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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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zwei Wärmflaschen auf, mit deren Hilfe wir versuchten, ihre Körpertemperatur wenigstens nicht weiter absinken zu lassen. Endlich hörten wir das Martinshorn in der Ferne. Ich lief zur Tür. Als ich sie aufriss, war der Mann auf der anderen Straßenseite verschwunden.
    Der Arzt zog ein bedenkliches Gesicht und begann sofort mit den Infusionen. Bald hingen rechts eine Blutkonserve und links ein Beutel mit einer klaren Flüssigkeit. Ein junger käseweißer Sanitäter, der offenbar neu im Geschäft war, assistierte, ein Zweiter rannte ständig zum Wagen hinaus und wieder zurück und schleppte alle möglichen Dinge herbei, die der Arzt mit knappen und äußerst unfreundlichen Kommandos anforderte.
    Muriel Jörgensens randalierenden Vater hatten wir in seinem Zimmer einschließen müssen. Jetzt war er der Überzeugung, wir seien eine Mörderbande, die es auf seine Tochter abgesehen hatte.
    »Es gehört viel Mut dazu, sich die Pulsadern aufzuschneiden«, meinte Balke halblaut, als endlich wieder ein wenig Ruhe eingekehrt war.
    »Oder viel Verzweiflung.«
    Endlich richtete der Arzt sich ächzend auf und drückte sein breites Kreuz durch.
    »Das war knapp.« Neugierig sah er sich um, als wäre er eben erst angekommen.
    »Fremdverschulden ist auszuschließen?«, vergewisserte ich mich.
    Nickend steckte der Arzt sich eine Selbstgedrehte an.
    »Kommt sie durch?«
    »Fragen Sie mich das morgen früh noch mal.«
    Das altertümliche Benzin-Feuerzeug klickte. Seine Hände waren unruhig, sein Blick fand keinen festen Punkt. Vielleicht war seine Abgebrühtheit nur gespielt.
    Der zweite Sanitäter war, als es nichts mehr hereinzuschleppen gab, nach oben gegangen und versuchte dort, den alten Mann zu beruhigen. Zurzeit hielt er uns anscheinend für Geheimagenten, die ihm eine blutende Fremde ins Haus geschleppt hatten, um ihm einen Mord anzuhängen. Wieder und wieder rief er den Namen seiner Tochter, zeterte und fluchte, weil sie nicht antwortete, bedachte abwechselnd uns und Muriel mit allen nur denkbaren Beleidigungen. Schließlich hielten die Sanitäter ihn fest, und der Arzt gab ihm eine Beruhigungsspritze. Dann war es endlich, endlich still.
    »Puls und Blutdruck werden kräftiger«, stellte der inzwischen nicht mehr ganz so blasse Sanitäter fest. »Und demnächst geht uns übrigens der Plasma-Expander aus.«
    »Okay.« Der Arzt, der in der Zwischenzeit fast ununterbrochen geraucht hatte, warf seine Zigarette aus dem Fenster. »Denn mal los.«
     
    Es kostete Sönnchen unzählige Telefonate, und sie musste all ihre Beziehungen und Überredungskünste einsetzen, um für den alten Herrn Gernhardt einen Heimplatz zu organisieren. Pflegeheime zählen heutzutage ja zu den wenigen noch verbliebenen Boombranchen. Als sie ihn endlich in einem Haus der AWO auf dem Boxberg untergebracht hatte, stand der Krankenwagen schon vor der Tür, der ihn abholen sollte. Die Aufregungen der letzten Stunden und damit den Grund für seine Unruhe hatte der alte Mann längst vergessen. Auf dem Weg zum Wagen murmelte er mit konzentrierter Miene vor sich hin. Ich verstand Worte wie »Konjunktureinbruch«, »Immobilienkrise« und »Konzentration aufs Kerngeschäft.«
     
    Theresa ließ sich sogar in aller Form über die Schwelle tragen. Und sie mochte die Wohnung. Es war Liebe auf den ersten Blick.
    »Ich fühle mich zwanzig Jahre jünger«, stellte sie vergnügt fest. »Sie erinnert mich an meine Studentinnenbude, damals in Berlin.«
    »Wo du bist, ist alles hübsch«, hauchte ich zur Feier des Tages. Während wir uns küssten, fing ich an, sie zu entkleiden.
    Liebevoll knabberte sie an meinem Ohr. »Sind wir für solchen Schmus nicht schon ein wenig zu alt, Süßer?«
    Wie bestellt begann in der Wohnung über uns jemand mit Talent und viel Gefühl, Saxofon zu spielen.
    Ich wollte noch etwas erwidern, aber dazu kam ich nicht mehr. Die Matratze war groß und überraschend bequem, die Musik schön.
    Später holte ich die Erste der beiden Flaschen aus dem Kühlschrank und ließ den Korken durchs Zimmer fliegen. Neben unserer Liebesspielwiese stand inzwischen auch ein Tischchen, auf dem drei dicke Kerzen nicht aufhören wollten zu qualmen. Selbst an die Handtücher fürs Bad hatte ich gedacht und an den Aschenbecher für die postkoitale Zigarette. Nur an den Decken hingen noch nackte Glühbirnen, die wir lieber nicht einschalteten.
    Im blakenden Kerzenlicht ließen wir die vornehmen Sektkelche klingen, die aus Theresas Beständen stammten und nicht recht ins

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