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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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einige Male an dem Stummel und ließ ihn dann im Mundwinkel hängen.
    Natürlich hatte Marlon nichts über Jürgen Roth zu berichten. Er hatte Fragen.
    »Wussten Sie, dass er jetzt fließend Spanisch spricht?«, übertrieb Marlon.
    Roth lachte rasselnd und hustete. »Sind Sie gekommen, um mir das zu erzählen? Der spricht kein Spanisch.«
    »Doch«, insistierte Marlon. »Ich halte das für merkwürdig. Und für genauso komisch halte ich die Geschichte, die sein Arzt damals dem Gericht aufgetischt hat und die er mir gegenüber gestern wiederholt hat. Ich habe Jürgen besucht. Er sieht nicht gut aus.«
    Roth nebelte sich in weißem Zigarrenqualm ein. »Nein?«
    Marlon schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es geschehen Dinge mit ihm, die Ihnen nicht gefallen würden. Und ich bin überzeugt davon, dass Ihnen noch viel weniger gefallen würde, was mit ihm in der Vergangenheit geschehen ist.«
    Roth kniff die Augen zusammen. Dann legte er die Zigarre in den Aschenbecher und faltete die Hände im Schoß. »Professor Engberts ist ein guter Arzt. Der beste. Wir bezahlen sehr viel Geld, damit es Jürgen gutgeht. Was wollen Sie, Herr Kraft?«
    Marlon rutschte auf dem unbequemen Ledersessel in eine andere Position. Das Möbel quittierte die Bewegung mit einem Knarren.
    »Wie geht es Ihrem Bruder?«
    Roth zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Mein Bruder ist seit langem tot.«
    »Hat er Ihren Sohn missbraucht?«
    Roth klemmte sich die Zigarre wieder zwischen die Lippen, paffte einige Male und legte den Stummel zurück.
    »Das hat der Professor in dem Gutachten über Jürgen gesagt«, antwortete er harsch.
    »Und stimmt das auch?«
    Roths Augen tasteten Marlon von oben bis unten ab. Schließlich faltete er die Hände über dem Bauch zusammen und lachte heiser. »Mein Bruder war ein Halunke. Aber er war ein guter Mann. Was stört es die Toten, was man über sie spricht.«
    »Darf ich Jürgens Zimmer sehen?«
     
    Jürgen Roths Zimmer war penibel aufgeräumt. Kein Staub auf den Regalen, dem Schreibtisch, dem PC -Monitor oder der Fensterbank. Der Flor des grünbraunen Teppichs zeigte noch die Spuren eines Staubsaugers. Die karierte Bettdecke war straff gespannt, darauf lag ein gehäkeltes Kissen. Einige Bücher über Programmiersprachen standen in Reih und Glied in einem Eichenregal. An den Wänden hingen Rollenspielposter aus Fantasy-Welten sowie ein großer, gerahmter Druck, der einen sich schlängelnden chinesischen Drachen zeigte. Über dem Schreibtischstuhl hingen eine Jeans und ein Sweatshirt, frisch gebügelt, als werde Jürgens Rückkehr jeden Moment erwartet oder als sei er nie weg gewesen. Der Geruch nach Muff in dem Zimmer vermischte sich mit den scharfen Ausdünstungen eines Duftbaums, der an einer orangefarbenen Standleuchte aufgehängt war.
    »Meine Frau macht hier regelmäßig sauber«, murmelte Roth. »Und sie hängt ihm alle drei Tage neue Sachen über den Stuhl. Solange sie damit glücklich ist, denke ich mir: Lass sie ruhig.«
    Marlon nickte stumm und leckte sich über die Lippen. Es lag auf der Hand, dass mit dem Gutachten über Jürgen Roth etwas nicht stimmte. Und wenn damit etwas nicht stimmte, dann stimmte auch etwas mit dem Gutachter nicht.
    »Sagen Sie«, fragte Marlon und drehte sich zu Roth um, der nach wie vor in der Zimmertür lehnte und es tunlichst zu vermeiden schien, den Raum seines Sohnes zu betreten, »hat Jürgen mal darüber gesprochen, was es mit dem Purpurdrachen auf sich hat?«
    Roth lachte gurgelnd auf. »Ein Mal? Ich wünschte, es wäre nur ein Mal gewesen.«
    »Was hat er Ihnen erzählt?«
    Roth zuckte mit den Schultern. »Das habe ich mir nicht gemerkt. Wirres Zeug. Jürgen war krank. Dieser Drache hat ihn fasziniert. Ich bin kein Fachmann, und ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Dr.Engberts hat das alles …«
    »Seit wann kennen Sie Engberts?«, unterbrach Marlon.
    Roth schürzte die Lippen und dachte kurz nach. »Vielleicht seit zehn Jahren? Er ist ein guter Arzt. Ich glaube, er kennt Jürgen mittlerweile besser als ich.«
    »Seit zehn Jahren?« Das warf ein völlig neues Licht auf die Sache. Dann hatte Engberts sein Gutachten über Jürgen Roth also als behandelnder Arzt vor Gericht abgegeben, und kein Mensch hatte einen unabhängigen Gutachter bestellt, weil Engberts alle eingelullt hatte. Großartig.
    Roth nickte. »Wir hatten verschiedene Ärzte ausprobiert, aber keiner konnte Jürgen wirklich helfen. Dann habe ich nach dem besten gesucht. Und man hat mir den Doktor empfohlen.

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