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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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des Königs ist wie Erdbeben und Springflut.«
    » Bah.« Parmenion warf eine Handvoll Sand nach dem Arzt. » Ich brauche deine weisen Reden nicht, Knochenrenker. Und sie sieht aus wie die Alte, sagst du? Die lynkestische Hexe?«
    Antipatros ließ sich auf den Rücken sinken. » Wie eine jüngere Schwester. Eine jüngere Zwillingsschwester, wenn es das gäbe.«
    Drakon schlug mit der flachen Hand aufs Wasser. » Was regt ihr euch auf? Habt ihr noch nie bemerkt, daß die Frau, die ein Mann wählt, sehr oft seiner Mutter gleicht?«
    Parmenion nahm den leichten Helm ab, füllte ihn mit Sand und goß ihn wieder aus. Nicht weit von Drakon hockte eine Möwe auf einem Fischkadaver. Sie blickte zu den Männern herüber und zeterte leise. Aus dem Wald oberhalb des Strands klangen die Stimmen von Pilgern, die vom Tempel zur Stadt gingen.
    » Ich mag das nicht… Wenn sie so ist und nicht nur so aussieht… Nach dem, was du sagst, hat sie die gleiche Kraft, die gleiche Wucht. Wenn sie nicht nur so aussieht, sondern wirklich so ist, dann… Und er hat sie als Fürstin der Makedonen bezeichnet, ja? Seine vierte Frau, mit deiner tätigen Mitwirkung, du Arschgesicht und Windbeutelgehirn.«
    Antipatros schob den Helm in den Nacken. » Zu freundlich; allzu freundlich. Was hättest du denn gemacht?«
    » Ah, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, es gefällt mir nicht. Warum macht er sie denn gleich zur Herrscherin? Wäre es nicht genug, wenn er tausend Nächte lang seinen nimmermüden Dolch in ihre Scheide schöbe und ein paar Kinder machte? Die vierte Frau, ebensowenig Königin wie die ersten drei? Warum soll sie herrschen?« Er gluckste. » Wenn sie so ist wie die Alte, dann wird er sie am Ende umbringen.«
    » Oder sie ihn. Vergiß diese Möglichkeit nicht«, sagte Drakon.
    Antipatros winkte ab. » Philipp ist zäh. Mich beunruhigt etwas anderes.«
    Parmenion betrachtete ihn mit herabgezogenen Brauen. » Da ist etwas in deiner Stimme, was mir fast genauso mißfällt wie alles andere. Bis auf die Art, wie er mit den Priestern umgesprungen ist.«
    Antipatros stand auf, ging ein paar Schritte hin und her, klopfte den Sand von seinem Chiton und setzte sich wieder. » Irgendwas geht da vor sich… Die Priester haben sie ihm als hetaira ausgesucht. Unser Aristandros, dieser Leberleser und Zeichenzähler, ist eine miese Krähe, wenn es je unter Priestern etwas anderes gab, aber dumm ist er nicht. Und die anderen… Warum, Parmenion, warum suchen sie ausgerechnet diese Frau als hetaira für ihn aus? Tochter des Neoptolemos, Nichte von Arybbas, der in Epeiros herrscht, solange Olympias’ Bruder Alexandros zu klein ist? Sie muß lange vorbereitet worden sein. Sie ist ausgebildet, verstehst du– so gut wie Priesterin. Und sie sieht aus wie Eurydike. Zu viele Zufälle. Und dann hat sie auch noch das gleiche Amulett wie die Alte.«
    Parmenion erstarrte. » Was für ein Amulett?«
    Antipatros malte die Umrisse in den Sand. » Aus Gold, wie es sich gehört. Ein ägyptisches ankh, dieses Henkelkreuz oder Schleifenkreuz, Zeichen für Lebenskraft, notfalls auch langes Leben nach dem Tod; und das udjat- Auge, das Falkenauge des Gottes Horos. Zeichen für Weitsicht, Hellsicht, Voraussicht, für Fruchtbarkeit und Macht. Beide Zeichen sind alt; und altbekannt. Aber das Auge in der Schleife des ankh – seit wann bringt man sie zusammen, und was bedeutet es?«
    » Die Lynkestin und ihr Beschäler, dieser Halbägypter, die hatten es«, sagte Parmenion leise.
    » Aristoteles hat auch so ein Ding; bei ihm bedeutet es nichts– er sagt, er hat es von einem alten Händler, der weit im Norden gestorben ist. Einfach als Erinnerung. Aber die Lynkestin und jetzt die Molosserin, und immer ist ein Ägypter oder Halbägypter dabei… Es gefällt mir nicht; nein, ich mag das alles überhaupt nicht.«
    » Morgen früh fahren wir. Habt ihr alles vorbereitet? Und: Was machen die Gespräche mit fremden Menschen?« Philipp nahm mit beiden Händen den Becher von Drakon entgegen. Mit steifen Schritten ging er zur steinernen Bank und sackte ächzend auf das Bärenfell.
    » Das Schiff ist bereit.« Parmenion rieb sich verdrossen die nackte Wange und das geschorene Kinn. » Wir haben viele kluge Reden gewechselt mit klugen Männern. Willst du das alles genau wissen– jetzt?«
    Philipp trank, gluckste, trank noch einmal. » Nein. Schlafen, allein; vielleicht träumen. Ohhhh. Bereden können wir das an Bord.«
    Parmenion nickte. » Wie du willst. Wo sind dein Seher und die

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