Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
zum Ältesten. Dieser kniete nicht.
    » Die Fürsten und Väter!« sagte Kleitos. Er reichte dem Ältesten das Schwert und murmelte etwas. Der alte Fürst hob die Brauen und nickte knapp. Er wandte sich der Versammlung zu, stemmte das große Schwert, zeigte es.
    » Wir konnten ruhen, denn das Schwert des Königs wachte und schützte uns.« Seine Stimme hallte durch das Theater. » Der König konnte ruhen, denn Antipatros hielt Wache. Der König wird ruhen, denn Antipatros wird wachen.« Er reichte das Schwert weiter. Antipatros nahm es und hielt es hoch.
    » Hüter des Friedens«, sagte der Älteste der Fürsten. » Bewahrer des Schwerts der Könige. Bis das Volk und die Väter den neuen König wählen, muß einer herrschen und hüten. Willst du das Schwert bis dahin tragen, oder willst du es einem geben, der würdig ist, bis zum Tag der Wahl die Macht auszuüben?«
    Antipatros hielt das Schwert auf seinen ausgestreckten Armen. Er wandte sich um, dorthin, wo der Leichnam des Königs lag. Alexander stand bleich und gefaßt, das weiße Gewand vom Blut seines Vaters besudelt. Neben ihm der König von Epeiros, Alexandros. An ihre Seite war noch einer getreten, ein kräftiger junger Mann, vier Jahre älter als Alexander: Amyntas, Sohn des Perdikkas– Philipps Neffe, für den Philipp zunächst als Vormund geherrscht hatte, ehe er selbst zum König gewählt worden war.
    Antipatros ging zu den drei jungen Männern. Seine Schritte wurden immer langsamer, immer schwerer. Er kniete vor ihnen nieder, neben dem Leichnam Philipps. Die Spitze des Schwerts berührte den Boden. Antipatros hielt den Kopf gesenkt; er betrachtete das Gesicht des toten Herrschers, des ermordeten Freundes. Dann blickte er auf.
    Alexandros von Epeiros hatte die Arme verschränkt; sein Gesicht war Trauer und Beherrschung. Alexander, in der Mitte, starrte in die Ferne, mit brennenden Augen; seine Arme hingen wie leblos herab. Amyntas blinzelte schnell; er betrachtete den Griff des Schwerts, dann Antipatros. Die linke Hand lag an seiner Hüfte, die rechte kroch wie von selbst durch die Luft nach vorn.
    Antipatros hielt die Klinge; die Spitze berührte noch immer den Boden. Langsam bewegte er die Arme. Das Schwert kippte, neigte sich, der Knauf berührte Alexanders Brust.
    Philipps Sohn kehrte aus weiter Ferne zurück. Mit der Rechten nahm er die Waffe; mit der linken Hand ergriff er Antipatros’ Rechte und zog ihn hoch. Er hob das Schwert.
    Kleitos blickte die Bläser an. Die schrillen, mißtönenden Klänge aus den Salpingen hallten durch das Theater. Archelaos und Aristandros traten zu Alexander, der das Schwert wieder ins Tuch legte, das der Hausmeister hinhielt. Der Priester wickelte die Waffe ein.
    » Es ist wohl– bis zur Wahl.« Der Älteste der Fürsten legte eine Hand auf Alexanders Schulter. » Bis das Volk und die Väter den neuen König bestimmen, wollen wir klagen. Geht heim, Freunde, und auch ihr, Gastfreunde, und klagt um ihn, der unter uns der Größte war.«
    An diesem Tag schwitzte sogar der eisige Lykurgos. Es war schwül; die Hitze hing wie ein umgestülptes Suppengefäß über Athen. Kein Wind. Die Sonne stand hoch im Südosten.
    Eubulos erhob sich ächzend. Der alte Mann trug nur einen Leinenschurz und einen schmalen Umhang, der eher dazu diente, den Schweiß aufzusaugen. » Noch etwas?«
    Lykurgos blickte ihn an, als ob er die Rippen zählen wollte, die durch die Haut nach außen strebten. Mit einer matten Bewegung schob er das Tintentöpfchen von sich und rollte den Papyros ein.
    » Nein, das wäre alles. Ich danke dir, edler Eubulos. Ohne deine Hilfe hätte diese, ah, Unregelmäßigkeit nicht so schnell geklärt werden können.«
    Der Greis hustete und hielt sich einen Moment an der Tischkante fest. » Die Gelder der Stadt…« Er knurrte, räusperte sich, schluckte Schleim. » Es sieht besser aus als in vielen anderen Jahren.«
    Lykurgos wischte sich die schweißnasse Hand am Chiton und stand ebenfalls auf. » Philipps Friede.« Er schnitt eine Grimasse. » Der Zuwachs im Handel und die Ersparnisse durch den Wegfall von Teilen der Rüstungskosten machen mehr aus als die Verluste, der Ausfall der Tributzahlungen unserer alten Bundesgenossen. Aber… Athen ist entmannt, Eubulos.«
    Der alte Mann hob die Brauen und stampfte mit dem Stock auf die Fliesen. » Unsinn. Entmannt, pah. Schau dich um. Die Stadt wimmelt von Kindern. Keines davon hat Philipp gezeugt.«
    Lykurgos lachte. » Du weißt, was ich meine. Übrigens, unter uns,

Weitere Kostenlose Bücher