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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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meiner Leute, sie aufzuspüren, hatten zu keinem Ergebnis geführt. Vermutlich hatte sie sich ins Ausland abgesetzt. Die Frage war: Warum? Und warum so plötzlich?
    Pretorius betrat um zwanzig vor zwölf mit weichen, selbstsicheren Bewegungen das inzwischen proppenvolle Lokal. Wie immer trug er einen für meinen Geschmack etwas zu eleganten dunklen Anzug. An seinen schlanken Händen blitzten Ringe. Er bemerkte mich sofort und begann, bis zu den abstehenden Ohren zu grinsen.
    Ich ging auf ihn zu. »Ich muss Sie sprechen.«
    Sein Grinsen schien noch eine Spur fieser zu werden.
    »Dieses Bedürfnis beruht leider nicht auf Gegenseitigkeit«, entgegnete er.
    »Es ist aber wichtig.«
    »Für Sie vielleicht.«
    Er versuchte, an mir vorbei zur Bar zu kommen, aber ich verstellte ihm den Weg.
    »Entweder wir reden gleich, oder Sie haben morgen früh die Vorladung auf dem Tisch.«
    »Mein Anwalt wird sie Ihnen mit Freuden zerreißen.«
    So wurde das nichts. Ich änderte meine Taktik. »Können wir denn nicht wie zwei vernünftige Menschen miteinander reden? Ich habe nur eine kurze Frage, dann lasse ich Sie wieder in Ruhe.«
    Plötzlich erlosch sein Grinsen. Mit kaltem Blick musterte er mich. »Sehen Sie, Herr Gerlach, ich bin ein friedfertiger und hilfsbereiter Mensch. Ich habe eigentlich nur zwei schlechte Eigenschaften: Ich bin nachtragend. Und ich lasse mich ungern verarschen.«
    »Das war nur eine schlechte Eigenschaft.«
    »Sie haben recht, sich nicht gern verarschen zu lassen, ist nicht anrüchig, sondern menschlich. Aber wie auch immer, ich habe seit einer halben Stunde Feierabend. Mein Laden ist geschlossen. Wenn Sie etwas von mir wollen, dann wenden Sie sich morgen früh an meine Sekretärin.«
    »Es geht um das Leben eines Kindes.«
    »Holbein hat mich natürlich nach Ihrem Besuch sofort angerufen. Jetzt haben Sie, was Sie wollten …«
    »Holbein ist Schnee von gestern«, versetzte ich. »Es geht um einen Auftrag, den Sie vor zwei Wochen von einer gewissen Frau Jörgensen erhalten haben. Muriel Jörgensen.«
    In seinen misstrauischen Blick mischte sich Überraschung.
    »Ungefähr der erste Passus meines üblichen Mandantenvertrags besagt«, erklärte er langsam, »dass alle Informationen, die ich von meinen Kunden erhalte, streng vertraulich sind. Das betrifft sowohl den Namen des Auftraggebers als auch den Inhalt des Auftrags und erst recht die Ergebnisse.«
    »Solange es nicht um die Aufklärung einer Straftat geht. In diesem Fall sind Sie zur Unterstützung der Polizei verpflichtet wie jeder andere auch.«
    Für einige Sekunden sah er mir stumm ins Gesicht. Dann fischte er ein Päckchen Dunhill und ein goldenes Feuerzeug aus einer Tasche seines maßgeschneiderten Jacketts. Im letzten Moment überlegte er es sich anders, Zigaretten und Feuerzeug verschwanden wieder an ihrem Platz.
    »Stellen Sie sich vor, wir finden den Jungen irgendwann tot und ich kann Ihnen nachweisen, dass Sie seinen Tod hätten verhindern können«, sagte ich kalt.
    Pretorius zwinkerte nicht einmal. Wir sahen uns an wie zwei schießwütige Kuhhirten in einem schlechten Western.
    »Und stellen Sie sich bitte mal vor, es spricht sich herum, dass ich meine Mandanten an die Polizei verpfeife.«
    »Wenn Tim etwas zustößt«, sagte ich leise, »und wenn ich auch nur den leisesten Verdacht habe, dass Sie es hätten verhindern können, dann …«
    »Na?« Plötzlich war sein Grinsen wieder da. »Was dann?«
    Für diesen spöttischen Zug um seinen schmalen, schön geschwungenen Mund hätte ich ihn ohrfeigen können. Sicherheitshalber steckte ich die Hände in die Hosentaschen.
    »Dann werde ich dafür sorgen, dass Ihr Laden dicht gemacht wird. Sie werden nirgendwo in Europa noch einen Gewerbeschein bekommen, das verspreche ich Ihnen.«
    »Wow!« Jetzt lachte er beinahe. »Gleich mach ich mir in die Hosen!«
    Er senkte den Blick und schien zu überlegen. Dann sah er mir wieder ins Gesicht.
    »Sie tun mir leid, Herr Gerlach.« Es klang nicht einmal unfreundlich, wie er das sagte. »Ich möchte Ihren Job nicht geschenkt haben.«
    »Dann sind wir ja wenigstens in einem Punkt derselben Meinung.«
    »Sie sagten Tim. Um welches Kind geht es jetzt eigentlich?«
    »Um den Sohn von Frau Jörgensen.«
    »Der ist auch verschwunden?« Seine Überraschung schien echt.
    »Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nichts davon.«
    Verblüfft schüttelte er den Kopf und ließ mich einfach stehen. Er begrüßte Susi mit drei symbolischen Wangenküssen, bestellte einen

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