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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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lächelnd. »Eigentlich hatte ich eher einen empörten Anruf erwartet. Dass der Kripochef gleich persönlich vorbeikommt … Sie müssen ganz schön unter Feuer stehen.«
    Pretorius wies auf einen der anthrazitfarbenen Polsterstühle, die um einen runden und peinlich sauberen Besprechungstisch standen, und nahm ebenfalls Platz. Nicht ohne dabei so diskret wie sorgenvoll auf eine schmale Armbanduhr zu blicken, in der sicherlich ein Schweizer Uhrwerk tickte. Sein legerer hellgrauer Anzug saß zu gut für Konfektionsware, das blasslila Hemd war von D&G, wenn ich das Emblem auf der Brust richtig deutete. Dazu trug er eine rostrote Krawatte, und alles zusammen wirkte wie aus einem französischen Haute-Couture-Prospekt abgeguckt. Er schlug die schlanken Beine übereinander.
    »Kaffee?«
    »Danke, nein.« Ich faltete die Hände auf dem Tisch und sah ihm ins Gesicht. »Wer ist dieser angebliche neue Zeuge, Herr Pretorius?«
    »Diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten, Herr Gerlach.« Plötzlich war sein Lächeln erloschen. Wir waren beim Geschäftlichen. »Sowohl meine Auftraggeber als auch der Zeuge wünschen in diesem Punkt strengste Vertraulichkeit. Sie haben Sorge, dass Sie den Mann andernfalls so lange durch die Mangel drehen, bis er seine Aussage widerruft.«
    »Ich kann Sie problemlos zwingen, den Namen zu nennen, und das wissen Sie auch. Behinderung polizeilicher Ermittlungen, Vertuschung einer Straftat, Unterschlagung von Beweismitteln und so weiter. Ich lasse Sie so oft vorladen, dass Sie gar nicht mehr zum Arbeiten kommen.«
    »Aber, ich bitte Sie!« Pretorius hob abwehrend die gepflegten Hände. »An mir soll es doch nicht scheitern. Ich bin hier nur das Helferlein, das leider an seine Schweigepflicht gebunden ist.«
    Ich beugte mich noch weiter vor. Er hielt meinem Blick stand, ohne zu blinzeln.
    »Ich pfeife auf Ihre Schweigepflicht. Sie sind – wie jeder andere auch – verpflichtet zu sagen, was Sie wissen. Es geht um ein Menschenleben, falls Sie das vergessen haben sollten. Ein kurzes Telefonat mit der Staatsanwaltschaft, und Sie können Ihren Laden heute noch dichtmachen.«
    Pretorius sah mir fast mitleidig ins Gesicht. »Ich denke eher nicht, dass Sie dieses Telefonat führen werden.«
    »Was sollte mich daran hindern?«
    »Von Unterschlagung von Beweismitteln kann keine Rede sein. Mein Zeuge schwört nämlich, dass er einen Tag nach Gundrams Verschwinden Ihre Behörde kontaktiert und dort ordnungsgemäß seine Aussage zu Protokoll gegeben hat.« Ein kaum wahrnehmbares Grinsen machte sich auf seinem weich geschnittenen Gesicht breit, das ich in diesem Moment zu gern geohrfeigt hätte. »Nur scheint sie bei Ihnen leider irgendwie verschüttgegangen zu sein.«
    Für Sekunden sahen wir uns in die Augen. Er deutete mein Schweigen richtig.
    »Der einzige Rat, den ich Ihnen geben kann, verehrter Herr Gerlach: Sprechen Sie mit meinen Auftraggebern. Das wird nicht leicht werden, ich weiß. Die Sanders sind ein wenig verschnupft, seit Sie die beiden so medienwirksam unter Mordverdacht gestellt haben.«
    Wieder sah er auf seine teure Uhr.
    »Niemand hat irgendeinen Mordverdacht geäußert«, versetzte ich rau. »Das wissen Sie so gut wie ich.«
    »Richtig, wir beide wissen das. Aber meine Klienten sehen das unglücklicherweise ein wenig anders. Und jetzt muss ich leider. Die Herren bei der BASF warten ungern. Sie entschuldigen mich?«
    Noch ein warmes Lächeln, ein fester Händedruck, und er ließ mich einfach stehen. Wie einen lästigen Versicherungsvertreter oder aufdringlichen Zeitungswerber.
     
    Vangelis und Balke, die eine halbe Stunde nach mir zurückkamen, hatten auch nicht mehr Glück gehabt.
    »Der Eisverkäufer erinnert sich inzwischen an gar nichts mehr«, eröffnete mir Balke zornig. »Hätten wir ihn noch eine Minute länger gelöchert, dann hätte er seine komplette Aussage zurückgezogen. Die Nachbarin meint sich eventuell an einen Rucksack zu erinnern, will sich aber nicht festlegen. Ich glaube langsam, die hat überhaupt nichts gesehen. Wenn wir sie gefragt hätten, ob der Junge zwei Hörner auf dem Kopf hatte, dann hätte sie sich auch an die erinnert.«
    »Und die Mutter?«
    »Hat uns nicht mal die Tür geöffnet.«
    »Soll ich sie vorladen?«
    »Sie wird nicht kommen«, meinte Vangelis. »Die Eltern sind jetzt offenbar entschlossen, die Sache ohne uns durchzuziehen. Ich habe den Vater angerufen. Er sagte, sie hätten genug Zeit vertrödelt und würden jetzt mit Leuten

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