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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einen Becher mit sehr verdünntem Wein und lieh von einer Nachbarin einen Haussklaven aus, der frisches Brot, Früchte, gebratenen Fisch und einen Fleischtopf aus einer Garküche beschaffte. Dymas wurde menschenähnlicher; später, als sie aßen, berichtete Aristippos vom Verwalter und den Sklaven, vom Geschäft, von Waren, von einer Reise mit einem kleinen Frachtsegler in den Norden, von der Rückkehr, vom Landwind, der sie tagelang hemmte, vom Sturm, mit dessen ersten Böen sie endlich in den Hafen kamen, vom Entsetzen angesichts geplünderter Gelder und leeren Hauses und unbeaufsichtigten Lagers ...
    »Immerhin – sie haben Münzen genommen, ein paar kleinere Gegenstände, was man so tragen kann, und dann wohl die Stadt verlassen. Die Nachbarn haben ein Auge auf die Lager geworfen, es fehlt nichts weiter. Nur großes Zerwühlen und Durcheinander. – Du siehst fast wieder wie ein Mensch aus, Weinhund Argos. Was hast du gemacht, bevor du zum Bellen gesunken bist?«
    Dymas rieb sich die Schläfen. »Ich war krank«, sagte er dumpf. »Fieber, Hunger, Räuber, Frost in den Bergen, irgendwas in den molossischen Sümpfen. Vorher?« Er spielte in der Tasche des abgetragenen, aber sauberen Chitons, den Aristippos ihm gegeben hatte, mit den Wirbeln der Kithara. »Vorher, lange her ... vorher war ich einmal Musiker, Sänger, Trinker, Spitzel, Seemann, Messerstecher. Davor, noch länger her, Sklave und Handwerker. Ich war viele, jetzt bin ich niemand. Wenn du mich in deinem Lager arbeiten lassen willst ...«
    Aristippos schnaubte. »Zuviel Mystik – viele, niemand, baah. Musiker und Sänger, sagst du? Hattest du einen Namen, einen großen oder kleinen?«
    Dymas hob die Schultern. »Argos ist gut, für jetzt.«
    »Na schön. Argos. Kannst du am Ende sogar lesen und schreiben?«
    »In mehreren Sprachen.«
    »So?« Aristippos schnitt eine Grimasse. »Große Reden, wie?« Er runzelte die Stirn, dann sagte er etwas in einer harten Sprache.
    Dymas lächelte schwach. »Ich glaube, es ist Illyrisch, aber diese Zunge ist mir fremd.«
    Aristippos nickte. »Immerhin, gut geraten. Was denn? Latinisch? Etruskisch? Keltisch?«
    Dymas schüttelte den Kopf. »Ich habe mich mehr im Süden und Osten aufgehalten. Persisch, Ägyptisch, Ostphönikisch auch, aber besser Westphönikisch, wie es in Karchedon gesprochen wird.«
    Aristippos hüstelte. »Wir werden sehen ... Nützliche Zungen, zweifellos, aber mein Persisch, auf Delos so hilfreich, ist eingerostet. Bruchstücke, zu wenig, um dich zu prüfen.«
    »Der treffliche Herr der delischen Waren«, sagte Dymas auf Persisch, »wird aber ohne Zweifel genug verstehen, selbst wenn das eigene Sprechen durch mangelnden Gebrauch Schaden gelitten haben sollte.«
    Aristippos sagte: »Ha.«

    Sie räumten das halbverwüstete Lager auf, zunächst nur, um Platz zu schaffen. Aristippos fluchte immer wieder, rief die Götter an, beschwor sie, die beiden Sklaven von Termiten fressen zu lassen und dem Verwalter mit heißen Löffelchen die Zähne und Hoden zu nehmen. Offenbar war doch mehr verschwunden, als er zuerst angenommen hatte. Aber allein der Vorrat an delischer Töpferei (»alles bezahlt, alles meins, hah«) stellte ein Vermögen dar: Krüge, Näpfe, Schalen, Lampen, Amphoren, gleich ob Ziergegenstände oder zum Gebrauch, vollständige Reihen eines der größten Töpfer, mit Bildketten aus allen Mythologien des östlichen Meeres, überzogen mit einer geheimen, nur diesem Töpfer bekannten Glasur wie geschmolzene Seide. Es gab auch billigere Töpfereierzeugnisse; hinter ihnen und deshalb von den vermutlich eilends aufgebrochenen Finsterlingen übersehen ein paar kleinere Kisten mit Gewürzen und Weihrauch; Säckchen mit großen Salzkristallen aus Arabien; Gestelle mit feinen Glasfläschchen aus Ägypten; kunstvolle Erzeugnisse aus Holz, Leder und Elefantenzähnen; hauchdünne, dabei noch beschnitzte und mit bunten Steinen und Goldhaut geschmückte Straußeneier aus Karchedon; Papyros in allen Gütestufen ... Aus dem Schiff, das im Hafenbecken lag, holten sie am Nachmittag die Ballen und Kisten, die Aristippos gehörten; seine Reisegefährten, ebenfalls Händler, hatten ihre Teile bereits entfernt. Es waren Tierfelle aus dem Norden – von Bären, Luchsen, Wölfen –, keltischer Goldschmuck und Bernstein. Dymas brachte alles im Lager unter, räumte hin und her, schuf Ordnung und begann mit der Neuanfertigung von Listen, da die alten zerrissen waren; den Wert der Güter mußte Aristippos später

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