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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der kargen Kost, der Enthaltsamkeit des Morgens und der gewaltigen Anstrengung des Kampfs ergaben die Krieger sich dem Sieg, unterlagen dem Triumph. Teile der gegnerischen Ausrüstung, die Bettgestelle der athenischen Führer, die Klapptische und Schemel der boiotischen Offiziere wurden zu Feuerholz, über dem sich an Sarissen halbe Ochsen drehten. Besonders beeindruckt waren die makedonischen Truppen von den ungeheuren Weinvorräten der hellenischen Verbündeten.
    Sklaven und Gefangene trugen Verwundete beider Seiten dorthin, wo die makedonischen und hellenischen Heiler, von Parmenion nach der Schlacht allesamt Drakon unterstellt, ihre Zelte und Werkzeuge hatten, halb im Schatten eines Felsvorsprungs am Fuß des Akontion und oberhalb der Latrinen. Hier war das Wasser des Kephissos noch sauber.
    Drakon kniete neben einem blutüberströmten Mann, dessen linker Arm entsetzlich zerfleischt und mehrfach gebrochen war; er hing so gut wie leblos von der Schulter. Drakon kaute auf einem breiten Grashalm. In der Hand hielt er eine scheußliche Säge mit groben Zähnen, verkrustet und an mehreren Stellen rostig.
    » Haltet ihn gut fest!«
    Drei Männer drückten den Verwundeten auf den niedrigen Tisch; ein vierter nahm den über die Kante baumelnden Arm und zog ihn straff. Der Krieger kreischte vor Schmerzen und Furcht, konnte aber die Augen nicht von Drakons Säge abwenden. Dann sackte sein Kopf, er verlor das Bewußtsein.
    Erigyios, Ptolemaios, Kleitos, ein paar Schreiber und mehrere überlebende Führer der Heiligen Schar gingen über den Teil des Schlachtfelds, wo der von Alexander geführte Reiterangriff den Verband der Besten Thebens zertrümmert hatte. Philipps Anweisungen waren lästig und eindeutig: die Toten zu ehren und Namenslisten anzulegen.
    Pausanias kam von einem der Feuer unterhalb Chaironeias zum König, um über die Verwundeten und Gefallenen der Leibtruppe zu berichten; er sah Attalos, der neben Philipp stand, spuckte aus und wandte sich ab.
    Eine große Menge entwaffneter Hellenen, unter ihnen Demades, hockte zwischen vier Feuern, bewacht von kretischen Bogenschützen und wandernden Posten. Einer der Makedonen, in voller Rüstung, biß in ein halbes Huhn, während er auf und ab ging; die andere Hälfte steckte auf der Spitze seiner Lanze. Gefangene und Sklaven schleppten Brotfladen, Wasserschläuche, einige Weingefäße und Kessel mit Brühe zu den Hellenen.
    Philipp, Parmenion und Alexander standen mit Truppenführern in der Nähe und berieten. Hephaistion, den Kopf mit einem blutigen Fetzen umwickelt, ließ sich auf einen herumliegenden Bettzeugbeutel fallen, verschränkte die Arme über dem Knie und legte das Gesicht in die linke Ellenbeuge. Immer mehr Makedonen sammelten sich um den König, der plötzlich in die Hände klatschte und brüllte: » Ruhe!« Dabei grinste er. Während der Lärm abebbte, legte er den Arm um Parmenion, der sich halb umgedreht hatte und zusah, wie gefallene Athener zu einem abgeteilten Feldstück getragen wurden; auch dort standen Schreiber und Gefangene, die vielleicht einige Namen der Toten nennen konnten.
    » Das ist alles, was blieb vom Antrag des Demosthenes«, sagte Parmenion heiser.
    Philipp, der sich eben seinen Kriegern zugewandt hatte, stand mit offenem Mund und stieß ein jaulendes Geräusch aus; Parmenion zuckte zusammen.
    » Der Antrag des Demosthenes!« schrie der König.
    Die Offiziere, dann die übrigen Kämpfer nahmen den Ruf auf, unter Gejohle und Gelächter; sie begannen einen Rhythmus zu klatschen und wiederholten die Formel noch und noch. Philipp und Parmenion, Attalos, Demetrios, Antigonos, Koinos und andere bildeten eine lange Reihe, die Arme ausgestreckt und auf die Schultern des Nebenmannes gelegt, tanzten vor, zurück und seitwärts, mit gemessenen Schritten, zu dem brausenden Gesang: » der AN trag DES dem OS the NES – der AN trag DES dem OS the NES – der AN trag DES dem OS the NES …«
    Alexander war zu Hephaistion getreten; beide sahen mit einem halben Lächeln zu. Aus der unübersehbaren Masse der Gefangenen sprang plötzlich Demades auf und brüllte mit der Stimme des erfahrenen Redners: » HALT !« Dann, als einige der singenden Tänzer sich unterbrachen und zu ihm umschauten, rief er:
    » Hört auf damit! Es ist widerlich und schändet die Götter!«
    Wachen kamen von zwei Seiten und wollten sich einen Weg zu ihm bahnen, durch die Menge der hockenden und sitzenden Gefangenen. Alexander klatschte in die Hände und rief: » Halt, laßt

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