Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache
immer noch auf das Standbild, auf dem Marlon energisch raus ins Freie trat. Dann wischte er sich über die Augen und setzte sich aufrecht hin. »Gut.« Er wandte sich an Reineking. »Wir überprüfen beide. Klär du die Sache mit Siemer in Düsseldorf. Und was unseren Starreporter angeht …« Marcus drehte sich zu Alex und lächelte sie gekünstelt an. »Du weißt doch sicher, wo er gerade steckt, oder, Alex?«
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32 .
M arlon rauschte mit Vollgas auf der linken Spur über die A 46 , drängelte die Autos vor sich mit der Lichthupe weg, blinkte notorisch und fuhr dichtauf. Aus den Boxen hämmerte ZZ Top, und eine Zeitlang fühlte er sich wie damals, als er auf dieser Strecke mehrmals in der Woche gependelt war. Meistens zugedröhnt bis über beide Ohren, manchmal aber auch klar im Kopf und mit ein wenig Fracht im Kofferraum, die er für Serge mitgenommen hatte. Kleine Gefälligkeiten dann und wann. Serge. Marlon würde auch ihm noch einen Besuch abstatten müssen, so wie sich die Dinge entwickelten.
In Düsseldorf-Wersten fuhr er ab und steuerte den TT am Uni-Klinikum vorbei in Richtung Innenstadt, wo er vor einem gläsernen Verwaltungsbau zum Stehen kam, an dessen Haupteingang ein Schild auf die »Meridian Health Care« verwies. Marlon griff sich den Spiralblock vom Beifahrersitz, stieg aus und ging auf den Palast des Klinik-Multis zu. Nachdem er bei der Internet-Recherche auf den Namen des Unternehmens gestoßen war, hatte Marlon auf einen Kaffee bei Norbert in der Wirtschaftsredaktion vorbeigeschaut, der sich in der Gesundheitsbranche gut auskannte. »Klar, sicher hab ich das schon gehört«, hatte er gesagt, sich im Bürostuhl zurückgelehnt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. »Und dir müsste der Name auch schon mal begegnet sein. Meridian ist ein Riesenunternehmen, das sich Stück für Stück in städtische Kliniken eingekauft hat und die Läden entweder gnadenlos rationalisiert, wirtschaftlich macht und wieder veräußert oder aber bestimmte Prestigeobjekte aufpäppelt, Fördergelder abgrast und erst dann veräußert. Vor einigen Jahren haben sie sich doch in unserem Luisenstift eingekauft und schrauben da jetzt an dem Ausbau rum.« Natürlich. Marlon hatte sich vor die Stirn geschlagen.
»Hallo, Herr Kraft, willkommen bei Meridian Health Care, hatten Sie eine gute Fahrt?« Die Pressesprecherin schwebte durch die weitläufige Eingangshalle auf Marlon zu, in der er in einem zwar schick aussehenden, aber recht unbequemen Ledersessel gewartet und gedankenverloren die Koi-Karpfen beobachtet hatte, die in einem im Boden eingelassenen Becken ihre Runden drehten. Alles stank hier nach Geld, und die Pressesprecherin, die sich als Anouk Tressel von der Unternehmenskommunikation vorstellte, passte in ihrem schwarzen Prada-Kostümchen und den straff nach hinten gekämmten blonden Haaren in das Interieur aus grauem Granit und poliertem Schiefer wie die Mona Lisa in den Louvre.
»In erster Linie eine schnelle Fahrt. Ich habe früher in Düsseldorf gearbeitet und kenne die Strecke ganz gut«, antwortete Marlon, stand auf und schüttelte die Hand der Blondine zur Begrüßung. Sie hatte einen festen Griff.
»Oh«, machte sie und schenkte ihm ein professionelles Lächeln. »Ich habe Ihnen hier einiges Info-Material über unser Unternehmen mitgebracht, aber setzen wir uns doch. Darf ich Ihnen einen Kaffee, Latte macchiato, einen Cappuccino oder Espresso bringen lassen?«
»Danke, alles bestens«, antwortete Marlon, ließ sich wieder in dem Sessel nieder und nahm die Prospekte nebst der Info-Mappe entgegen, in der auch eine CD lag. »Wie ich bereits am Telefon erwähnt habe«, kam er zum Thema, »geht es uns an sich um die Erweiterungspläne für das Luisenstift in Lemfeld und die derzeit ausstehende Baugenehmigung. Wir sind aus diesem Anlass auf die Idee gekommen, im Rahmen einer größer angelegten Serie über Mediziner und Medizin in der Region auch eine Reihe von Unternehmen zu porträtieren, und da darf Meridian Health Care natürlich nicht fehlen, das ja bekanntlich zu großen Teilen auch am Luisenstift beteiligt ist und nach unserer Kenntnis zu den führenden und zukunftsorientierten Unternehmen in der Medizin-Branche gehört.«
Anouk Tressel lächelte wieder, schlug die Beine übereinander und drapierte sich dekorativ auf dem Leder. »Es freut Meridian Health Care sehr, dass Ihre Redaktion so denkt, Herr Kraft. Gerne möchten wir uns mit unserem Portfolio für die Leser Ihrer Zeitung entsprechend
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