Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
des Reichs dem Großkönig dienten. Scham, weil der Stolz der Hellenen eine Frage der Kaufkraft anderer geworden war. Scham beim Gedanken an all jene bauchigen Schiffe, mit denen Leitos und Peneleos, Arkesilaos dazu und Klonios, mit Prothoenor die Schar der Boiotier zu Ilions Gestade brachten – fünfzig Schiffe stachen von ihnen in See, und es gingen auf ein jedes einhundertzwanzig boiotische Krieger; dreißig Schiffe mit Kämpfern des minyschen Orchomenos und Aspledons; vierzig der Phoker; vierzig Schiffe, dunkel und bauchig, auch der Lokrer; vierzig dunkle Schiffe des Volks von Euboia, rüstig, behaart nur hinten am Kopfe; fünfzig Schiffe aus Athen; zwölf aus Salamis; dann die Bewohner von Argos und des ummauerten Tiryns, Hermiones und Asines mit ihren geräumigen Buchten, von Troizen, Eiones, Epidauros, Aigina, Mases – achtzig dunkle Schiffe; die hundert Schiffe von Mykene und Korinth und den anderen Städten des Agamemnon; die sechzig der Lakedaimonier unter Menelaos; neunzig aus Pylos, Arene und Thryon; sechzig aus Arkadien, all die anderen aus Buprasion, Echinai, Ithaka, Aitolien, Kreta, Rhodos, Lindos, Syme, von Kos und tausend anderen Inseln, von Argos und Phylake und Pherai und Methone und Trikka und Ormenion und Gyrtone und Kyphos und Dodona und den Magnetern … Scham, und Zweifel: Hatte denn nicht Athen den Retter Themistokles in die Verbannung getrieben, und hatte ihn nicht der gestrige Feind, Persiens Herrscher, freundlich aufgenommen und ihm einen Platz zugewiesen, wo er seine Tage vollenden mochte in Muße und Freundschaft?
Bedauern und Mitleid: Alexander, ein kleiner Junge, hält sich weinend die Ohren zu, während Philipp und Olympias einander anschreien; mit der Mutter im duftenden Bad, allzu zärtlich berührt; mit Aristandros vor dem Altar, gezwungen, in den Eingeweiden des Widders zu wühlen; mit Aristandros auf einem Hügel, Vogelschwärme betrachtend unter den düsteren Wolken; brütend im Zwielicht des Waldes, die Finger in die Brust gebohrt, als grübe er dort nach etwas, das kostbar war und verloren ist; mit andern Jungen und dem herben Leonidas beim Ringkampf, beim Fechten, beim Rennen durch Felder, bei allzu kargen Mahlzeiten; mit dem sanften Lysimachos beim Lernen und Wägen von Versen; an Olympias geschmiegt, wenn Philipp sich nähert, aber von ihr fortgeschoben, sobald der König verschwindet.
Spott und Anerkennung: Philipp und Parmenion im Gespräch, das Meer zur Linken, vor ihnen die Thermopylen, besetzt von hellenischen Kämpfern; Philipps List, der Abmarsch nach Norden; Zorn, Erleichterung, Ratlosigkeit in Athen; Demosthenes, der sich auf Aristophons Seite schlägt, im Gespräch mit Chares, dem Strategen der Demokraten– Chares, geschlagen von den Bundesgenossen, besiegt von Artaxerxes, zieht mit Kämpfern und Schiffen nach Thrakien, um Philipps Pläne zu stören; Philipps feines Spiel– die Schonung athenischer Bürger und Krieger, die nach dem von Chares verlorenen Kampf heimgeschickt werden, während alle anderen Gefangenen bleiben müssen, als Sklaven; die Eroberung und Zerstörung von Olynth; die Zerstörung des Geburtsorts von Aristoteles, Stageira (kein Zorn, nur ein wenig betrübte Verwunderung).
Bedauern und Kummer: die falsche Saat, die später schlimme Früchte bringt. Artabazos und Memnon, dem Großkönig unterlegen, fliehen mit ihren Familien nach Pella, wo Philipp sie freundlich aufnimmt. Barsine, Tochter des Artabazos, fünfzehn Jahre alt und reif; bald wird sie Mentors Frau werden, nach dessen Tod dann die seines Bruders Memnon; nun aber kümmert sie sich wie eine liebevolle große Schwester um Alexander, der sechs Jahre ist und ausgehungert nach Wärme.
Artabazos ist groß, dunkel, in feine Gewänder gekleidet, schwarz mit goldenen Stickereien und Säumen; sein Bart ist schwarz, die Gesichtszüge scharf und doch freundlich. Er reitet durch die Hügel um Aigai, gefolgt von einigen makedonischen Reitern. Auf seinem Pferd, vor ihm, sitzt Alexander, an die Brust des persischen Fürsten gelehnt. Er deutet nach links, wo die Hügel sich türmen und Wald in den Himmel wuchert.
» Hinter diesen Hügeln, mein kleiner Freund? Dort beginnt die Welt. In Pella oder Aigai sind allerdings viele der Meinung, daß die Welt dort endet.«
Alexander starrt in die Ferne, mit einem Ausdruck von Hunger oder vielleicht Gier. » Was… wie sieht es aus, jenseits?«
Artabazos zuckt mit den Schultern. » Andere Hügel, Berge, Felder, andere Städte und Menschen. Dann,
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