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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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lockert sich ein wenig; ein paar Männer lachen. Der ältere Kämpfer berät sich mit anderen; dann wendet er sich wieder an Parmenion.
    » Wir wollen gutmachen, was wir getan haben, Herr. Gib uns Zeit, die Häuser wieder aufzubauen; dann führ uns weiter.«
    » Ich kann euch nicht führen– andere haben euch hier geführt.«
    » Wir wollen von dir geführt werden, Parmenion– Vater. Was soll mit denen geschehen, denen wir gefolgt sind?«
    Überall Gedränge; an die dreißig Männer werden von den übrigen nach vorn geschoben, einige sind trotzig, die anderen jäh ernüchtert und angstvoll.
    Parmenion blickt zum Rand der Agora. » Die Plünderer und Frauenschänder?«
    Söldner führen weitere zwanzig Männer zum Mittelpunkt des Platzes. Parmenion richtet sich auf.
    » Seid ihr Männer? Oder soll ich den Tapferen, die nicht zerbrochen sind, den Fremden, die gegen Geld getan haben, wozu Makedonen ohne Bezahlung fähig sein müßten, den Befehl geben?«
    Es dauert nicht lange; nach wenigen Augenblicken sind die abgesonderten Aufrührer, Plünderer und Vergewaltiger gerichtet, von den Speeren ihrer ehemaligen Gefährten durchbohrt.
    Parmenion betrachtet düster die Offiziere, die in der Stadt genächtigt haben. » Ihr da, geht heim zu euren Müttern. Nehmt eure Schande mit.– Herren der Stadt, Verwalter und Beamte des Königs: Holt eure geflohenen Mitbürger zurück. Die Krieger des Königs werden aufbauen, was zerstört wurde. Gebt ihnen zu essen; sie sind hungrig. Parmenion und Philipp werden alles bezahlen.«
    In Athen lauscht Dymas den besten Kitharisten, hört die Lieder der größten Kitharoden, lernt die überlieferten Gesänge von Sappho, Alkaion und anderen Dichtern. Er verkauft das Barbiton; in den Schänken nahe der Agora bläst er den Aulos und spielt die Kithara, aber meistens verschmähen die feinen Athener seine neue Musik, die Hellenisches und Asiatisches vermengt und die Regeln herkömmlicher Liederdichtung und Begleitung übertritt. In den ärmeren Vierteln, wo weitgereiste Meistermusiker in ihren prunkvollen Gewändern selten hinkommen, wo jene leben, die keine Zeit haben, sich überkommenen Haarspaltereien, Vorschriften und theoretischen Verfeinerungen hinzugeben, lauscht man ihm gern; die frechen Worte, die perlenden Töne sind angenehm zu hören am Ende eines langen, heißen, mühseligen Arbeitstags. Einmal spielt er in einer Schänke, in die sich ein drahtiger, dunkelhaariger Handelsherr aus Korinth verirrt hat; im Piräus, wo Seefahrer aus der ganzen Oikumene Zerstreuung suchen, ehe sie sich wieder hinauswagen, spricht er Phönikisch mit Männern, die nicht aus Tyros stammen, sondern aus dem fernen Westen. Nach einem dieser Gespräche findet er einen Beutel in der Ledertasche für die Kithara; am nächsten Tag sucht er mehrere Feinschmiede auf, findet aber keinen, der die in Karchedon angefertigten Wirbel und Zahnräder in der nötigen Feinheit nachmachen kann. Er entsinnt sich seiner Zeit als Holzwerker, schnitzt die Dinge, die er braucht, drückt sie bei einer Töpferin in weichen Ton, nimmt die gebrannten Formen mit zu einem Eisengießer. Von einem der Schmiede, denen er die fertigen Wirbel zu ihrem Neid zeigt, läßt er sich flache, breite Ringe für die Fingerkuppen machen.
    Zwei Jahre bleibt er in Athen; zuerst schläft er unter dem bestirnten Himmel, dann einige Monde bei einer Dirne, schließlich bei der Töpferin, deren kunstfertige Finger Wunderwerke erzeugen. Ein korinthischer Händler kauft nach und nach fast alles auf, was sie herstellen kann; einige Amphoren gelangen bis zu den Märkten von Karchedon und zieren ein altes Herrenhaus unter den Zypressen des nördlichen Vorlands.
    Nach zwei Jahren bricht er wieder auf, zieht über Megara nach Korinth, wo er sich mit einem edlen Handelsherren streitet und wieder versöhnt; weiter nach Sparta, wo man ihn wegen seiner unerhörten Musik zu steinigen droht. Im Hafen von Gytheion hört er von der Niederlage des makedonischen Emporkömmlings Philipp gegen die Phoker. Als er in Kyrene von Bord geht, beginnt auch dort der– milde– Winter, und er erfreut sich der Gastlichkeit einer Witwe, deren Mann im Silphionhandel Wohlstand errungen und den Neid sowie das Messer eines anderen Händlers erregt hat.
    Im Frühjahr zieht er mit einer Karawane nach Westen, nach Karchedon, gepeinigt von gegensätzlichen Gefühlen: Erleichterung, nicht mehr Sklave zu sein, Heimweh bei bestimmten Erinnerungen, Überdruß wegen gewisser Geschäftsverbindungen.

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