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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Gesetzen; darauf hatten die Menschen in Jahrtausenden ihre Häuser aus Lehmziegeln errichtet, die fast immer den Namen des jeweiligen Herrschers als Brandsiegel trugen. Ein Aufruhr, ein Krieg, ein Brand, oder ganz einfach der Regen, der die Lehmziegel auflöste und durch die Stadt schwemmte; auf der Schicht aus Lehm und Asche und Blut baute man die nächste neue alte Stadt, und all die Städte der Vergangenheit mit ihren Geistern und Göttern waren da, unter jener, in der die Makedonen sich als Herren fühlten.
    Abends gab es im Palast eines der zahlreichen Feste. Parmenion war da, Hephaistion, Philotas, Demaratos, fast alle höheren Offiziere und Berater; Barsine und Sisygambis und viele andere Frauen – Makedoninnen, Helleninnen, Ägypterinnen, Babylonierinnen, Perserinnen. Thais bemühte sich, die mürrische Miene des Philotas aufzuhellen. Ptolemaios hockte Schulter an Schulter mit Kleitos dem Schwarzen auf dem Boden, fast zu Füßen Alexanders, wo auf dicken Teppichen bärtige Männer saßen. Und während überall gegessen, getrunken, gegrölt, getanzt wurde, paarweise Männer mit Frauen oder mit Knaben verschwanden und wiederkehrten, Wein und Kinnamon und Bratenduft der Atem des Palasts wurden, erzählten die Bärtigen, Alexanders »Männer der Nacht«, ihre Geschichten von Fürsten und Frauen, Verrat und Vergeltung, List und Tod. Von einem König, der in einem Labyrinth aus Mauern und blinden Gängen starb, in dessen Mittelpunkt eine ungeheure Spinne saß; von einem anderen König, der in einem Labyrinth aus Sonne und Wüste starb, wo es keine Wände gab.
    Eine Geschichte schien Alexander besonders zu fesseln. Es war die vom Helden und Halbgott Gilgamesh, dem Stärksten, der Uruk beherrschte, und die Götter schufen einen ebenso Starken mit Namen Enkidu, daß er mit Gilgamesh ringe und Uruk so Ruhe finde. Aber nachdem sie gekämpft hatten, küßten sie einander und schlossen Freundschaft. Und da nun Enkidu sich matt fühlte, zogen sie aus, große Taten zu tun, Kraft zu gewinnen und gewisse Auskünfte von den Göttern zu erhalten. Den Zedernberg bestiegen sie, wo sie den Ungeheuer-Löwen Chumbaba erschlugen und die Zedern fällten; sie töteten den Himmelsstier und schnitten sein Herz heraus; aber Enkidus Kraft nahm durch den Willen der Götter weiter ab, und er starb. Da weinte Gilgamesh bitterlich um den Freund und zog los, ihn neu zu finden, sich zu verlieren oder das Rätsel des Ewigen Lebens zu lösen. Und er tötete die Gewaltigen Hunde in den Bergpässen, und er ging zum Mashu-Berg, wo die Skorpionmenschen halb über und halb unter dem Boden leben und Furcht verbreiten. Sie wiesen ihm den Weg durch die Finsternis, zwölf Doppelstunden weit, ins neue Licht, wo er Edelsteinbäume fand, den Karneol-Weinstock und den Blausteinstrauch. Und weiter ging Gilgamesh bis zum Rand des südlichen Meers, zur Schänke der Jungfrau Wirtin Siduri. Bei ihr fand er Urshanabi, den Schiffer des Entrückten, den Schiffer des Uralten Utnaphishtim, der einst, als Fluten die Erde ertränkten, das Schiff gebaut hatte, das Tiere und Früchte barg, bis die Wasser schwanden: Utnapishtim, der nicht sterben kann. Und zu diesem fuhr Gilgamesh mit Urshanabi, über das Meer und die Wasser des Todes; einen Mond und fünfzehn Tage lang fuhren sie. Und als sie zu Utnapishtim kamen, da klagte Gilgamesh ihm sein Leid ob des Todes von Enkidu. Utnapishtim aber sagte: »Teilen Brüder denn für alle Ewigkeit? Von Anbeginn gibt es nichts Beständiges. Wie gleicht doch der Schläfer dem Toten, zeichnen beide doch des Todes Bild! Die Götter bestimmen Tod und Leben, aber des Todes Tag enthüllen sie nicht.« Die Götter hatten ihm und seiner Frau gewährt, wie die Götter ewig zu leben, und er nannte Gilgamesh, als dieser aus todgleichem Schlummer erwachte, jene Dornenpflanze, die dem, den sie sticht, das Leben gibt, das immer währt. Und Gilgamesh fand die Pflanze, doch als er zum kühlen Wasser eines Brunnes hinabstieg, kam eine Schlange, roch den Duft der Pflanze und stahl sie ihm, und schon warf sie die Haut ab und war neugeboren. Den Gilgamesh, weinend und klagend ob der Vergeblichkeit, brachte Urshanabi von Osten heim nach Uruk, das er gen Westen verlassen hatte.
    »Schlaf und Tod sind Brüder«, murmelte Alexander, als die Männer der Nacht den rhythmischen, wiegenden Gesang beendet hatten. »So schrieb auch Homeros, nicht wahr? Und die Flut ... Ist Utnapishtim Deukalion?« Leiser, an Hephaistion gewandt, setzte er hinzu: »Ist Patroklos

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