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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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kommt mir unwahrscheinlich vor, dazu spielt der Tierkreis mit seinen Symbolen eine viel zu ausgeprägte Rolle bei den Inszenierungen der Morde. Diese Abweichung erscheint mir einfach …«
    »… ein Fehler zu sein«, ergänzte Schneider. »Eine Schlampigkeit. Genauso schlampig wie die Morde an Roth und an Siemer. Passt das zum Profil eines präzise arbeitenden Serienmörders, Alex?«
    Nein. Ganz und gar nicht. »Aber Siemer und Roth«, fragte sie, »jetzt redest du ja doch wieder davon, dass sie in die Serie gehören, Rolf.«
    »Sicher. Ich habe auch nie gesagt, dass sie das nicht tun. Dafür sind das zu viele Zufälle. Ich lege sogar meine Hand dafür ins Feuer, dass das alles zu einem großen Ganzen gehört, das ich noch nicht durchblicke. Weißt du«, Schneider kratzte den Rest des Salats vom Teller, »die Indizienlage spricht zwar relativ klar gegen Kraft. Und es kann nach meiner bescheidenen Meinung sein, dass er mal etwas durcheinanderbringt, wenn er die Morde in Zuständen geistiger Umnachtung begeht. Aber wenn ich auf mein Gefühl höre, dann passt da irgendetwas ganz und gar nicht zusammen. Mir kommt das so vor, als würden wir ein Playmobil-Männchen auf einen Legostein pressen wollen, weil wir nichts anderes in den Händen halten. Es ist ein wenig wie mit den Clownsschuhen, von denen ich in Bezug auf die Spuren an den Tatorten immer gesprochen habe – als ob uns jemand auf eine falsche Fährte locken will, aber letztlich nur in Schuhen geht, die sich als ein paar Nummern zu groß für ihn erweisen. Und wenn ich mich mal gänzlich von deiner Idee mit dem Täter löse, der zum Superdrachen werden will, sehe ich zwar eine Reihe von Morden an Menschen, die im Zusammenhang mit Marlon Kraft stehen, aber ich erkenne immer noch kein Motiv – außer ein paar sehr schräg inszenierte Tatorte. Falls ich aber zum Superdrachen werden wollte, dann wäre ich doch selten dämlich, mir meine Opfer im persönlichen Umkreis zu suchen, und ich würde mir mein schönes Ritual doch nicht mit Typen wie Siemer und drei Leuten versauen, die im Luisenstift so nebenbei mitverbrennen. Das wäre ja so, wie Gameboy beim Rosenkranzbeten zu spielen.«
    »Aber wo müssen wir dann ansetzen, Rolf?«, fragte Alex. »Bei Engberts und dieser Glücksberg-Sache?«
    »Keine Ahnung. Nur werde ich das Gefühl nicht los, dass wir in dem ganzen Ermittlungschaos etwas sträflich übersehen. Und ich fürchte, das wird sich bitter rächen.«

[home]
    53 .
    D ie alte Ziegelei war ein Dinosaurier aus der Epoche der Industrialisierung und hatte das Leben in dem kleinen Lemfelder Vorort über Generationen geprägt. Irgendwann war es preiswerter gewesen, Ziegel in China oder Indonesien einzukaufen und mit dem Containerschiff um die halbe Welt zu transportieren. Die Ziegelei hatte schon leer gestanden, als Marlon noch ein Junge gewesen und mit Erbsenpistole, einem Strick zum Klettern sowie einer frischen Packung Hubba-Bubba-Kaugummis auf dem Bonanza-Rad zum Spielen hergeradelt war. Das riesige Gelände mit seinen großen Lagerstätten, Produktionshallen, Ring-Brennöfen und Schornsteinen war im Lauf der Jahre von der Natur zurückerobert worden. Birken wuchsen aus den Dächern, überall spross das Unkraut, die Mauerspitzen waren mit Moos überwuchert. Das Areal lag abseits der Bundesstraße, war umgeben von Wald und Wiesen und hatte einen eigenen Zubringer. Die Straße, die auf das Pförtnerhaus mit den zerschlagenen Scheiben und der in den Himmel zeigenden, verrosteten rot-weißen Schranke zuführte, war mit Schlaglöchern übersät. Jetzt zauberte die tiefstehende Sonne lange Schatten in die Gebäudenischen und auf den großen Innenhof. Ihr warmes Licht ließ alles in sattem Rot erstrahlen.
    Gelb blinkte das kleine Briefumschlag-Symbol links oben auf dem Display. Marlon bewegte den Mauszeiger und klickte die neue E-Mail an. [email protected]. Einige Minuten saß er wie versteinert vor dem Laptop und starrte auf die Betreffzeile.
    Herzliche Einladung zum abendlichen Get-together.
    Der Dreckskerl machte sich einen Spaß mit ihm. Er weidete sich, delektierte sich, er stand über den Dingen, er genoss das Spiel, in dem er alle Fäden in der Hand hielt.
    Die späte Nachmittagssonne brannte in Marlons Nacken. Er verscheuchte eine Wespe. Über dem von Entengrütze und Algen tiefgrün gefärbten Tümpel tanzten Myriaden von Mücken und glitzernde Libellen ihr stummes Ballett. Die ersten Schwalben, die in wahren Kolonien im verfallenen Gebälk der verfallenen

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