. Caprice schießt los und bricht vor dem Absprung nach links aus, verweigert den Sprung, rast weiter, um sich der Abteilung wieder anzuschließen. Mit Müh und Not hat sich Michael im Sattel halten können. Darauf war er nicht gefasst. Alexa ist perplex. Damit hat sie auch nicht gerechnet. Ein Struckat-Pferd verweigert einen A-Sprung. Nicht zu fassen!
Michael reitet indessen an der Abteilung vorbei.
»Das darfst du ihr nicht durchgehen lassen«, sagt Siebold dazu und jeder weiß, dass es jetzt um alles oder nichts geht. Wieder hat Michael Mühe, Caprice vom Tetenpferd zu lösen. Pferd und Reiter sind bereits schweißnass. Dann hat er sie endlich weg, galoppiert auf den Sprung zu, die kurze Springgerte aufrecht in der Hand. Diesmal lässt er Caprice nicht so schnell weg – und als
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