Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
würde Kraft das wissen. Er war kein Dummkopf.
    »Oh, ich rufe sicher nicht an, um Ihnen meinen Aufenthaltsort zu verraten«, erwiderte er.
    »Warum dann?«
    »Um Ihnen zu sagen, wo er in einer halben Stunde sein wird.«
    Alex schluckte. Sie durfte jetzt nichts falsch machen. Ansonsten würde Marlon sofort abspringen und ihr wieder entwischen.
    »Wo werden Sie in einer halben Stunde sein?«
    Marlon schwieg. Alex versuchte, im Hintergrund Geräusche auszumachen. Aber alles, was sie wahrnahm, war das digitale Echo des Donners, das gerade durch ihre Balkontür drang.
    »Ich habe eine Einladung erhalten«, sagte Marlon schließlich. »Zu einem nächtlichen Get-together. Zu so einem Anlass brauche ich selbstverständlich eine adäquate Begleitung. Haben Sie was Schickes, das Sie schnell überwerfen könnten? Nichts allzu Förmliches, zudem findet das Meeting unter freiem Himmel statt.« Kraft lachte hustend.
    »Mit wem treffen Sie sich, und warum soll ich dabei sein?« Natürlich ahnte Alex, mit wem Marlon eine Verabredung hatte. Aber sie wollte ihn am Reden halten. So lange, bis ihr eingefallen war, wie sie eine Ortung in die Wege leiten könnte.
    »Hm. Können Sie sich das nicht denken? Wie heißt es so schön:
Pleased to meet you, hope you guess my name …
« Marlon wurde ernst. »Ich habe wieder eine Mail erhalten, Alex. Der Reaper will mich treffen. Ich denke, es geht jetzt darum, wer von uns beiden die Rechnung begleichen wird: er oder ich.«
    Alex versuchte zu schlucken, aber ihre Kehle war wie ausgedörrt. Konnte sie ihm trauen? Sie wusste es nicht. Eine halbe Stunde, hatte Marlon gesagt. Die Zeit lief. Wie viele Kräfte würden innerhalb dieses Zeitraums mobilisiert werden können? Ausreichend. Sie beruhigte sich etwas. Wenngleich er immer noch nicht erklärt hatte, warum er sie dabeihaben wollte.
    Ahnst du es nicht? Oder traust du dich bloß nicht, es dir einzugestehen? Der Drache hat Hunger auf Mädchenfleisch …
    »Warum erzählen Sie mir das, Marlon?«
    »Weil ich Ihnen vertraue. Sie wissen jetzt fast so viel wie ich, und wenn ich richtig tippe, dürfte Marcus kaum von meiner Unschuld …«
    »Schuld und Unschuld sind Dinge, mit denen sich Richter befassen. Sie wollen mich auf Ihre Seite ziehen, Marlon«, fiel Alex ihm ins Wort. »Darum geht es, oder? Es geht um
Ihr
Quid pro quo und darum, Verantwortung auf meine Schultern abzuwälzen, richtig?«
    »Nein. Es geht um eine Antwort – auch für Sie, Alex. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie treffen mich alleine als Dr.Jekyll oder Mr.Hyde an. Oder wir beide lernen den wahren Drachen kennen.«
    Alex schluckte.
    Kraft fuhr fort: »Ich kann für nichts garantieren, aber ich halte den letzteren Fall nach wie vor für wünschenswert und wahrscheinlicher. Deswegen hätte ich Sie gerne als eine Art Joker dabei. Es gibt nur eine Bedingung: Sie müssen alleine kommen. Kein Gepolter. Keine Hubschrauber und SEK s. Drachen sind im einen wie im anderen Fall sehr empfindsame Tiere, sie breiten schnell ihre Schwingen aus und: flieg flieg, flieg flieg. Schaffen Sie das, Alex?«
    Oh, du hast die dritte Variante vergessen, Marlon: Was ist, wenn es gleichgültig ist, wen ich treffe? Wenn die beiden wirklich gute Kumpel mit dem gleichen Ziel sind? Wenn der üble Mr.Hyde nur darauf wartet, Böses zu tun, und Dr.Jekyll ohnehin ein Skalpell eingesteckt und eine Spritze aufgezogen hat? Ja, hielt er sie für so naiv? Oder gehörte es zum Spiel, sie damit zu verunsichern? Sie hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Es war Zeit für eine Entscheidung.
    »Wo findet das Treffen statt?«, fragte Alex mit bebender Stimme.
    »Sie werden kommen?«
    »Ich werde kommen. Allein.«
    Lügnerin.
    »Ich vertraue Ihnen.«
    »Das können Sie.«
    »Gut.«
     
    Wenige Minuten später stürzte Alex im Laufschritt die Treppen hinunter. In wilder Hast hatte sie ihre Sachen zusammengerafft, dann mit einem Ruck Wäschestapel aus dem Kleiderschrank gefegt, weil sie einfach nicht fand, wonach sie suchte, und sich schließlich zitternd angezogen, was in Reichweite lag. Die letzten drei Stufen nahm sie in einem Sprung und schob im Laufen die Walther in das Clipholster an ihrer Jeans. Sie fluchte leise, während sie mehrfach versuchte, mit dem Schlüssel das Zündschloss zu treffen. Dann heulte der Motor im Leerlauf auf, und der Mini startete mit quietschenden Reifen durch.
    Helle Blitze erleuchteten den Himmel, während sie durch die Nacht raste. Mit einer Hand drückte sie die Menütasten des

Weitere Kostenlose Bücher