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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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warten wir?«
    Lykurgos holte Luft, um etwas zu sagen, unterbrach sich aber, als es an der Tür scharrte. Er öffnete. Eine blinde schwarze Sklavin tappte herein. Sie trug ein Brett; darauf standen Becher. Ihr folgte ein kleiner Junge mit vorstehenden Augen und verquollenen Zügen; seine Zunge schien im linken Mundwinkel festgewachsen zu sein. Speichelfäden rannen ihm übers Kinn. Er trug eine halbgroße Amphore. Sie war asymmetrisch geformt, eher wie ein Ziegenbalg denn wie ein Gefäß.
    » Sieben Becher?« sagte Eubulos, als die beiden den Raum verlassen hatten. » Wer kommt denn noch?«
    Lykurgos goß ein und reichte zuerst Eubulos mit einer Verbeugung, dann Hypereides mit einem Grinsen einen Becher. » Rat mal.«
    Eubulos schnaubte. » Wenn ich wüßte, was ihr hier eigentlich bereden wollt…«
    Hypereides kam zum Tisch und lehnte sich an die Kante. » Die Lage, edler Eubulos. Was sonst?«
    » Seit wann müssen Ratsherren die Lage der Stadt Athen in einer Kneipe im Piräus bereden?«
    Lykurgos hob die Schultern. » Gewisse Teilnehmer an dieser Besprechung sollten zur Zeit in Athen nicht gesehen werden.«
    » Ah.« Eubulos trank, schluckte, blinzelte wieder. » Ich werde alt, meine Augen sind müde, meine Ohren werden immer schlechter. Vergeßlich bin ich auch.«
    Hypereides lachte; die goldene Schnalle, die über dem Wanst den Umhang zusammenhielt, hüpfte wie ein Zicklein. » Recht so. Wir sollten alles vergessen, was heute hier gesagt wird. Nur eines nicht: das, worauf wir uns am Ende einigen.«
    Eubulos knurrte leise.
    Lykurgos ließ sich auf einen Schemel sinken, blickte zur Tür, dann zu Eubulos. » Es dauert.« Seine Mundwinkel zogen sich herab. » Hoffentlich nicht zu lange. Dieser Sommer stürm…«
    Eubulos hob die Brauen. » Sommersturm? Piräus? Jemand von einem Schiff? Hm. Ich weiß nicht… Wem gehört der Laden hier?«
    Hypereides lächelte. » Wir kommen der Sache näher. In diesem Raum treffen sich gelegentlich Leute, deren Bedeutung ein Treffen erheischt; allerdings ist die Reinlichkeit ihrer Absichten bisweilen minder groß als ihre Bedeutung, und es kann geschehen, daß ihre Herkunft in bestimmten Momenten eine Wanderung durch Athen wenig ratsam erscheinen läßt.«
    » Bah.« Eubulos lehnte sich zurück und rieb den Rücken an der Wand. » Red nicht so geschwollen– falls du anders reden kannst. Wer ist es? Perser? Phönikier?«
    » Ein edler Perser. Nach der Katastrophe von Chaironeia wimmelt die Stadt ohne Zweifel von Philipps Spitzeln…«
    Eubulos verschränkte die Arme und reckte das Kinn vor. » Ich habe mit den Persern nichts zu bereden. Und Chaironeia hätte nicht stattgefunden, wenn ihr nicht alle auf das Geschwätz von Demosthenes hereingefallen wärt.«
    Lykurgos entblößte die Zähne in einem freudlosen Lächeln. » Es widerstrebt mir, edler Eubulos, ebenso wie dir, die wichtigsten Dinge der Stadt hier zu bereden. Ich bin immer für den offenen Streit und die Ehrlichkeit gewesen– wie du weißt. Es gibt aber Umstände, die behutsame Umwege erzwingen.«
    » Wer noch? Mit dem Perser sind wir vier.« Eubulos klang bestenfalls verdrossen.
    » Die edelsten Häupter Athens.« Hypereides grinste breit.
    » Unmöglich.« Eubulos kniff die Augen zu. » Einige der edelsten sind gefallen. Demades ist gefangen. Phokion ist unterwegs zu Philipp. Wer bleibt?«
    » Phokion«, murmelte Lykurgos; er kaute auf der Unterlippe. » Ein Jammer. Ein rechtschaffener Mann. Ein guter Stratege. Mit mehr Unterstützung hätte er Olynth retten können. Vor vier Jahren hat er Philipp daran gehindert, Megara zu besetzen. Er hat den Tyrannen Kleitarchos aus Eretria vertrieben und überhaupt Euboia gerettet. Nachdem Chares versagt hatte, ist es ihm zu danken, daß die Flotten Byzantion und Perinthos entsetzen konnten. Warum… warum konnten wir ihm nicht den Oberbefehl in Boiotien geben?«
    Eubulos lachte rasselnd. » Weil er ein rechtschaffener Mann ist. Ein kluger und gerechter Mann. Der sich nie auf ein Treffen im Hinterzimmer einlassen würde, ebenso wie er sich geweigert hat, etwas mit eurem wahnsinnigen Krieg zu tun zu haben.«
    Hypereides legte die Hände flach auf den Tisch; er stand gebeugt und starrte auf Eubulos hinab. » Vergangen. Vorbei. Da die anderen sich verspäten, laß uns schon mal anfangen.«
    » Womit?«
    » Mit den Dingen, um die es geht.« Er richtete sich wieder auf und zählte an den Fingern ab. » Philipp hat gesiegt; was werden seine Forderungen sein? Die Vernichtung Athens? Theben

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