Alexander der Große
herausrieselte; man sammelte es dort und
bewahrte es in einem Eselshuf auf. Denn in keinem anderen Behälter kann man es bergen, weil es durch seine Kälte und Schärfe
jedes Gefäß zerfrisst. 97
Der erste Historiker, der die Vergiftung erwähnt, ist Onesikritos. 98 Später berichtet Kleitarch von ihr, wahrscheinlich in einer Nebenversion. Er wusste noch nichts von der Beteiligung des Aristoteles,
vielleicht verschwieg er sie auch nur. 99 Die Quelle, die Plutarch dafür nennt, ein Mann namens Hagnothemis, ist unbekannt, offenkundig nur, dass die Antigoniden das
Gerücht verbreiteten. Im Laufe der Zeit verfeinerte sich die Legende, sie wurde mit Alexanders plötzlichem Zusammenbruch beim
Gelage des Medeios in Zusammenhang gebracht, |90| jeder Verdächtige erhielt seinen genauen Platz und seine Motivation. Auch Medeios als Gastgeber war nun involviert. Arrian
lag diese Endfassung vor, ohne dass er sie glauben wollte:
Darüber hinaus kenne ich noch viele andere Versionen von Alexanders Tod, zum Beispiel, dass er an einem Gift starb, das Antipater
geschickt habe. Aristoteles sei es gewesen, der dieses Gift für Antipater erfand, selbst in Furcht vor Alexander wegen des
Kallisthenes, und Kassandros, Sohn des Antipater, habe es überbracht, wobei einige ausmalen, er habe dies im Hufe eines Maultieres
transportiert. Verabreicht sei es ihm durch Iolaos worden, den jüngeren Bruder des Kassandros, der als königlicher Mundschenk
von Alexander kurz vor seinem Tode beleidigt worden war. Nach anderen war auch Medeios als Liebhaber des Iolaos in dieses
Komplott verwickelt; er sei es ja gewesen, der Alexander zu diesem Festgelage einlud, und nach dem Umtrunk habe Alexander
heftiger Schmerz befallen, worauf er das Gelage verließ. 100
Der Beginn des Mythos
Als den Athenern Asklepiades, der Sohn des Hipparchos, als erster die Nachricht von dem Tode Alexanders brachte, warnte (der
Staatsmann) Demades, sie zu glauben: wäre sie wahr, würde der Gestank seines Leichnams die ganze Erde verpesten.
In Athen wurde der (angebliche) Mord als Befreiung gefeiert. Während Demades mit seinem berühmten Apophtegma (Ausspruch) die
einsetzende Kriegspsychose zu dämpfen versuchte, beantragte, wie in Plutarchs
Moralia
zu lesen ist, ein anderer Athener, der 322 getötete Makedonenfeind Hypereides, ein Ehrendekret für den Mundschenk Iolaos.
Hypereides wäre der erste, der vom Komplott des Antipater und seiner Söhne erfahren hätte: fünf Jahre, bevor Olympias die
Legende in die Welt setzte. 101
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|94| Literatur
Die deutsche Übersetzung der Fragmente der Alexanderhistoriker beruht auf einem unveröffentlichten Manuskript von Otto Veh,
alle anderen Übersetzungen folgen den genannten Textausgaben.
Quellen
Fragmente der Alexanderhistoriker: Lennart Gilhaus, Stephanie Kirsch, Fragmente der Griechischen Historiker, Teil II: Die
Historiker der Alexanderzeit, Stuttgart (in Vorbereitung).
Alexanderroman: Alexanderroman, übersetzt v. Heinrich Weismann, bearbeitet v. Gabriele John, Essen, Stuttgart 1987 (Handschrift
B).
Leben und Taten Alexanders von Makedonien, hg. u. übersetzt v. Helmut van Thiel, Darmstadt 1983.
Arrian: Der Alexanderzug. Indische Geschichte, übersetzt u. kommentiert v. Gerhard Wirth u. Otto von Hinüber, München 1984.
Diodor: Griechische Weltgeschichte, Buch XVII. Alexander der Große, übersetzt v. Otto Veh, kommentiert v. Moritz Böhme, Stuttgart
2009.
Griechische Weltgeschichte, Buch XVI. Philipp II., übersetzt v. Otto Veh, kommentiert v. Thomas Frigo, Stuttgart 2007.
Griechische Weltgeschichte, Buch XVIII–XX. Diadochen, übersetzt v. Otto Veh u. Gerhard Wirth, kommentiert v. M. Rathmann,
2 Bde., Stuttgart 2005.
Q. Curtius Rufus: Geschichte Alexanders des Großen, übersetzt v. Konrad Müller u. Herbert Schönfeld. München 1954.
Plutarch: Große Griechen und Römer, Bd. V, übersetzt v. Konrad Ziegler, Zürich, Stuttgart 1960.
Iustin: Pompeius Trogus, Weltgeschichte von den Anfängen bis Augustus im Auszug des Iustin, übersetzt v. Otto Seel, Zürich
1972.
Strabon: Geographika I–XVII, 4 Bde. Hg. u. übersetzt v. Stefan Radt, Göttingen 2002ff.
Monographien
Barceló, Peter, Alexander der Große, Darmstadt 2007.
Demandt, Alexander, Alexander der Große, München 2009.
Droysen, Johann Gustav, Geschichte Alexanders des Großen, Hamburg 1833.
Fox, Robert Lane, Alexander der Große, Düsseldorf 1974 [2. überarbeitete u. erweiterte Auflage
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