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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Eubulos, im Vertrauen zwischen guten alten Feinden: Wenn es um Sachfragen geht, arbeite ich sehr gern mit dir zusammen. Dein Wissen ist zu wertvoll, als daß man es brachliegen lassen sollte. Über das, was wir als Stolz Athens betrachten, müssen wir uns dabei ja nicht streiten.«
    Eubulos blinzelte. » Diese Versöhnlichkeit verstört mich. Laß uns doch bitte den Anstand wahren und nicht so tun, als hätten wir mehr gemein, jenseits von Sorgen um die Gelder der Stadt. Und der Stolz Athens? Wir sollten stolz darauf sein, daß heute niemand hungern muß. Daß die Waisen genährt und die Witwen getröstet sind. Das, edler Lykurgos, wäre mein Stolz– wenn ich noch ein Amt besäße. Daß wir nicht mehr damit befaßt sind, andere Hellenen umzubringen, bedrückt mich keineswegs.«
    Lykurgos nickte stumm; seine Mundwinkel zogen sich abwärts. Nebeneinander verließen sie das Ratsgebäude. Im Schatten, in den Räumen des steinernen Hauses, hatten sie bereits geschwitzt; die Hitze draußen, auf dem Platz, in der Vormittagssonne, traf sie wie ein Keulenschlag. Schweigend gingen sie über die Agora.
    In der Mitte des Platzes wartete eine Geistererscheinung auf sie. Eine einsame Gestalt, in einem weißen Festtagsgewand, auf dem Kopf einen Lorbeerkranz, drehte sich langsam im Kreis, die Arme ausgebreitet. Lykurgos blieb stehen und berührte Eubulos’ Arm.
    » Durchgedreht«, sagte er leise. » Armes Schwein. Gestern ist seine einzige Tochter gestorben.«
    » Dank seiner und deiner Reden sind bei Chaironeia tausend Athener sinnlos gestorben. Mein Mitgefühl hat Grenzen.«
    Lykurgos grunzte und ging weiter. Demosthenes bemerkte sie, hörte mit dem langsamen Tanz auf, ließ die Arme sinken und sah ihnen entgegen. Sein von Hitze und Empfindungen gerötetes Gesicht troff; er stank nach Wein und Erbrochenem.
    » Freude, o Freude– Athener, frohlocket«, schrie er. Dann tanzte er wieder; dazu schlug er mit den Armen wie mit Flügeln.
    » Freude?« Eubulos gluckste. » Über den Wahnsinn des Demosthenes?«
    » Demosthenes war nie klarer als heute.« Der Politiker drehte sich schneller, taumelte, blieb stehen, klatschte in die Hände und machte einen Luftsprung. » Nie war Demosthenes so sehr Herr seiner selbst. Nie war ein Tag der Freude wie dieser. Frohlocket, Athener, ihr seid wieder frei!«
    Lykurgos und Eubulos wechselten einen Blick.
    » Es ist nämlich so.« Demosthenes streckte die Arme aus, als ob er die beiden Männer an sein beflecktes Gewand drücken wollte. » Heute früh gelang einem Dolch in Aigai, was den Schwertern und Lanzen in Chaironeia verwehrt blieb. Der Tyrann ist tot. Philipp ist gefallen. Goldener Tag der Freiheit für Hellas!«
    » Woher willst du das wissen?« Eubulos zog die Brauen zusammen. » Wenn du nicht allzu sehr von Sonne und Wein geküßt wurdest…«
    » Ich weiß es.« Demosthenes lachte laut.
    » Aber auch der schnellste Bote braucht drei Tage, mindestens, von Makedonien hierher.«
    Demosthenes nickte heftig und klatschte wieder in die Hände. » In drei Tagen werdet ihr es glauben. Frohlocket, Athener.«
    Eubulos wandte sich kopfschüttelnd ab. » Was immer ich in drei Tagen glauben werde«, sagte er über die Schulter, » frohlocken werde ich sicher nicht. Ich werde mich fragen.«
    » Was wirst du dich fragen?«
    Eubulos sah Lykurgos eindringlich an. » Entweder ist er wahnsinnig. Oder… er weiß zu früh zu viel.«

17 .
    Alexander
    In der Nähe des Palastes prallte Aristoteles mit Demaratos zusammen, der blindlings aus einer Gasse gerannt kam.
    » Wohin willst du so eilig? Das Unheil ist geschehen, Freund. Lauf ihm nicht nach.«
    Demaratos zupfte an seinem Gürtel. Er hatte schlichte Alltagskleidung angelegt. » Ich muß, ah, ich suche Alexander. Oder Antipatros. Oder einen anderen Hochrangigen.«
    Aristoteles wies mit dem Daumen hinter sich. » Da ist der Palast. Zähl die Wachen; keine Maus kommt durch. Kein Wunder, an diesem Tag.«
    » Du kennst sie doch…«
    Aristoteles schnaubte. » Es ist gleich, ob Lehrer oder Gastfreund. Der König ist ermordet worden, und jetzt müssen die alten und die jungen Wölfe entweder das Fell aufteilen oder zusammenhalten. Dabei brauchen sie keine Fremden.«
    Zwei Reihen Schwerbewaffneter riegelten den kleinen alten Königspalast ab. Er lag am Rand von Aigai, an einem Platz, auf den sieben Gassen mündeten. Ziersäulen und Bogengänge über Läden und vor Schänken ließen den Platz kleiner und dabei prächtiger scheinen. Die Vorderseite des Palasts mit

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