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Alexander der Große

Titel: Alexander der Große Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Will
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keinem Kampf überwundene Feldherrn. Eine Stadt,
     die niemals durch einen Feind zu Pferd, niemals durch einen zu Fuß, nie in offener Feldschlacht in Bedrängnis geraten sei,
     die tausend Heere, bedrohlicher noch als die der Makedonen schon zurückgeschlagen habe, die hätte sich vor Alexander nicht
     zu fürchten brauchen. Livius’ unausgesprochenes Fazit ist klar. Alexander hatte das Glück, früh zu sterben. Ansonsten hätte
     der Nimbus der Unbesiegbarkeit an den Grenzen Italiens sein Ende gefunden. Allein Rom war unbesiegbar.
    LIVIUS 9.   17.   19. 82
    |78| Arrian nennt als Überbringer der Nachricht zwei ansonsten völlig unbekannte Alexanderhistoriker namens Aristos und Asklepiades.
     Die beiden, die wohl erst lange Zeit nach Alexander lebten, waren keine zuverlässigen Zeugen. Das bestätigte Arrians Meinung
     zur Sache.
    Eine Legende, die Geschichte war
    Indes findet sich beim Geographen Strabon ein kleines Fragment, demzufolge niemand anderes als der meistgelesene Historiker
     der hellenistischen Zeit, Kleitarch, von der römischen Gesandtschaft berichtete. 83 Arrian verschweigt das wider besseres Wissen, Diodor, der sich vor allem auf Kleitarch stützt, hat die Nachricht übergangen.
     In römischer Zeit war sie nicht mehr opportun.
    Es bleibt die in jedem Einzelfall neu zu stellende Frage nach der Glaubwürdigkeit Kleitarchs. Unzweifelhaft übertrieb er gern
     zu Ehren Alexanders wie auch seines schriftstellerischen Ruhmes. Hier freilich entfiel dieses Motiv. Rom war am Ende des 4.
     Jahrhunderts v. Chr. zu unbedeutend, um den Alexanderhistorikern aufzufallen. Für Kleitarch bestand keine Notwendigkeit, eine
     römische Delegation zu fingieren, da er damit bei niemandem besonderen Eindruck erwecken konnte. Ptolemaios und Aristobul
     aber haben die Römer als Anwohner des Tyrrhenischen Meeres möglicherweise unter dem Namen Tyrrhener subsumiert und nicht eigens
     erwähnt. Rom könnte Kontakt zu Alexander, dessen Reich sich bis an die Adria erstreckte, gesucht haben, um sich seiner in
     den Nachbarschaftskämpfen zu versichern. Belegt ist zudem, dass der König wegen latinischer Seeräuber in Rom Beschwer-de führte. 84 Dies geschah aber sicherlich bereits vor 324/323.
    Unglaubwürdig an den Berichten über das große Gesandtschaftstreffen zu Babylon ist nicht so sehr die Erwähnung einzelner Völker
     und Städte als deren geballtes Zusammentreffen wenige Monate vor Alexanders Tod. Einen wirklichen Grund, dorthin zu kommen,
     besaßen nur die Staaten und Städte Griechenlands, die aktuell vom sogenannten Verbanntendekret betroffen waren, mit dem Alexander
     die zwangsweise Rückführung aller politischen Flüchtlinge in |79| ihre Heimatpoleis verfügte und das geeignet war, dort schwere soziale und ökonomische Krisen auszulösen. Die zahlreichen anderen
     Gesandtschaften hatten in der Darstellung der späteren Alexanderhistoriker vielleicht eine andere Funktion. Sie kamen von
     den entferntesten Enden der bewohnten Welt bis hin zu den Säulen des Herakles, namentlich aus Ländern und Gegenden, die Alexanders
     Fuß noch nie betreten hatte, vom südlichen Ende der Ökumene die Äthiopier, vom nördlichen Skythen und Kelten, vom westlichen
     Iberer. So symbolisierten sie, indem sie Alexander huldigten, eine Herrschaft über alle Länder und Meere, wie es Arrian auch
     expressis verbis sagt. Das, was Alexander erobert hatte und das, was er, den Hypomnemata zufolge, den angeblich im Nachlass
     gefundenen letzten Plänen, erobern wollte, verschmolz zu einer großen Einheit. Der König schien – am Ende seines Lebens, das
     niemand ahnte – auf dem Höhepunkt seiner Macht.
    Die Parallele zum Vater Philipp II. ist offenkundig. Auch er starb im Zenit seines Ansehens, als Gäste aus allen Teilen seines
     Reiches und der benachbarten Völker seiner Einladung in die Residenzstadt Aigai gefolgt waren. Die Darstellung von Philipps
     Ende bei Diodor folgt den Prinzipien einer tragischen Geschichtsschreibung, wie sie in der
Poetik
des Aristoteles zu finden sind. Das Ende des Helden erregt dann beim Leser am meisten Mitleid oder Furcht, wenn der Sturz
     unerwartet und aus größtmöglicher Höhe geschieht.
    Die genannten Gesandtschaften, unter ihnen die römische, mögen im Laufe von Alexanders Regierung bei ihm vorstellig geworden
     sein, dass sie aber alle nahezu gleichzeitig kamen, ist eine historiographische Montage. Sie sollte Alexanders Größe belegen
     und seinen bevorstehenden Tod besonders tragisch

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