Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
sorgst dich wegen ein bißchen Schmutz, wie? Ah, Nearchos, du bist eben kein Gott.«
Nach der Wettfahrt – natürlich gewann das Schiff des Königs – nahm der erhitzte Alexander ein kaltes Bad, was Philippos, den Arzt, zu einem Kopfschütteln und einer Gebärde der Ohnmacht bewegte. Nearchos mußte beim König bleiben, der mit der Ausrüstung der Schiffe unzufrieden war, vor allem, was Vorräte anging. Während des Gesprächs hustete er mehrmals und griff sich an den Bauch; Philippos riet zu leichter Kost und warmen Kräutertränken. Alexander lachte und sagte, ihm fehle nichts, was nicht kühler Wein geben könne. Nearchos verließ ihn kurz, um frische Gewänder anzulegen und eine Kleinigkeit zu essen; als er zurückkam, ließ Alexander sich eben von seinem Salbmeister kneten und mit Duftölen behandeln. Wieder einmal erstaunte Nearchos die Menge und Größe der Narben all der leichten und der beinahe tödlichen Verwundungen – Narben, die, wie man sagte, die leidenschaftliche Roxane immer wieder zu verzückten Liebkosungen erregten.
Jemand berichtete, der Sänger Dymas, seit so vielen Jahren in der Oikumene gepriesen, sei in Babylon eingetroffen und unterhalte die Gesandten, die Perdikkas empfange. Alexander lächelte seltsam und sagte, dann sei es wohl angebracht, ebenfalls dorthin zu gehen, um sich nicht des Genusses zu berauben.
Nearchos, der den Namen Dymas vor wenigen Tagen in einem anderen Zusammenhang gehört hatte – im Bericht eines zuverlässigen arabischen Spitzels über Vorgänge in Tadmor – , begleitete den König trotz einiger Besorgnisse und Vorbehalte. Auf dem Weg zum Saal, in dem der Empfang stattfand, stießen andere hohe Offiziere zu ihnen. Ptolemaios hielt Nearchos einen Moment zurück.
»Wieder das gleiche«, sagte er leise. »Alle sind dagegen, aber keiner weiß, wie man ihn davon abbringen kann.«
Nearchos nickte. »Das Heer?«
Der Lagide grinste freudlos. »Das Heer folgt dem Gott – auch in der Hoffnung, irgendwo in der Wüste unauffällig die persischen Offiziere ... verlieren zu können.«
Der Kreter stöhnte. »Wie soll das enden, Freund?«
»Wir müssen alle irgendwann einmal sterben. – Ah, bevor ich es vergesse: Krateros hat seine furchtbare Krankheit überwunden und nähert sich mit seinen Leuten dem Hellespont. Und Kassandros hat auf scharfe Fragen zugegeben, daß sein Vater so krank doch nicht ist. Was uns verwundert.«
Nearchos gluckste, ohne Erheiterung zu empfinden. »Kluger alter Antipatros. Was er wohl über die nächsten Schritte denkt?«
»Was wohl! Ah, wozu soll ich es dir verschweigen? Da ist noch etwas. Der Karchedonier ...«
»Was ist mit ihm?«
Ptolemaios zog Nearchos an sich, als ob er ihn umarmen wollte; dabei flüsterte er ihm etwas ins Ohr.
Der Kreter erstarrte.
Ptolemaios klopfte ihm auf die Schulter und schob ihn zum Saaleingang. Als sie eintraten – Nearchos mit schleppenden Schritten und bleich um die Nase –, beendete Dymas eben sein Lied. Sie sahen, wie Alexander ihm etwas sagte, etwas zuflüsterte; sie sahen, wie der Sänger zusammenzuckte.
Dann drängten sich die ersten Gesandten um Alexander; er hörte Begrüßungen, erwiderte sie, lächelte, lauschte. Ganz plötzlich, fast greifbar, entstand eine Spannung im Raum. Wie ein Regenbogen; ein Ende war Alexander, das andere der Karchedonier.
Er hatte sich erhoben, eine Gasse bildete sich, durch die er sich dem König näherte. Zwei Männer folgten ihm; sie trugen Geschenke – kostbare Schnitzwerke aus Elefantenzähnen; ein verziertes, mit silbernen Ranken überkrustetes Straußenei; feinste Glasfläschchen, wie für Duftwässer, deren Bäuche die Gesichter von Alexander, Olympias, Philipp und Roxane waren; eine schlanke, in ihrer Schmucklosigkeit überwältigende Amphore.
Nearchos sagte leise: »Ist er das?« Er betrachtete den schlanken, dunklen Mann, dessen Haar erste Spuren von Grau zeigte, wie der sorgsam gestutzte Bart.
»Das ist er.« Ptolemaios blickte hinüber zu Perdikkas, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte; seine Miene zeigte nichts.
Zwei Schritte vor Alexander blieb Hamilkar stehen. Die beiden Begleiter knieten; mit erhobenen Händen boten sie auf Goldplatten die Geschenke dar. Die Amphore hatten sie neben Hamilkar gestellt.
»Karchedons Grüße an den Herrn des Ostens.« Er sagte es mit einer kleinen Verbeugung; sein Hellenisch war makellos, die Stimme tief und voll, die Aussprache allerdings ein wenig verschwommen. So, als hätte er einen Kiesel im Mund,
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