Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Waren aus dem Osten, aus Babylon und Damaskos, Arabien und Tyros, die im Hafen von Pelusion umgeschlagen wurden, vor dem östlichsten Nilarm, weil die Karawanen entweder dort endeten oder stromauf zogen, statt mehrere Nilarme zu überqueren. Seeleute aus allen Ländern, Dirnen, Gaukler, Schlangenbeschwörer, Magier, Musiker, Handwerker; Schiffbauer und Frachtversicherer, Bettler und Banken. Und Spione.
    Nach dem Zusammenbruch der persischen Herrschaft über Ägypten hatte es in Kanopos das übliche Gemetzel gegeben; die Perser waren zu verhaßt, als daß man sie lediglich vertrieben hätte. Überall in Ägypten konnten gesuchte Verbrecher Zuflucht in Tempeln finden, aus denen man sie nicht mit Gewalt herausholen durfte; dieses heilige Recht galt nicht für Perser. Aber nach den ersten wüsten Unruhen hatte sich in Kanopos schnell alles wieder auf den Handel besonnen; und die Pharaonen hatten weise darauf verzichtet, die offene Stadt unter ihre tatsächliche Herrschaft zu stellen. Die Festung am anderen Nilufer diente zur Bekämpfung von Seeräubern, falls nötig, oder zur Niederschlagung größerer Unruhen, aber die Kämpfer waren keine Ägypter, sondern Söldner, in sich so gemischt wie die Bevölkerung der Stadt. Nilaufwärts, nach Süden hin, mehrere Tagesreisen entfernt, lagen die wirklichen Festungen. Und die Zollplätze. Was aus dem frei wuchernden kanopischen Handel ins Land floß, brachte dem Pharao mehr ein, als die Erhebung von Abgaben bei zwangsläufig gedrosseltem Handel unter staatlicher Aufsicht, mit streng angewandten Gesetzen hätte ergeben können.
    Bei der langsamen Fahrt flußabwärts von Naukratis machten sie keine weitere Pause an Land. Es war später Sommer, die Nächte hell und klar, der Fluß so kurz vor der Mündung harmlos. Ohne Segel und Ruder ließen sie sich von der Strömung treiben; zwei Nächte verbrachten sie an Bord, Kleonike und die schwarze Sklavin Tekhnef in der Hütte, Dymas und die anderen irgendwo an Deck. Der schwermütige Mann, Mandrokles, sprach kaum und entkleidete sich nie, beteiligte sich auch nicht an Planschereien, wenn Dymas oder die Nubier in der Hitze des Tages die Gewänder abwarfen und sich an einem Seil in den Fluß hängten. Bei diesen Gelegenheiten stellte Dymas fest, daß Kleonike aufmerksam zuschaute, Tekhnef ihn anzublinzeln schien– aber er war nicht sicher– und Mandrokles mit einem seltsamen Funkeln in den Augen die Gemächte der Männer betrachtete.
    Nach Sonnenuntergang saßen sie auf dem erhöhten Heck, ohne Lichter, um nicht noch mehr Mücken anzulocken, und redeten bis in die Nacht. Auch hieran beteiligte sich Mandrokles kaum; er stand am Steuer, starrte voraus und schien ganz mit seiner Innenwelt beschäftigt. Seine Zurückgezogenheit war die einzige an Bord mögliche; daß auch körperliche Entleerungen vor aller Augen über die Bordwand vorgenommen werden mußten– nur Kleonike verwendete einen Zuber in ihrer Hütte–, ließ Dymas die Gelassenheit der Frauen angesichts badender Männer besser begreifen. Tekhnef hängte sich bei derlei Bedürfnissen an einer Vorrichtung aus Seilen und Hölzern über die Bordwand, entkleidete sich, wenn sie schon halb im Wasser war, und badete anschließend. Mandrokles benutzte die gleiche Vorrichtung, legte lediglich vorher den Chiton ab und öffnete den Schurz unter Wasser.
    Dymas fand einige dieser Vorgänge befremdlich, hielt sich aber mit Bemerkungen zurück. Aus rein gefühlsmäßigen Gründen erwähnte er bei den Gesprächen, die sich auch um Demaratos und andere gemeinsame Bekannte drehten, seine persischen Verbindungen mit keinem Wort. Kleonike erzählte, mit einem bitteren Unterton, von der Fahrt flußauf nach Memphis– sie verwendete den ägyptischen Namen Men-nufre– und den sinnlosen Versuchen, mit den höchsten Beamten des Pharao bestimmte Vorschläge zu erörtern. Sie sprach leise, so daß außer Tekhnef, Mandrokles und Dymas keiner sie hören konnte.
    » Welche Vorschläge?«
    » Es gibt Kreise in Hellas und anderswo, die eine andere Politik wünschen. Aber Nektanebos ist ein Trottel und grausam dazu. Als Persien schwach war und Ägypten sich befreite, haben alle Völker bis nach Babylon darauf gewartet, daß die Ägypter auch ihnen helfen– aus Eigennutz, denn je weiter die Perser zurückgeworfen werden, um so sicherer ist Ägypten. Aber Nektanebos hat, anders als seine Vorfahren, nicht einmal nach dem Versuch der Wiedereroberung Ägyptens, den er vor ein paar Jahren abwehren konnte,

Weitere Kostenlose Bücher