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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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» Welcher der vielen?«
    » Der Händler aus Kition– Hasdrubal.«
    Der Sklave deutet auf einen der vier Eingänge. » Hinter jenem Vorhang, Herr.«
    Demosthenes geht zum bezeichneten Durchgang, teilt den Vorhang, durchquert einen Gang, einen weiteren Innenhof, kratzt an einer schweren Holztür. Eine schwarze Sklavin öffnet, mustert ihn, nickt und läßt ihn ein.
    Der phönikische Händler trägt ein langes Wollgewand und eine dunkelgraue Kappe; er liegt auf einem Lederlager, neben einem niedrigen Tisch mit Wein und Früchten. Ohne aufzustehen deutet er auf eine zweite Liege. Demosthenes läßt sich nieder.
    » Nun? Wie ist es abgelaufen?«
    Demosthenes nimmt die Kiesel aus dem Mund, steckt sie in den Beutel, trinkt einen Schluck aus dem Becher, den die Sklavin gefüllt hat. » Die Bürger Athens haben beschlossen, ihre Waffen nicht gegen den Großkönig zu erheben. Ich habe sie davon überzeugen können, daß Artaxerxes voller Wohlwollen ist.«
    Hasdrubal lächelt. » Der Großkönig, o edler Demosthenes, ist wahrhaft voller Wohlwollen.«
    » In welchem Ausmaß?«
    Hasdrubal klatscht in die Hände. Zwei Sklaven schleppen eine Truhe aus feingeschnitztem schwarzen Holz herein und setzen sie ab.
    » Du kannst sie öffnen, mein Freund. Dies ist ein Teil des persischen Wohlwollens.«
    Demosthenes öffnet den Deckel. Die große Kiste ist voller Goldmünzen.
    » Wieviel?«
    Hasdrubal kichert. » Zwei Talente in Gold, edler Demosthenes. Im Moment etwa achtundzwanzig in Silber. Nicht ganz hundertsiebzigtausend Drachmen.«
    Demosthenes schließt die Kiste, nickt, trinkt mehr Wein. Dann, halblaut: » Ich brauche eine Auskunft. Wie du vielleicht weißt, habe ich eine Hand, nun ja, den kleinen Finger im Sklavenhandel.«
    » Ich weiß von deiner gedeihlichen Versicherung.«
    » Zufällig höre ich von vielen Dingen. Wer mit einem Teil des Sklavenhandels befaßt ist, erfährt oft von anderen Teilen.«
    Hasdrubal lächelt. » So ist es. Und?«
    » Wie ich hörte, ist nach gewissen… Auseinandersetzungen zwischen deinen nicht mehr ganz phönikischen Verwandten im Norden Libyens, Karchedon, und anderen Gegenden ein kleiner Posten hellhäutiger Knaben verfügbar. Aus italischen, sikeliotischen, iberischen Gebieten. Nun ist ein Knabe nicht viel wert, es sei denn, er besäße besondere Fähigkeiten. Ausgebildete Eigenschaften, gewissermaßen. Sagen wir: ein wohlerzogener Männerfreund, gebildet und… verschnitten.«
    Hasdrubal setzt sich aufrecht; sein Gesicht zeigt eine Mischung aus Staunen und Abwehr. » Widerlich. Machst du so etwas? Also, das…«
    Demosthenes bewegt die Hand. » Nicht im Traum würde ich daran denken, etwas so Scheußliches zu tun– eigenhändig. Ein Knabe ist bestenfalls zwei Minen wert, nicht wahr? Zweihundert Drachmen. Aber was würden deine persischen Freunde für einen wohlerzogenen, hellhäutigen, liebevollen Knaben zahlen– nicht zu reden von anderen Eigenschaften?«
    Hasdrubal kann seinen Widerwillen nicht ganz unterdrücken. Langsam sagt er: » Vielleicht das Doppelte.«
    » Und könntest du…?«
    Hasdrubal seufzt. » Es wäre dreckiges Geld. Was ist für mich dabei zu verdienen?«
    Demosthenes lächelt. » Ein Viertel?«
    Hasdrubal zeigt die Zähne. » Ein Drittel.«
    Demosthenes ächzt. » Wenn es sein muß…«
    Weitere Bilder, manchmal wie durch Wasser betrachtet oder aus der Ferne; Peukestas kannte ihre Bedeutung, auch ohne begleitende Worte von Aristoteles. Oder hörte er doch die Stimme des Greises, nahm sie aber nicht bewußt wahr? Bei einigen Bildern spürte er etwas wie eine unter allem liegende Stimmung – Mitleid, Bedauern, Scham, Spott; es waren Empfindungen, die nicht zu den Bildern gehörten, sondern zu Aristoteles, die sich aber auf Peukestas übertrugen: Scham des Hellenen, der berichtete, wie Artabazos, Verwandter der Großkönige, Feldherr des Artaxerxes Mnemon, dann Satrap einer wichtigen nordwestlichen Provinz, sich mit dem Großkönig Artaxerxes Ochos überwarf – Artabazos, unterstützt vom Rhodier Memnon und von rhodischen, attischen, lakedaimonischen Söldnern, Hellenen allesamt, verlor den Kampf gegen das Heer des Großkönigs, dessen erste Reihen ebenfalls aus hellenischen Söldnern bestanden: Hellenen, die für einen Barbarenherrscher gegen einen Barbarenfürsten und dessen Hellenen kämpften. Andere Hellenen, von Memnons Bruder Mentor aus Ägypten nach Phönikien gebracht, kämpften mit den Männern von Sidon gegen andere Hellenen, die zusammen mit den vielen Völkern

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