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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Beruf selbstständiger Anlageberater. Ich vermute, ein Sohn des Verstorbenen. Das Alter passt. Er ist neununddreißig.«
    Vangelis lehnte sich zurück und fuhr sich mit beiden Händen durch die schwarzen Locken. Voilà, sagte ihr Blick. Wir sind am Ziel.
    »Auf seine Firma sind zwei Fahrzeuge zugelassen«, fuhr sie dann fort. »Ein weißer Bentley und ein Mercedes, S-Klasse, knapp zwei Jahre alt, Farbe: mysticbraun. Beide in Frankfurt zugelassen.«
    Ich nahm einen Stift von ihrem Tisch und begann, ihn zwischen den Fingern zu zwirbeln.
    »Wie machen wir weiter?«, wollte Vangelis wissen.
    Nach kurzem Nachdenken legte ich den Stift wieder weg, suchte und fand die Nummer von Yvonne Ehling in meinem Handy. Ich erreichte sie in ihrer Agentur, obwohl schon Abend war. Sie freute sich so über meinen Anruf, als hätte sie an diesem Tag noch nicht viel Abwechslung gehabt.
    »Sie sagten, Sie hätten den Mann mit dem Mercedes zweimal gesehen. Einmal im Oktober und einmal vor wenigen Wochen.«
    »Stimmt. Wieso?«
    »Halten Sie es für möglich, dass es zwei verschiedene Männer waren?«
    Yvonne Ehling schwieg lange. Im Hintergrund hörte ich einen Kanarienvogel tirilieren.
    »Würde erklären, wieso es zwei verschiedene Autos waren«, sagte sie langsam. »Der Mercedes im Oktober war silberfarben. Der im November braun. Aber manche Leute wechseln ja die Autos wie die Hemden. Manche haben auch mehrere Autos, nicht?«
    »Und wie ist es mit dem Fahrer?«
    »Da es dasselbe Mädchen war, dachte ich natürlich, es sei auch derselbe Kerl. Und ich sagte ja schon, ich habe vor allem auf das Mädel geachtet. Den Fahrer im November habe ich eigentlich gar nicht gesehen, wenn ich darüber nachdenke. Kann es sein, dass der dunkel getönte Scheiben hat?«
    Eine Stunde später lag ich auf der Couch und schmökerte in Theresas Buch, dessen Erscheinen wir am Abend zuvor groß gefeiert hatten. Unser Dienstagabend war dieses Mal lang und ungetrübt gewesen. Wieder und wieder hatten wir auf hohe Verkaufszahlen und gute Rezensionen angestoßen. Später noch einige Male auf uns und die Liebe im Allgemeinen. Theresa war ausgelassen gewesen wie selten und hatte nicht bemerkt, dass ich mit meinen Gedanken hin und wieder woanders war.
    Der Anfang ihres Buchs las sich überraschend amüsant, aber es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Schon nach drei Seiten hatte ich die ersten beiden vergessen und musste zurückblättern. Wir befanden uns im beginnenden sechzehnten Jahrhundert, bei den Anfängen der Bauernkriege. Die hungernde Landbevölkerung begehrte auf gegen den gefräßigen Klerus und den blutsaugenden Adel. Der verarmte niedere Adel verlegte sich mangels anderer Einkommensquellen mehr und mehr aufs Raubrittertum. Die Kirche war wie üblich für den Erhalt der bestehenden Verhältnisse. Pfaffen waren gern gesehene Gäste in den Frauenhäusern, wie man die Bordelle damals nannte. Die Herren auf den gut gesicherten Burgen und Schlössern ließen es sich auf Kosten ihrer leibeigenen Bauern …
    »Paps?«, schreckte mich die Stimme einer meiner Töchter auf.
    Ich fuhr hoch.
    Es war Louise. Sie setzte sich auf einen Sessel und sah mich betrübt an.
    »Stimmt es, dass Lea was mit diesem toten Politiker gehabt hat?«
    »Bisher gibt es keinen Beweis dafür.«
    »Ist er der Typ mit dem Mercedes?«
    »Im Moment sieht es nicht so aus. Aber es ist alles ziemlich wirr.«
    Ich hatte beschlossen, dieses Mal äußerst behutsam vorzugehen. Noch so eine Katastrophe wie mit Gröwer wollte ich nicht riskieren.
    »Ist das Theresas neues Buch?«
    Ich nickte und war ein kleines bisschen stolz dabei.
    »Darf ich mal reingucken?«
    »Du kannst es auch gleich lesen. Ich habe jetzt sowieso keinen Kopf dafür.«
    »Cool!« Beeindruckt nahm sie das fast dreihundert Seiten dicke Buch mit festem Einband in die Hand und blätterte es andächtig durch. »Meinst du, sie ist schuld?«, fragte sie, als sie wieder aufsah.
    »Wer? Woran?«
    »Lea. Dass er gestorben ist?«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    Meine Antwort schien Louise nur halb zu befriedigen. Sie hatte meine Unsicherheit gespürt. Und was hieß schon Schuld in diesem Zusammenhang? Zwei Menschen waren aneinandergeraten, die sich besser nie getroffen hätten. Einer davon war jetzt tot, der andere verschwunden. Louise erhob sich mit Theresas Buch in der Hand.
    »Vielleicht kannst du mir einen Tipp geben«, fiel mir ein. »Falls die beiden doch was miteinander hatten – wie könnte Lea an diesen Politiker geraten sein? Irgendwo

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