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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gehört. Altes makedonisches Königsland. Der Rest? Ein paar Flecken hier, ein paar Flicken da, beherrscht von Gebietsfürsten: Almopier, Pelagonier, Lynkesten, Eordier, Elimioten, Pierier, Oresten, was du willst. Olynth, Athen, Theben, die Thessalier, drei Sorten Barbaren, neuerdings auch noch von Südwesten her die Molosser…«
    Aristoteles brütete eine Weile. Schließlich sagte er: » Ein von allen Seiten bedrohter Trümmerhaufen also. Ich hörte, Perdikkas habe versucht, die Dinge zu verbessern.«
    Parmenion schlug mit der flachen Hand gegen das Kurzschwert. » Er hätte diese Arznei gründlicher verwenden sollen. Immerhin, ja, er hat es versucht. Früher, als die Könige stark waren, gab es jene kluge Einrichtung der Königlichen Knaben. Söhne von Gebietsfürsten, die als Geiseln und Zöglinge am Hof lebten und aus denen der König seine Unterführer und Berater wählen konnte. Perdikkas hat versucht, das wieder einzuführen. Ich habe Perdikkas dazu gebracht, über seine Leibwache hinaus einen Kern dauernd verfügbarer Kämpfer aufzustellen. Aber so etwas kostet viel Silber; Silber kann nur von den Fürsten kommen und aus Abgaben; die Fürsten sind aber gegen diese Verwendung von Silber, weil der König zu stark werden könnte, also leisten sie keine Zahlungen. Ein Fürst jenseits des Axios wollte mit dem alten Zwist aufhören; ein Mörder hat ihn daran gehindert, und der Mörder kam aus Athen…«
    Sie erreichten den Paß. Parmenion mußte das Gespräch abbrechen und sich um wichtigere Belange kümmern. Drakon und Aristoteles vertieften sich in Kindheitserinnerungen, am Feuer vor Drakons Zelt. Abends kamen die Ältesten des Dorfs wieder mit Parmenion zusammen, um die Beratungen abzuschließen. Aristoteles lauschte schweigend; später nahm er Parmenions Einladung an, den Händlerzug zu verlassen und mit nach Pella zu reiten, wo er ein Schiff nach Athen würde finden können.
    Am nächsten Morgen gab Parmenion dem zurückbleibenden Unterführer letzte Anweisungen; die Reiter und Fußkämpfer versammelten sich auf dem Dorfplatz, um den Troß. Drakon hockte auf einem Ochsenkarren und erneuerte den Verband bei einem der Leichtverletzten; dabei kaute er auf dem Stengel einer grünen Pflanze. Weit über hundert junge Männer aus dem Dorf und den umliegenden Gebieten schlossen sich der Truppe an; weitere hundert würden von den verbleibenden Kämpfern ausgebildet werden.
    » Gute dramatische Aufführung gestern«, sagte Phlebas; er lehnte an seinem mit Saatgut und Werkzeug beladenen Karren. » Die haben gesehen, was richtige Kämpfer ausrichten können. Aber muß ich wirklich…?« Sein Gesicht war finster.
    Parmenion zupfte an einem Bändchen in der Mähne seines Hengstes. » Du wirst sie unterrichten. Wenn du wirklich gut bist, werde ich in einem Jahr darüber nachdenken, ob ich dich freilasse, Sklave.«
    Phlebas schnaufte. » Vielleicht läßt du mich aber auch nicht frei, wie?«
    Parmenion lachte. » Ah, du weißt, gute Sklaven sind selten in diesen würdelosen Zeiten.«
    Ein kleiner Junge, vielleicht fünf Jahre alt, berührte Parmenions Bein. Er hatte sich von einem älteren Bruder verabschiedet, der mitzog. » Herr«, sagte er weinerlich, » warum kann ich nicht auch mitkommen?«
    Parmenion beugte sich herab, ergriff den Jungen und hob ihn vor sich auf den Pferderücken. Er zwinkerte der Mutter zu, die besorgt herbeieilte. » Kleiner Krieger, du mußt noch ein bißchen wachsen. Aber ich werde an dich denken. In zehn Jahren hole ich dich, falls du nicht vorher von selbst kommst. Wie heißt du? Sag es mir, damit ich es nicht vergesse.«
    » Emes«, flüsterte der Kleine.
    Parmenion tätschelte ihm die Wange und reichte ihn der Mutter. » Emes, künftiger Krieger des Königs, leb wohl. Und vergiß nicht: essen und wachsen!«
    Aristoteles ritt eine Weile neben Drakons Karren, auf dem er seine Habseligkeiten untergebracht hatte. Später trieb er sein Pferd nach vorn, dorthin, wo Parmenion ritt.
    Der Stratege starrte voraus; das Tal öffnete sich zur Ebene. Ein Raubvogel kreiste über dem Gesträuch am Fuß des letzten Berges. Die Straße berührte den Rand eines verschilften Sees und führte dann in einen hellen Wald. Die Spätherbstsonne reizte Pflanzen, Düfte und Mücken noch einmal zu fast panischem Leben. Weit voraus, auf einem Hügel in der Ebene, bewegte sich etwas: Ein Pfeil, an dem ein weißer Tuchstreifen hing, stieg in den Himmel. Parmenion lächelte knapp.
    » Deine Kundschafter?«
    Der Stratege

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