Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
eintragen. Der Händler blieb längere Zeit verschwunden; bis er zurückkehrte, hatte Dymas eine grobe Liste fertiggestellt und angefangen, die Zisterne zu füllen, indem er immer wieder zwei Eimer, an einem Joch über der Schulter getragen, am Brunnen auf dem Platz, in den die Nebenstraße mündete, füllte und zum großen Behälter schleppte.
Aristippos brachte eine alte Kreterin mit, ausgeliehen von einem befreundeten Händler; sie sollte bis auf weiteres das Haus in Ordnung halten, kochen, reinigen. Der Händler nickte, als Dymas mit den Eimern zum nächsten Brunnengang aufbrach, und begab sich ins Lager.
Es war weder Öl noch Mehl im Haus, kaum Wein, und die übrigen Vorräte waren verdorben. Die Kreterin räumte auf und brachte Abfall weg; bei Einbruch der Abenddämmerung schickte der Händler sie zu einer Garküche, um »anständiges Essen, für drei, hörst du« zu holen. Sie aßen auf der Dachterrasse; es gab Wasser, Wein und Fruchtsaft, Fleischbällchen in Weinblättern, gebratenen Fisch in einer leichten Weintunke, Brot und Früchte. Dymas aß schweigend; der Händler und die Kreterin unterhielten sich über Leute und Vorgänge in der Stadt, Klatschgeschichten. Der Delier behandelte die alte Sklavin wie seinesgleichen, nannte sie »Mutter« und erwähnte irgendwann, sie gehöre zur Familie seines Freundes, dessen Amme sie gewesen sei.
Die alte Frau ging früh schlafen. Dymas und Aristippos saßen noch eine Welle beisammen, tranken Wein, zählten die Lichter auf den tausend flachen Dächern der Stadt, blickten zu den Sternen und genossen einmütiges Schweigen.
»Weinhund«, sagte der Händler plötzlich, »hab ich dich getreten, letzte Nacht, als ich über dich gestolpert bin?«
Dymas lächelte. »Kaum. Es war Glück für mich, und ich danke dir.«
»Hmf. Grrr.« Aristippos schwenkte den Becher. »Zufall, Glück, die Hand der Götter, was auch immer. Du hast gut geräumt; deine Listen sind ordentlich, deine Schrift ist besser als meine. Die Zisterne ist gefüllt, und du bist kein Schwätzer. Argos, ich bin zufrieden.« Er beugte sich ein wenig vor, als ob er so die Dunkelheit der Nacht beiseite drängen könnte. »Heute habe ich hundert Drachmen auf den Kopf des treulosen Verwalters ausgesetzt. Die Sklaven sollen in ein Bergwerk gehen; wenn man sie findet. Ich bin nicht rachsüchtig, aber ich vergesse nichts.«
Dymas nickte.
»Reden wir vom Geld. Ich weiß, daß du eines Tages gehen wirst. Solange du bleibst ... Gewöhnlich zahle ich einem Lagerarbeiter vier Obolen, einem Verwalter eine Drachme am Tag. Ohne Kost und Unterkunft. Du kriegst eine Drachme, kannst hier wohnen und essen. Gut?«
Dymas nickte wieder; er deutete eine winzige Verbeugung an.
Aristippos schien keine überschwengliche Antwort zu erwarten; er kratzte sich den Nacken, zupfte an seinem Ohrläppchen und trank einen Schluck. »Willst du vorab etwas? Oder jeden Tag?«
Dymas zögerte. »Hmmm ... Heiß baden, durchkneten, ein paar frische Sachen zum Anziehen?«
Aristippos grunzte. »Morgen früh geb ich dir drei Drachmen.« Er beschrieb ihm den Weg zu einem Badehaus, »in dem Reinlichkeit Vorrang hat vor Räuberei«.
Dymas blieb fast ein Jahr bei Aristippos, als Helfer und Verwalter, schließlich fast als zweiter Geschäftsleiter. Im Herbst erhöhte der Delier den Lohn auf eineinhalb Drachmen; als Dymas nach zähem Feilschen einem römischen Händler den größten Teil der feinen Töpferwaren verkaufen konnte, schrieb Aristippos ihm ein Drittel des Gewinns gut. Vom Sklavenmarkt brachte der Delier bald eine junge wilde Keltin und einen stämmigen, dunkelbraunen Gätulier aus dem fernen Nordwesten Libyens. Die alte Kreterin ging zurück zu ihrer Besitzerfamilie; Dymas zog aus dem Haus in eine Kammer hinter dem Lager um, wo ihn die Geräusche nächtlichen Gemenges im Gemach des Aristippos nicht störten. Einmal, ehe er umzog, begab er sich, halb erregt von den Klängen, in eine der zahlreichen Hafenschänken, die zugleich Lusthäuser waren. Die Akarnanierin, die sich seiner annahm, war nicht mehr ganz jung, sauber, kunstfertig und um sein Wohl besorgt, aber es kam nichts zustande. Bisweilen versuchte er abends, Verse zu denken oder zu schreiben, auch dies vergebens.
Etwas fehlte; er wußte es, oder spürte es zumindest, hatte aber keine Ahnung, was es sein mochte. Ein Händler aus Pherai, vorsichtig befragt, berichtete vom Wohlergehen des thessalischen Bergfürsten Jason, dessen neue Gemahlin, eine schwarze Göttin, Burg und Land
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