Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
etwas Warmes essen und etwas Warmes trinken. Alexander antwortete, er habe seit dem Morgen nur Wein und Wasser zu sich genommen und wolle diese vorzügliche Gepflogenheit nun nicht durch Kräutersud oder Geflügelbraten schänden. Dann schwankte er leicht; Philippos befühlte seine Stirn und sagte, es sei ein kleines Fieber.
Eumenes’ Tagebücher verzeichneten die Vorfälle der folgenden Tage. Der König schlief lange, badete, opferte, speiste dann bei Medios und trank abermals bis tief in die Nacht. Nach dem Gelage badete er, aß eine Kleinigkeit und schlief dabei ein, denn er fieberte nun heftiger. Morgens brachte man ihn in einer Sänfte zu den Altären; er opferte wie jeden Tag, dann ließ er sich in seine Gemächer bringen, wo er schlummerte, bis es Abend wurde. Wieder erwacht, gab er den Strategen neue, eingehende Befehle für den Zug des Heeres und der Flotte: Das Heer solle in vier Tagen, die Flotte mit ihm in fünf Tagen aufbrechen.
Dann wurde er in einer Sänfte zum Fluß gebracht, überquerte diesen mit einem Boot und ließ sich in einen ausgedehnten Garten bringen, badete dort wieder und ruhte dann. Am nächsten Tag badete er abermals und opferte an den Altären, ließ sich dann in sein Schlafgemach bringen und unterhielt sich dort mit Medios. Für den nächsten Morgen befahl er die Strategen und den Nauarchen erneut zu sich. Nach der Befehlsausgabe speiste er ein wenig, wurde wieder in sein Schlafgemach gebracht und fieberte die ganze Nacht. Am Morgen badete und opferte er, dann besprach er sich mit Nearchos.
Am nächsten Tag badete er wieder und brachte Opfer dar. Trotz starken Fiebers empfing er abermals die Strategen und wiederholte seine Befehle. Am Abend badete er, fühlte sich aber schon sehr schwach.
Baden, opfern, schlafen, befehlen... Als die Offiziere aller Tausendschaften und Fünfhundertschaften zu ihm kommen sollten, am Tag nach dem eigentlich vorgesehenen Abmarsch, konnte er sie wohl noch erkennen, war jedoch nicht mehr fähig zu sprechen und lag stumm. Sein Fieber war sehr hoch. Götter und Priester wurden befragt, ohne Hoffnung. Perdikkas wohnte der Opferung eines Widders bei; als dessen Leber Unheil verhieß, zog er das Schwert, zerhackte das Tier und befahl dem Priester, ein weniger dummes Schaf zu finden.
Am 26. und 27. Tag des Daisios ließen die Offiziere das Heer zum König. Weinend, stumm, wortlos oder klagend zogen die harten Kämpfer – nur Makedonen – an ihrem König und Feldherrn vorüber, der mit Kissen gestützt auf der Seite lag und sie durch Bewegungen der Augen grüßte. In langen Reihen, Tausende. Sie kehrten nicht heim in ihre Unterkünfte, die Zeltstädte vor den Toren; sie blieben in den Höfen des Palasts, in den Gärten, ohne Zelte und Decken, unter dem bleifarbenen Bruthimmel des babylonischen Sommers. Wolken waren ihr Dach, Trauer ihre Speise.
In den ersten Tagen von Alexanders Erkrankung liefen die Dinge wie gewöhnlich, wenn auch beschleunigt wegen des bevorstehenden Aufbruchs. Dann bekam für Nearchos alles die Umrisse und den Geschmack des Albtraums. Die Verwaltung, Heer und Flotte, die Gäste, die Gesandten waren zu beruhigen, hinzuhalten; Alexanders Befehle entgegenzunehmen, halb auszuführen, halb zu hintertreiben; immer wieder trafen sich die maßgeblichen Männer zu Beratungen. Nicht nur die Männer – Roxane sandte einen Boten nach Susa, wo die beiden anderen Frauen des Königs weilten, Stateira und Parysatis. Sie sollten kommen, der König liege im Sterben. Sie reiste ihnen entgegen, trotz der eigenen Schwangerschaft, tötete beide mit eigener Hand und zerstückelte das ungeborene Kind der Stateira; aber davon erfuhr Nearchos erst später.
An einem dieser qualvollen Tage des Wartens hörte er von Ptolemaios, die Karchedonier und Dymas seien abgereist; so, wie der Lagide es sagte, klang es nach Geleitschutz durch seine Männer. Am Abend warteten sie in einem Besprechungsraum, neben den Gemächern des Königs, auf Philippos. Perdikkas gab die wichtigsten Befehle, seit Tagen schon; Perdikkas war es auch, der Philippos anbrüllte, als der Arzt Ausflüchte machte.
»Na schön, Junge, wenn du willst.« Philippos ließ sich auf den Scherenstuhl fallen und stürzte einen Becher Wein herunter. »Wie genau soll es denn sein?«
»So genau wie nötig.« Perdikkas’ Gesicht war eine Steinmaske.
»Was ist nötig? Aber ... Na gut.« Er zählte langsam, halblaut auf. »Er ist erschöpft – Ritte, Schlachten, Belagerungen, wenig Speise, wenig Schlaf, zu
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