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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zurückgeschlagen. Er hat zugesehen, wie die Phönikier und Syrer einen Aufstand entfesseln, sieht immer noch zu, obwohl jeden Tag Bittgesandtschaften aus Sidon und Damaskos zu ihm kommen, und er läßt die Leute im eigenen Land, die eine tatkräftigere Politik fordern, hinrichten.«
    » Was hast du damit zu tun, Kleonike?«
    » Ich hatte Angebote zu überbringen, ein gemeinsames Vorgehen gegen Artaxerxes betreffend. Ägypten, Sidon, Damaskos, ein Aufstand in Babylon, ein Angriff eines hellenischen Heers im Norden. Aber man hat mich nicht einmal mit dem zuständigen Berater des Pharaos reden lassen.«
    Dymas summte leise vor sich hin. » Hellenen? Welche? Wer hat denn ein Heer? Makedonien?«
    Kleonike starrte ins Wasser, das leise gluckerte. » Wer auch immer, es ist gleich. Nie gab es eine so gute Gelegenheit. Tyros steht zu den Persern, nicht aus Neigung, sondern aus Berechnung. Wenn Persien wirklich ins Wanken geriete, sagen wir: geraten wäre, durch einen ägyptischen Gegenangriff, hätten sich andere beteiligt. Die stärkste Flotte der Oikumene, Dymas; aber dann kam es zu diesem unseligen Beschluß der Korinther, und nun ist Karchedon auf Sizilien gebunden. Wenn Karchedon mitgemacht hätte, wäre auch Tyros dabei. Alles hing an Nektanebos, der sich mit nubischen Sklavinnen vergnügt und meint, die Festung Pelusion werde schon ausreichen, um einen persischen Angriff abzuwehren.«
    Dymas dachte an lange zurückliegende Berichte. Tonlos sagte er: » Als ob… die Beschlüsse in Korinth von den Persern beeinflußt wären.«
    Kleonike hob die Schultern und zupfte an ihrer Wollmütze. » In Hellas ist jederzeit zuviel persisches Gold im Umlauf.– Aber wie die Priester des Amûn sagen: Nektanebos ist ein Abkömmling von Söldnern; sein Blut ist unecht. Er ist nicht Gefäß des Amûn, nicht Sohn des Horos. Die Rettung«– nun sprach sie sehr leise– » soll aus dem Norden kommen.«
    Dymas verschränkte die Arme. » Und ich hatte gedacht, ich könnte Musik machen, ohne Politik. Jetzt hat mich alles wieder eingeholt.«
    Kleonikes Haus war sicherlich zweihundert Jahre alt, mit hundert Räumen, verwinkelten Gängen, zugemauerten Treppen, verborgenen Türen in den Wänden; mit seltsamen Luftschächten, durch die man von einem Ende des Hauses zum anderen flüstern konnte; mit erlesenen Kunstgegenständen aus der ganzen Oikumene, Meisterwerken athenischer Bildhauer vergangener Jahrhunderte, mit Tausenden Schriftrollen und mit Kellerräumen tief im Schlamm, in denen Bier und Wein kühl lagern konnten.
    Kanopos hielt alles, was Kleonike versprochen hatte. Dymas verdiente sehr gut, spielte in Schänken vor kundigen und oft begeisterten Zuhörern; er tat sich mit anderen Musikern zusammen – eine Verbindung von mehreren Flöten, Tympanon, Kithara und Harfe, letztere meisterlich gespielt von einer mitteltalten Ägypterin, die Melodiebögen entwarf und ihm für die Kithara weitergab oder seine Klangteppiche mit seltsamen Harmonien unterlegte – und nutzte Kleonikes Räume, um zu lesen und viele Lieder zu schreiben, auszufeilen und vorzubereiten. Wenn eines fertig war, verbrannte er die Rollen mit den Entwürfen und Fassungen einschließlich der letzten. Die Vorstellung, auf Papyros gefesselt in die Ewigkeit einzugehen statt mit dem Wind und den Klängen zu verwehen, schien ihm furchtbarer als ein Gefängnis.
    In der ersten Nacht in Kleonikes Haus kam Tekhnef zu ihm, und es war wie fließendes Feuer, zuckende Berge und malmendes Meer. Es ließ nicht mit der Zeit nach, wie bei allen anderen Verbindungen zuvor; es festigte sich und erhielt Tiefe durch lange Reden unter den Sternen, durch Blicke und Berührungen und Schweigen. Sie war Sklavin, seit zehn Jahren Besitz Kleonikes, gleichzeitig aber Vertraute und frei.
    Kleonikes Geschäfte, geleitet von dem schweigsamen schwermütigen Mandrokles, dessen Schwermut beim Umgang mit Geld verflog, erstreckten sich auf alles, womit man handeln konnte; außerdem besaß sie mehrere Schänken, zwei Garküchen und drei Häuser für die Lust.
    Fast drei Jahre lang vergaß Dymas die Zeit und das Schweifen. Dann geschahen jene Dinge, die ihn daran erinnerten, daß nicht einmal in Kanopos, und in Kanopos schon gar nicht, Leben ohne Entsetzen möglich war. Und ohne Politik.
    Eines Abends, als Tekhnef nicht im Haus war, holte Mandrokles ihn zu einer Besprechung. Kleonike wartete in ihrem größten Raum; sie lag ausgestreckt auf einer marmornen, mit Löwenfellen belegten Bettstatt. Ihr Gewand war

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