Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Hellene.«
Eumenes nickt. » Ich hoffe, das macht dir nichts aus. Daß ich Hellene bin.«
Antipatros grinst. » Es soll Vipern ohne Gift geben.« Er setzt sich, schiebt die Unterlippe vor, summt, starrt auf die Rollen und Tafeln. » Gute Arbeit, wie gesagt. Ich hab ja nur das andere Ende von eurer Arbeit mitgekriegt, gewissermaßen, aber es hat mich beeindruckt. Kein Vergnügen, immer zwischen Thessaliens Norden und den Grenzen Boiotiens herumzuwandern und die Dinge zu ordnen. Immerhin brauchte ich mich nicht um all das zu sorgen, was aus Pella gekommen ist. Hast du es allein geschafft?«
Eumenes setzt sich ihm gegenüber, trinkt einen Schluck Wein. » Ich habe in den letzten Jahren viel von dir und von Philipp gelernt, aber allein…? Nein. In Wahrheit hat Alexander das meiste gemacht; ich hab ihm nur geholfen. Die meisten Ideen und Anweisungen kamen von ihm. Aber das ist unwichtig; es zählt nur, daß du zufrieden bist; daß alles richtig ist.«
» Brav. Wenn ihr erwachsen seid, ihr alle, meine ich, könntet ihr am Schluß sogar ganz brauchbar werden.« Er grinst und wendet sich an Archelaos. » Setz dich zu uns. Ich muß das eine oder andere wissen.«
Archelaos geht zu einem der Regale, nimmt ein Bündel Rollen und kommt zum Tisch.
» Was ist das?« Eumenes kneift die Augen zusammen.
» Haushalt.«
Eumenes ächzt.
Ein dunkelhäutiger Sklave, unsichtbar im Schatten der Sträucher, beobachtet Olympias und Aristandros; sie stehen vor dem kleinen Altar außerhalb des Hauses auf dem Hügel. Der Eingang zur Mysterienhöhle ist versperrt. Olympias hat die Arme zum Himmel erhoben; ihr weißes Gewand flattert im frischen Wind. Aristandros beendet die Betrachtung der Eingeweide, wirft Kopf und Gedärm in einen Korb und beginnt, den geopferten Widder zu zerlegen. Die Schlange zischt und schiebt den Kopf unter Olympias’ Kleid, zwischen die Brüste.
Aristandros antwortet, sehr leise, auf beinahe geflüsterte Bemerkungen der Königin. Allmählich wird das Gespräch lauter und heftiger; schließlich läßt der Seher das Messer fallen und fährt herum.
» Du hast aber doch keinen Grund, dich einzumischen! Was machst du mit mir? Nicht zu reden vom Staat! Du weißt, ich bin dein Freund, ich versuche dir zu helfen– aber vergiß nicht, ich habe andere Pflichten. Ich bin auch der oberste Priester und Seher des Königs!«
Olympias hebt nicht einmal eine Braue. » Ruhig, Aristandros; beruhige dich. Ich habe dir nur ein paar Ratschläge gegeben. Wer würde sich denn einmischen wollen?«
Aristandros bläst die Wangen auf. » Ha. › Wer würde sich denn einmischen wollen‹– und das aus deinem Mund!«
Olympias bleibt kühl. » Ein einziges Mal habe ich mich in etwas eingemischt. Ansonsten habe ich nur guten Rat gegeben. Oder nennst du es einmischen, wenn eine Mutter sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmert? Nennst du es einmischen, wenn die Königin dem König Dinge vorschlägt?«
» Ich kenne einige deiner Vorschläge, ich erinnere mich auch an einige deiner… Eingriffe in die Erziehung. O ja, und wie. Wenn das keine Einmischung ist, was dann? Wann hättest du dich je wirklich eingemischt?«
Olympias lächelt. » Du schweigst? Versprich es– schwör es!«
Aristandros seufzt und wendet sich wieder dem Widderfleisch zu. » Ich schwöre es, bei Zeus, der Ammon ist.«
» Einmal habe ich mich eingemischt, als ich zufällig von einem schlechten Vertrag hörte, den Philipp mit jemandem abgeschlossen hatte. Damals habe ich einen Brief geschrieben.«
Aristandros zuckt zusammen, schneidet sich tief in den linken Zeigefinger, läßt das Messer fallen und hebt die Hände. » Oihr Götter! Vertrag! Und die Perser haben Hermias gefoltert. Du? Ah, aber… Das ist Verrat!«
Olympias lächelt eisig. » Kein Verrat. Ich habe es für Alexander getan. Mein Sohn ist das Gefäß des Gottes Ammon. Wie du wohl weißt. Ammon will, daß seine Herrschaft über Ägypten wiederhergestellt wird. Das ist Alexanders Aufgabe. Er wird sie erfüllen. Später. Ein Krieg Philipps gegen Persien wäre jetzt nicht sinnvoll, für Ammon.«
Aristandros starrt sie an, ungläubig, mit verzerrtem Gesicht. » Aber– ah, das ist Wahnsinn!« Er schüttelt den Kopf und rauft sich die Haare, beschmiert sie mit Blut und Darmstückchen. » Nicht zu reden von allem anderen, aber… Götter! Alexander soll nach Ägypten, das Reich der Perser zerstören, ihre Herrschaft in Ammons Land beenden– aber er kann doch nicht dorthin fliegen! Er muß durch Asien
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