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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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schüttelte den Kopf und klopfte ihm auf die Schulter. »Alter, du bist vollkommen blau. Wie kann man sich in so kurzer Zeit nur so besaufen?«
    Noch bevor Marlon widersprechen konnte –
vier Bier, Ed, oder vierzehn Tequila, keine Ahnung, und zwar h-ö-c-h-s-t-e-n-s
 –, zog Eddie den wehrlosen und hoffnungslos betrunkenen Reporter am Oberarm mit sich. Als sich die Toilettentür öffnete, schlug Marlon die Luft wie ein nasses Handtuch ins Gesicht. Sie war von den Hunderten schwitzenden und zuckenden Leibern aufgeheizt, die zu ohrenbetäubenden Bässen und schnellen Beats auf und nieder sprangen und im gleißenden Licht der Scanner, deren Strahlen wie Messer in warmer Butter durch den Club schnitten, nur als Silhouetten zu erkennen waren. Es roch nach Ausdünstungen, schalem Bier, Zigaretten und schwerem Parfüm. Es war kaum noch Sauerstoff in dem flachen Club vorhanden, an dessen Decke dicke Kondenswassertropfen an den überforderten Belüftungsrohren hingen, weil im Keller die Spurensicherung alle Systeme auf null gefahren hatte. Die gewaltige Lautstärke und der nicht minder gewaltige Eindruck aus sich drehenden Lichtern, im Bruchteil von Sekunden wechselnden Farben, schleimiger Wärme und intensiven Gerüchen taten ein Übriges, um Marlon die Sinne endgültig zu vernebeln. Alles kreiste, verschwamm und zirkulierte in langen Schlieren.
    Eddie zog ihn durch die dichtgedrängten Menschentrauben. Marlon versuchte, sich auf Eddies baumelnden Pferdeschwanz zu konzentrieren und die markante Speckfalte im Nacken zu fixieren. In der Mitte war sie gerade und verlief an ihren Enden jeweils in zwei kleinere, nach oben abgewinkelte Verzweigungen, die wie kleine Hörner aussahen.
    Drachenhörner. Die verdammten Scheißdinger. Was habe ich nur getan, dass …
    Eddie riss den stolpernden Marlon durch den schweren purpurnen Vorhang, zerrte ihn an der langen Theke vorbei hinaus auf die Außenterrasse, vorbei an den vollbesetzten Tischen und schließlich die Treppenstufen hinunter. Die frische Luft war wie ein Befreiungsschlag, wie ein eiskaltes Bier an einem heißen Tag, wie ein frisch gewaschenes weißes Bettlaken auf der geduschten Haut, wie ein …
    »E-e-ddie!«
    »Ja?«
    »Ich g-glaube, ich m-m-muss …«
    Marlon drehte sich zur Seite und kehrte sein Innerstes nach außen. Er entleerte seinen übersäuerten Magen in drei heftigen Krämpfen in eine Hecke. Ein Mix aus Bier und Tequila schoss ihm schäumend aus der Nase. Als er fertig war, spuckte Marlon aus, wischte sich mit der Handfläche über den Mund, setzte sich auf die kleine Mauer neben der Treppe und atmete dreimal tief durch.
    »Geht’s wieder?«, fragte Eddie mit einem mitleidigen Lächeln und zeigte einigen Zwanzigjährigen auf der Terrasse den Mittelfinger, die »Zugabe« riefen.
    »M-hm«, nickte Marlon. Eddie zog eine Packung Mentos aus seiner Kameratasche. Marlon steckte sich dankbar eines in den Mund. Dann nahm er sich eine Schachtel Marlboro aus der Seitentasche der Cargo-Hose, zog mit zitternden Fingern eine Zigarette heraus und zündete sie an.
    »Bah! Mentos und Kippen – gleich wird dir wieder schlecht«, schimpfte Eddie.
    »Wow«, seufzte Marlon, kaute auf dem Pfefferminzbonbon und sah dem Rauch nach, den er in die sternenklare Sommernacht hustete. »Schau dir das an, Eddie, was für ein Abend …«
    »Du bist wirklich völlig stramm.«
    »Klar. Na und?«
    »Und du hast dich zum Kotzen benommen da unten. Du solltest dir Urlaub nehmen, Alter.«
    Marlon zuckte mit den Achseln. »Was soll ich mit Urlaub? Ich nehme mir doch keinen Urlaub. Hier ist ein Serienkiller unterwegs …«
    … und er nimmt mich mit auf die große Reise ins Abenteuerland …
    »Hast du gute Bilder?«
    »Glaube schon, aber hör mal, Marlon, ich meine das wirklich ernst. Du bist … na ja …« Eddie rang nach Worten. »Ich meine, ein Blinder mit Krückstock sieht doch, dass du seit Sandras Tod völlig fertig bist. Echt. Hinterher klappst du wieder in der Redaktion zusammen und traust dich nicht mehr raus wie damals nach dem Kindergarten-Ding. Okay, mir geht’s auch nicht super damit, dass irgendein Irrer Sandra ermordet hat, aber du lässt das alles viel zu sehr an dich ran, Marlon. Du hast keinen Vertrag mehr mit ihr, Mann, keinen. Denk an dich, das tust du doch sonst auch immer.«
    Marlon sog den Rauch tief ein und blies ihn im Sprechen durch die Nase aus. »Das Ganze ist an mir dran. Viel zu nah …«
    Eddie schüttelte den Kopf. »Mann, ich mein’s doch nur gut mit

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