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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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du kannst. Wir arbeiten alles aus.«
    An einem anderen Abend begegnet Alexander auf dem Gang Olympias und Aristandros. Sie lächeln, offenbar voller Erwartungen; er nickt ihnen kühl zu und geht weiter. Sie schauen hinterher; Olympias kaut auf der Unterlippe und verdreht die Augen. Admetos kommt aus einem anderen Raum, tritt zu ihnen; sie verschwinden in Olympias’ Gemächern.
    Alexander geht fahle flackernde Gänge entlang, vorbei an Posten, treppab, bis er eine große Halle erreicht. Musik dringt ihm entgegen, der Klang von Flöten, Kitharas und Lyren, Gelächter, klirrende Becher, die Stimmen von Frauen und Männern. Er bleibt einen Moment stehen.
    Die weißen Wandflächen spiegeln hundert Lampen und Fackeln wider; hellrote, bläuliche und ockerfarbene Rahmen und Friese entstellen das Licht, überziehen alles mit einem Traumschein. Mitten in der Halle lodert ein offenes Feuer in einer mit grünen Steinen ausgelegten Vertiefung, die eigentlich für Fußwaschungen vorgesehen ist oder, mit Matten ausgelegt, für Darbietungen von Athleten. Einige seiner Freunde und Gefährten sind anwesend, dazu Offiziere aus der Festung, Mitarbeiter der Verwaltung, andere Gäste aus der Stadt, Dirnen, Sklavinnen. Kleitos erhebt sich schwankend, als Alexander eintritt, und reckt die rechte Faust, die einen triefenden Becher hält. Dann sackt er wieder auf der weißen Steinbank zusammen, zieht ein Bein unter das andere, wühlt mit der linken Hand in den Decken und Fellen und wendet sich erneut Krateros zu, dessen Bewegungen unhörbare Worte unterstreichen. Auf einer anderen Liege hat Ptolemaios eine Amphore im Arm und ein halbnacktes Mädchen auf dem Schoß. Neben ihm liegt Perdikkas; er läßt sich von einem hübschen blonden Knaben mit rotem Beerenmund und einem dunklen Mädchen gleichzeitig liebkosen.
    Fast in der Mitte des Raums, aber eher neben als über dem Feuer, turnen zwei Zwergwüchsige auf einem schwankenden Tau. Sie schneiden Fratzen und versuchen einander zu Fall zu bringen, indem sie Weinbeeren werfen und aus halbleeren Schläuchen eine gelbliche Flüssigkeit verspritzen. Einer der Musiker in der Ecke legt Pfeile auf die tiefste Seite seiner Lyra und schießt auf einen Turm aus alten irdenen Bechern; als er endlich trifft, stürzt alles mit Getöse und Geknirsche zusammen. An einer Wand steht auf einer Plattform ein Käfig, in dem ein doppelköpfiger Hund alles verdrossen beobachtet.
    Alexander setzt sich neben Philotas; von einem Sklaven läßt er sich Wein und viel Wasser mischen, trinkt ein wenig, sieht sich um, lauscht und unterdrückt ein Gähnen. Philotas bietet ihm lächelnd Weintrauben an; Alexander dankt und pflückt einige Beeren ab.
    Später nähert sich Hephaistion, mit nacktem Oberkörper und einigen Kratz- oder Bißwunden am Hals; er zieht an der Hand ein braunhäutiges, dunkelhaariges Sklavenmädchen mit sich und beugt sich zu Alexander hinab.
    » Keine Kinder«, sagt er leise.
    Alexander nickt, lächelnd. » Kein Streit.«
    » Kein Gebrüll?«
    » Keine Eifersucht. Genieß es, Patroklos.«
    Hephaistion und das Mädchen verschwinden. Alexander lächelt immer noch, schließt die Augen, scheint zu schlummern. Perdikkas kommt zu ihm, mit dem Knaben und dem Mädchen, bietet ihm beide an. Alexander steht auf, küßt Perdikkas’ Stirn und geht hinaus. Er durchquert den Hof, nickt den Wachen zu, geht durch das Tor, wandert durch die stille nächtliche Stadt, über Straßen und Plätze, zum Stadttor. Die Posten grüßen und öffnen den mannsgroßen Durchlaß. Alexander schlendert zwischen den Hütten der Vororte entlang, bis er offenes Feld erreicht. Irgendwo schreit ein Nachtvogel; der Wind rauscht im Ried am Rand des Sumpfs. Kein Mond am Himmel, der Unendlichkeit ist, geschmückt vom gleißenden Diadem der Sterne. Alexander legt den Kopf in den Nacken, schaut hinauf und breitet die Arme aus.
    » Wie lang noch, Apelles?«
    Der Maler blickt über den mit Leintuch bespannten Holzrahmen zum breiten Bett; ein Balken Abendsonne fällt durch die Fensteröffnung und ergießt sich wie geschmolzenes Gold über das Gewirr der Glieder und Felle.
    » Macht weiter. Ich bin gleich fertig. Nur noch ein paar Striche.«
    Er ist etwa fünfunddreißig Jahre alt; sein Chiton besitzt die Farben des Regenbogens und die Reinlichkeit der Suhle eines Wildschweins. Er steht neben einem niedrigen Tisch voller Tontöpfe mit Farben, daneben Haarpinsel unterschiedlicher Dicke und Dichte; in der linken Hand hält er eine rechteckige Palette

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