Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
gezimmert hatte, auch den Belastungen durch Penelope und vierzig Mann gleichzeitig gewachsen war: » Ich hab ihn haltbar gebaut, meinen erhabenen Pfühl.« Schließlich beschloß er, zu einer neuen Fahrt aufzubrechen, um jenseits der Säulen des Herakles nachzusehen, ob die Welt nicht anderswo runder sei.
In Athen zürnten einige wegen Schändung des hellenischen Erbes und des göttlichen Homer– an Stellen, bei denen man in Ephesos schallend gelacht hatte. Dymas verließ die Stadt, Hellas und Europa. Es kam hinzu, daß er der ewigen Berichte an Demaratos, Hamilkar und Bagoas überdrüssig war, und hier half ihm der Zufall. Oder schien ihm zu helfen. Demaratos hielt sich in Makedonien auf, wo es ihm gelungen war, ein Monopol vom König zu erhalten– nur Demaratos durfte das begehrte makedonische Schiffbauholz, das feine Pech und die anderen zugehörigen Dinge erwerben und ausführen. In seiner Abwesenheit hatten die Demokraten in Korinth beschlossen, einen Politiker und Strategen namens Timoleon mit einer Flotte nach Syrakus zu entsenden, um Einfluß auf die Verhältnisse in Sizilien zu nehmen. Der Westteil der Insel, unter der Herrschaft Karchedons, war davon unmittelbar betroffen; es kam zum Krieg zwischen Karchedon und Syrakus, also zwischen Karchedon und Korinth– Hamilkar und Demaratos beziehungsweise ihre Städte hatten somit andere Sorgen.
Dymas begab sich nach Ägypten, das einige Jahre zuvor einen persischen Wiedereroberungsversuch abgewehrt hatte. Er hoffte, dort weder von Korinthern noch von Karchedoniern noch von Persern behelligt zu werden. Er wußte, daß es nur ein halber Schritt war; die vollständige Trennung von seinen drei Auftraggebern erwog er jedoch nicht– vorerst. Er konnte nicht sicher sein, ob nicht einer oder mehrere beschlössen, er wisse zuviel, als daß er einfach aufhören könne; jedenfalls lebendig. Außerdem fand er ihr Spiel aufregend und fesselnd. Als Musiker verdiente er längst mehr, als er zum Leben brauchte, aber man konnte ihm ein paar Finger brechen, ein böswilliger Zuhörer oder der Gemahl einer von Dymas’ Musik allzu Entzückten mochte ihm eine Hand abhacken, und dann wären gelegentliche Zahlungen für Berichte mehr als willkommen.
Drei lange, träge Monde in Naukratis lagen hinter ihm, heißer Sommer und heiße Nächte. Der Besitzer einer großen Schänke am Hafen, ein Halbhellene namens Dexippos, hatte ihn in einer anderen Schänke spielen hören, am dritten Tag nach seiner Ankunft, und ihm ein geräumiges Zimmer zum Fluß, Essen, Trinken und eine Drachme am Tag geboten. Dymas verlangte zwei und bekam nun eineinhalb, die er sich täglich auszahlen ließ, da er die Gewohnheiten des menschlichen Gedächtnisses kannte.
Die Schänke lag an einem hochgemauerten Teil des Hafens: ein Gebäude auf zahllosen kleinen Steinsäulen gegen Schlangen, Skorpione und die jährlichen Überschwemmungen. Oberhalb der Säulen war alles aus Holz, bis auf die gemauerten Herde und Öfen der Küche. Das untere Geschoß, vom Kai über eine neunstufige Treppe zu erreichen, war ein großer Raum mit Tischen, Bänken und wenigen Liegen, unterteilt nur durch die Tragpfosten des oberen Geschosses, in dem einzelne, durch Schilfwände abgetrennte Zimmer lagen. Die Einrichtung des Raumes, den der Wirt Dymas zur Verfügung gestellt hatte, bestand aus einem breiten, lederbespannten Bettgestell mit erträglich sauberen Decken, einem Tisch, zwei Stühlen mit Schilfsitzen, einer Truhe für Kleider und andere Habseligkeiten, einem Gestell mit Waschkrug und Becken sowie einem Zuber mit breitem Rand, zum Aufsitzen. Leerung und Reinigung oblagen einem schwarzen Sklaven, dem Dymas am ersten Abend eine silberne Drachme mit der Eule Athens gab.
Zur Schänke gehörten ferner fünf Dirnen– eine Ägypterin, eine Hellenin, eine Halbhellenin und zwei Nubierinnen–, die abendlich einige der oberen Zimmer nutzten. Wie alle anderen wurde auch dieser Teil des Geschäfts in hellenischer Währung abgewickelt, da die wichtigsten Umsätze im Seehandel mit Hellas gemacht wurden und überdies die Münzen des Pharao Nekhetar-Khabuf (die Hellenen nannten ihn den zweiten Nektanebos) neuerdings minderwertige Beimischungen enthielten. Die Dienste der Mädchen kosteten eineinhalb Obolen oder, für die ganze Nacht, eine Drachme; die Hälfte behielt Dexippos.
Soweit Dymas beurteilen konnte, lohnte sich die Musik für den Wirt; die Schänke war beinahe jeden Abend voll. Statt der hundert Gäste, die sie faßte, seien vorher
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