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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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habe noch nicht eine Zeile geschrieben. Und wer soll das alles ermitteln? Dieser Killer muss uns für ’ne hippe Internetfirma halten oder so was. Der schert sich einen Dreck darum, dass man als ordentliche Behörde Zeit, Formulare und Berichte braucht. Ein Beamter kann das nicht sein, schreib das in dein Täterprofil.«
    Zeit,
dachte Alex, als sie auf den Gang einschwenkten, der zur Praxis der Psychotherapeutin Viviane Rückert führte.
Zeit.
Diesen Faktor hatte sie bislang völlig außer Acht gelassen. Die Morde waren in äußerst kurzer Folge begangen worden. Gänzlich untypisch für klassische Serientäter, die oftmals Monate oder Jahre vergehen ließen, bevor der Drang sie erneut zum Zuschlagen trieb. Aber um einen schnell agierenden
spree killer,
wie in der amerikanischen Kriminalistik ein »Mörder im Rausch« bezeichnet wird, dem es auf ein Maximum an Opfern in kürzester Zeit ankommt, konnte es sich auch nicht handeln, dazu waren seine Taten zu wenig chaotisch und zu gering von Amok geprägt.
    Doch die Zeit spielte definitiv eine zentrale Rolle. Die Morde steuerten auf ein Ziel zu, und es musste einen Tag X geben. Zudem hatte Reineking recht mit seiner Bemerkung, dass die schnelle Abfolge der Taten die Ermittlungen ins Schlingern brachte. Die Polizei war zwar manchmal sehr schnell, wenn sie es sein musste. Aber sie war auch wie ein schwerfälliger Tanker, der eine Weile brauchte, um seinen Kurs um hundertachtzig Grad zu ändern. Und am Steuer saßen derzeit nicht die, die es in der Hand halten sollten: Der Täter selbst gab das hohe Tempo und die Richtung vor. Alles um ihn herum konnte nur reagieren, aber kaum handeln. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil für ihn. Und in dem Durcheinander gingen die zentralen Fragen zunehmend unter: Wohin führte die Reise? Was war das Ziel?
    Die Praxis war hochmodern eingerichtet. Ein Mix aus weißem Lack und Chrom, helle Wände mit Kandinsky-Drucken und ein monolithisch anmutender Luftbefeuchter im Wartezimmer, in dem auf einem Glastisch aufgefächert Lesezirkel-Zeitschriften lagen. Marcus saß auf einem Lederstuhl und las in dem großen Terminkalender, während hinter dem Tresen einige Beamte Akten durchblätterten und zwei Frauen befragten, die offenbar zum Praxisteam gehörten. Als Alex und Reineking eintraten, merkte Marcus auf und klappte das Terminbuch zu.
    »Ich muss nichts sagen, oder?«, fragte er Alex erschöpft. Sie war erleichtert, dass eine Standpauke ausblieb. Sie schüttelte den Kopf und antwortete leise: »Nein, musst du nicht.«
    »Okay, dann wäre das geklärt«, seufzte Marcus, stand auf und rieb sich über die Augen. »Also kommen wir zur Sache: Viviane Rückert ist seit gestern als vermisst gemeldet. Sie erschien nicht in der Praxis, war nirgends erreichbar, hat weder Termine noch private Verabredungen eingehalten. Draußen am See hat das Reinigungspersonal einige ihrer Privatsachen am Strand gefunden. Darunter auch ihr Handy. Wir haben es ausgelesen, und außer einigen Anrufen aus der Praxis und privaten auch Kurzmitteilungen gefunden.« Marcus machte eine Pause. »Sie stammen von Marlon.«
    »Ich dachte, sein Handy sei gestohlen worden?«
    Marcus nickte. »Hat er zumindest erzählt. Wir hatten uns zu einem Tennis-Match getroffen, das etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Tatsächlich ist er sogar regelrecht durchgedreht. Marlon hat behauptet, das Gerät sei aus seinem Spind verschwunden, und ist dann abgehauen. Kurz zuvor muss er mit Viviane noch SMS ausgetauscht haben. Er wollte wissen, wo sie sich aufhält, weil er sie unbedingt treffen müsse. Sie hat geantwortet, dass sie am See sei.«
    Alex schluckte. »Wäre es logisch, dass er so tut, als sei das Handy gestohlen worden, um damit einen Film aufzunehmen, Viviane Rückert zu töten und sich das Handy dann selbst wieder zuzuschicken, um mich an einen mutmaßlichen Tatort zu führen?«
    Marcus zuckte mit den Schultern. »Sag du mir das, Alex. Irre sind dein Ressort.«
    Nein. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Es sei denn, ein anderes Ich hat die Kontrolle von Marlon übernommen.
    Marcus warf das Terminbuch auf den Glastisch. »Bislang haben wir als konkreten Bezug zu einer Tat lediglich den Handy-Film, den du gesehen haben willst, sowie einige Blutspuren, aber keine Leiche. Weder hier in der Praxis noch in ihrer Privatwohnung gibt es bislang eine Spur, die auf den Verbleib von Frau Rückert hinweisen könnte. Die Befragung des Praxispersonals hat uns ebenfalls nicht klüger gemacht. Naheliegend

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