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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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allerdings, dass es eine ihrer Kommilitoninnen war, die König wegen sexueller Belästigung anzeigen wollte. Möglicherweise kennt sie die Geschichte und ist deswegen reserviert. Man redet über alte Zeiten. Er will sie einladen, zum Beispiel zu einem Eis. Sie lehnt ab. Er versucht es weiter, aber beißt auf Granit, wobei sie stets freundlich bleibt. Schließlich zieht er Leine, lässt aber seine Karte da. Sie bedankt sich und wirft die Karte später weg.«
    »Bingo«, sagte Marcus. »Ist Rolf schon auf Samos?«
    »Ja, er hat tatsächlich gestern noch eine Maschine bekommen«, bestätigte Reineking. »Er wird wohl noch heute spätabends zurückkommen. Er hat den Papierkram mit den Griechen relativ rasch regeln können. In so was ist er ja groß.«
    »Okay.« Marcus klatschte sich mit den Händen auf die Oberschenkel. »Dann wollen wir mal …« Wie gespielt tatkräftig und pseudoburschikos, dachte Alex und verzog das Gesicht.
    »Moment«, unterbrach ihn Reineking. »Es gibt noch einen Clip.«
    Reineking drückte auf Play, und der nächste Film lief an. Dieses Mal stand Juliane Franck auf der anderen Seite des Ganges. »Der erste Film ist zwei Wochen alt. Dazwischen war die Frau mit ihrem Stand in ein paar anderen Märkten. Dieser Clip ist eine Woche alt.« Marcus verschränkte die Arme und schlug ein Bein über das andere. Es sah aus, als müsse er seinen impulsiv zur Schau getragenen Tatendrang festhalten, und erwartete, mit einem weiteren Roman-König-Clip gelangweilt zu werden. Aber es war nicht Roman König, der mit einem Kasten Sprudel in der Hand und mit einem rosafarbenen Poloshirt zu beigen Bermudas lässig auf den Probierstand zuschritt.
    »Das«, informierte Reineking, »ist Marlon Kraft. Unser Superreporter.« Alex sah, wie Marcus die Hände ineinander verknotete und auf dem Stuhl herumrutschte, als müsse er auf Toilette. Auf der Aufzeichnung verfolgte sie, wie sich Kraft locker an die improvisierte Theke stellte und mit Juliane Franck ins Gespräch kam. Er trank ein Glas, noch ein Glas und noch ein drittes. »Auch von dieser Begegnung bekommen wir das Protokoll heute Nachmittag. Was ich gehört habe, reicht mir aber. Die beiden flirten. Das ist nicht zu übersehen. Aus dem lockeren Gespräch entwickelt sich was. Die beiden lachen. Sie machen Faxen über dies und das. Inhaltlich ohne Belang. Interessant wird es hier.« Reineking stoppte das Bild. »Sie gibt ihm ihre Handy-Nummer. Er speichert sie ein. Sie vereinbaren, sich mal zu treffen. Er will sich melden oder mailen. Dann geht er.«
    »Fuck«, flüsterte Marcus. Alle Kraft schien aus ihm gewichen. Er saß da wie ein kleiner Junge, dem man das Spielzeug weggenommen hatte und der nicht wusste, ob er weinen oder schreien sollte.
    »Und hier wird es noch mal spannend. An der Kasse.« Alex setzte sich aufrecht hin und lehnte sich nach vorne. Die Raumkamera schaltete auf die Kassenkamera um. Marlon debattierte mit der Kassiererin. Er gestikulierte, schlug sich vor den Kopf, deutete auf den Sprudelkasten zu seinen Füßen und zeigte der Verkäuferin einen Vogel. »Es geht darum, dass die aus der ehemaligen Sowjetunion stammende Kassiererin ihn auffordert, jede Flasche aus dem gemischt sortierten Sprudelkasten herauszuholen und ihr zu reichen, damit sie sie scannen kann. Kraft sieht das nicht ein. Sie solle sich gefälligst selbst bücken oder die Preise aus ihrer Liste abtippen. Die Frau tritt ihm gegenüber energisch auf. Nein, er müsse sie auf den Tisch stellen. Je mehr es hin und her geht, desto aggressiver wird Kraft. Er beginnt, sie wild zu beschimpfen und zu beleidigen. Schließlich klinkt er total aus, und bevor sie ihn rauswerfen lässt, geht er mit einer gelungenen Schlussdarbietung.«
    Alex sah, wie Marlon der Kassiererin fast an den Hals sprang, mit der Faust auf den Tresen schlug und gegen den Sprudelkasten trat. Die Frau wich zurück und griff nach einem Telefonhörer. Dann bückte sich Kraft, nahm drei Flaschen aus der Kiste, zerschlug sie auf der Kante des Verkaufstisches und schob die Flaschenhälse zum Scanner. Eine weitere Flasche warf er gegen die Wand und trat dann gestikulierend ins Freie.
    Reineking stoppte den Clip und drehte sich zu Alex. »Der kann ausrasten, was? Oder was meinst du so als Fachfrau? Ist
das
nicht auch ein lohnenswerter Kandidat, den wir unter die Lupe nehmen sollten?«
    Alex zuckte mit den Achseln. Ihr Blick suchte bei Marcus Halt. Doch der saß tief in sich versunken, knibbelte an seiner Unterlippe und starrte

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